NBA

NBA Playoffs - 5 Fragen zum Aus der New York Knicks: Folgt jetzt der Superstar-Trade?

Von Stefan Petri
NBA, New York Knicks
© getty

Die New York Knicks haben mit dem Einzug in die Conference Semifinals einen achtbaren Playoff-Run hingelegt und mit Jalen Brunson einen veritablen Superstar im Team. Aber wie kann die Franchise aus dem Big Apple den Sprung zum Contender schaffen?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Knickerbockers hätten nach dem Aus gegen die Heat durchaus die nötigen Ressourcen, um für einen Superstar zu traden - aber wäre das der richtige Schritt? Hat Julius Randle eine Zukunft im Team? Und was ist eigentlich mit Coach Tom Thibodeau?

NBA, New York Knicks
© getty

Knicks: Hat das Team sein Potenzial ausgeschöpft?

Hätte man vor der Saison die zweite Playoff-Runde für die Knickerbockers vorhergesagt, mit dem anschließenden Aus nach zähem Ringen über sechs Spiele, allzu viele enttäuschte Gesichter hätte es wohl nicht gegeben. Schließlich war man zuletzt 2013 in die Conference Semifinals vorgedrungen. Im Vergleich zur Vorsaison steigerten sich die Knicks in der Regular Season um stolze zehn Siege, zogen als 5-Seed in die Postseason ein - und kochten die unerfahrenen Cavaliers in der ersten Runde so richtig ab.

Endlich wird im Big Apple wieder so richtig stabiler Basketball gespielt, endlich rockt der Madison Square Garden wieder. "Viele gute Momente, wir sind gewachsen", bilanzierte Julius Randle. "Es gibt Dinge, auf die wir stolz sein sollten, und Dinge, von denen wir lernen können." Auch Head Coach Tom Thibodeau zeigte sich "stolz darauf, wie das Team die Saison über gearbeitet hat": "Es ist immer enttäuschend, wenn eine Saison zu Ende geht, schließlich bleibt am Ende nur ein einziges Team übrig."

Knicks vs. Heat: Die Playoff-Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
130. April19 UhrNew York KnicksMiami Heat101:108
23. Mai1.30 UhrNew York KnicksMiami Heat111:105
36. Mai21.30 UhrMiami HeatNew York Knicks105:86
49. Mai1.30 UhrMiami HeatNew York Knicks109:101
511. Mai1.30 UhrNew York KnicksMiami Heat112:103
613. Mai1.30 UhrMiami HeatNew York Knicks96:92

Keine Frage, die Saison war ein veritabler Schritt nach vorn für die traditionsreiche Franchise. Die eigenen Fähigkeiten und Mittel hatte man im Großen und Ganzen ausgeschöpft und mit Neuzugang Jalen Brunson direkt einen neuen Publikumsliebling dazugewonnen, der in der Postseason auf einem Top-10-Level ablieferte. Um es mit Heat-Coach Erik Spoelstra zu sagen: "Wie ist dieser Typ bloß kein All-Star oder in einem All-NBA-Team? Ich wünschte, er wäre immer noch im Westen."

Gleichzeitig war aber vielleicht doch noch ein bisschen mehr drin. Heimvorteil gegen den 8-Seed in Runde zwei, besser kann man sich die Playoffs nicht malen. Aber die Heat waren am Ende doch abgezockter. Den Knicks fehlte in den Playoffs plötzlich das nötige Scoring - schlechter waren nur die Nets und Cavs - und in den Game 6 lieferte Brunson zwar ab, seine Co-Stars Randle (15 Punkte, 3/14 FG) und R.J. Barrett (1/10 FG) aber nicht. Zu denken gab auch Randles Fazit nach Spiel 4: "Vielleicht wollen die Heat es einfach mehr als wir."

Auf dem Erreichten wird sich in New York also niemand ausruhen. Ein guter Grundstein ist da, gleichzeitig bleibt Luft nach oben. Und nun steht eine Offseason an, in der richtig viel möglich sein könnte - wenn die richtigen Entscheidungen getroffen werden.

NBA, New York Knicks
© getty

Knicks: Kommt es in der Offseason zum Superstar-Trade?

Ein Blick auf den Kader der Knicks beweist: So schlecht sieht das doch gar nicht aus:

  • Die Knicks sind jung! Kein einziger Spieler, der in den Playoffs wirklich Minuten gesehen hat, ist über 28, alle Leistungsträger erreichen gerade ihre Prime oder sind sogar noch ein gutes Stück weg. Heißt: Die meisten Spieler sollten sich noch verbessern.
  • Die Gehaltsstruktur passt: Kein einziger Spieler wird kommende Saison über 28 Millionen Dollar verdienen. Das Team schleppt also keine exorbitant teuren Karteileichen mit sich herum. Das erleichtert auch potenzielle Trades.
  • Apropos Karteileichen: Derrick Rose kam in der Postseason auf einen Einsatz mit genau drei Minuten, aber da es sich bei seinem verbleibenden Vertragsjahr um eine Team-Option handelt, wird sein Gehalt definitiv eingespart. Bleibt nur Evan Fournier, der in den Playoffs gar nicht zum Einsatz kam. Er wird nächste Saison zum berühmten "Expiring Contract".
  • Definitiv im Kader stehen für 2024/25 nur vier Spieler (Brunson, Randle, Barrett, Robinson), ein Jahr später sogar nur zwei. Die Bücher sind also vergleichsweise sauber, das lädt im Front Office um President Leon Rose und GM Scott Perry zum Kaderbasteln ein.
  • Der größte Trumpf in der NBA ist immer ein unterbezahlter Superstar, wie zum Beispiel Steph Curry zu Beginn der Warriors-Dynasty. Nun ist Brunson kein Curry, aber der 26-Jährige wäre angesichts seiner Leistungen längst einen Maximalvertrag wert. Die Knicks dagegen bekommen ihn für mindestens zwei weitere Jahre fast schon zum Spottpreis.
NBA, New York Knicks
© getty

New York Knicks: Alle Verträge in der Übersicht (Gehälter in Millionen Dollar)

Spieler (Alter)Position23/2424/2525/2626/2727/28
Julius Randle (28)Guard28,230,332,4*UFA
Jalen Brunson (26)Forward26,325,025,0*UFA
R.J. Barrett (22)Guard23,925,827,730,0UFA
Evan Fournier (30)Guard18,919**UFA
Mitchell Robinson (25)Center15,714,313,0UFA
Derrick Rose (34)Guard15,6**UFA
Josh Hart (28)Forward13,0*UFA
Isaiah Hartenstein (25)Center9,2UFA
Obi Toppin (25)Forward6,8RFA
Immanuel Quickley (23)Guard4,2RFA
Quentin Grimes (23)Guard2,44,3**RFA
DaQuan Jeffries (25)Guard2,1UFA
Isaiah Roby (25)Forward2,1UFA
Jericho Sims (24)Center1,92,1**UFA
Miles McBride (22)Guard1,8**RFA

* Spieler-Option, ** Team-Option, *** nicht garantiert, UFA = Unrestricted Free Agent, RFA = Restricted Free Agent

NBA, New York Knicks
© getty

Das heißt nicht, dass der Kader der Knicks billig ist: Auch ohne Rose steht das Team für die kommende Saison bei knapp 150 Millionen Dollar Gehaltskosten und damit deutlich über dem vermutlichen Salary Cap von 134 Millionen, wenn auch unter der Luxussteuer, die bei 162 Millionen greift.

Aber die Knicks haben die "Assets", um einen Homerun-Schwung zu wagen - und auch zu landen: Schließlich stehen nicht nur besagte Spieler als potenzielles Trade-Material zur Verfügung, sondern gleich sehn Erstrundenpicks in den kommenden sieben Jahren: die sechs eigenen Picks der Jahre 2024-2029 plus vier weitere mit unterschiedlichen Protections. Gleich drei dieser Picks könnten 2024 greifen (Dallas, Detroit, Washington), dann stünden die Knicks im besten Fall mit stolzen vier Picks in einem Draft da.

Heißt: Sollte im anstehenden Sommer ein unzufriedener Superstar einen Trade verlangen, könnten die Knicks auf jeden Fall mitbieten. Vielleicht ist ja plötzlich Karl-Anthony Towns auf dem Markt, Ex-Klient von Leon Rose, als dieser noch als Berater tätig war. Damian Lillard, auch wenn ein Backcourt mit ihm und Brunson doch arg schmal wäre? Oder sogar Luka Doncic?

Nicht auszuschließen auch, dass sich die eine oder andere Franchise nach einer enttäuschenden Saison oder einem vorzeitig geendeten Playoff-Run zu einem Neuaufbau entschließt und plötzlich Spieler zu haben sind, die nicht dem höchsten Regal entstammen, aber aus einem guten Team plötzlich ein sehr gutes machen können. Mikal Bridges von den Nets? Pascal Siakam und O.G. Anunoby haben in Toronto nur noch ein Jahr Vertrag. Zach LaVine von den Bulls? Und so ganz glücklich wirkte Jaylen Brown bei den Celtics zuletzt auch nicht immer ...

Als Donovan Mitchell vor einem Jahr zu haben war, wollten die Knicks nicht zu tief in die Tasche greifen und gingen das Angebot der Cavaliers nicht mit. Bereut haben sie das nicht. Halten Rose und Co. das Pulver also weiterhin trocken? Oder ist die Zeit gekommen, um all-in zu gehen?

Anbieten könnten die Knicks ein vielversprechendes Paket aus Picks, jungen Talenten wie Immanuel Quickley oder Obi Toppin, plus Fournier oder Rose, um die Gehälter anzugleichen. Von einem eigenen Star müssten sie sich nicht unbedingt trennen. Aber vielleicht wäre das gar nicht so schlecht ...

NBA, New York Knicks
© getty

Knicks: Gehört Julius Randle zum Team der Zukunft?

An Brunson führt im Big Apple kein Weg vorbei. Barrett tritt seine Extension gerade erst an, vom erst 22 Jahre alten Swingman lässt sich noch einiges erwarten. Was Julius Randle angeht, sind die Knicks-Fans aber durchaus gespalten.

Dafür ist der Big Man einfach zu inkonstant: Man erinnere sich an die Saison 20/21, als er sich erstmals zum All-Star aufschwang, nur um in den Playoffs gegen die Atlanta Hawks dann komplett zu versagen. In der Saison darauf machte er einen massiven Schritt zurück, bevor er 22/23 wieder an seine besten Tage anknüpfte - und in der Postseason erneut enttäuschte.

Ja, er hatte mit Knöchelproblemen zu kämpfen, aber 16,6 Punkte bei nicht einmal 38 Prozent aus dem Feld sind viel zu wenig. 3,5 Turnover im Schnitt dagegen viel zu viel. 5 Spiele absolvierte er gegen die Heat und kam dabei auf 21 Assists bei 20 Ballverlusten. In der Defense und in Transition ließ er es zudem immer wieder an Einsatz vermissen und verärgerte so die Knicks-Fans.

"Julius ist noch jung", verteidigte Thibodeau seinen zweiten Star. "Er kommt jetzt erst in seine besten Jahre." Dennoch ist die Frage erlaubt, wie weit nach oben es mit dem Forward wirklich gehen kann. Gerade wenn der Ball in Brunsons Hände gehört, schließlich ist Randle nur ein unterdurchschnittlicher Dreierschütze.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist mit Blick auf seinen Vertrag in Ordnung. Aber wenn man sich über kurz oder lang von Randle trennen wollte, würde man in diesem Sommer wohl noch am meisten für ihn bekommen. Vielleicht ja im Tausch für Towns? Der würde auf einen Schlag so manches Problem in der Knicks-Offense lösen ...

Julius Randle: Seine Statistiken für die Knicks in der Regular Season

SaisonSpieleMINPTSFG%3P%REBAST
19/206432,519,546,027,79,73,1
20/217137,624,145,641,110,26,0
21/227235,320,141,130,89,95,1
22/237735,525,146,034,310,04,1
NBA, New York Knicks
© getty

Knicks: Welche Verträge werden verlängert?

Ob es nun zum ganz großen Trade kommt oder nicht: Die Knicks brauchen Shooting (35,7 Prozent von der Dreierlinie bedeuteten in der Regular Season nur Rang 19) und sie brauchen Scoring von der Bank - hier reichte es sogar nur zu Platz 26.

Der Lichtblick in dieser Hinsicht war Immanuel Quickley, der sich im Saisonverlauf sogar zum potenziellen Sixth Man of the Year steigerte. Zudem ist Quickley ein exzellenter Verteidiger. In der Postseason schwächelte der 23-Jährige zwar, dennoch sollten sich die Knicks mit ihm relativ schnell auf eine Extension einigen.

Ebenfalls für diese in Frage kommen Josh Hart und Obi Toppin. Hart kam per Trade im Saisonverlauf und war als guter Rebounder und Verteidiger direkt unverzichtbar fürs Team. Er dürfte aus seiner Spieler-Option aussteigen und einen langfristigen Deal anstreben. Toppin kam als Randles Ersatzmann nicht so zum Zug wie erhofft. Andererseits sind die Knicks auf den Forward-Spots aktuell eher dünn besetzt. Am wahrscheinlichsten ist es, dass alle drei ihren Vertrag verlängern - und sei es nur, um sie potenziell in einen Trade zu packen.

NBA, New York Knicks
© getty

Theoretisch könnte übrigens auch Fournier eine Extension bekommen. Doch das Tischtuch zwischen ihm und dem Team ist zerschnitten. "Sie werden mich auf keinen Fall behalten, alles andere wäre eine große Überraschung, sagte der Franzose gegenüber der New York Post: "Es ist offensichtlich, dass es Veränderungen geben wird und ich getradet werde." Allzu großes Interesse dürfte es angesichts von 18,8 Millionen Dollar Jahresgehalt nicht geben. Vielleicht müssen die Knicks einen Pick mitschicken, um Fournier abzugeben, oder im Gegenzug ein anderen unschönen Vertrag aufnehmen.

In der Free Agency steht den Knicks die volle Midlevel Exception über 12 Millionen Dollar zur Verfügung, den "Second Apron" von 179,5 Millionen Dollar sollten sie selbst mit Trades kaum knacken können. Es gibt aber auch nicht viele Roster Spots die zu füllen sind, schließlich gibt es nominell gar keine Free Agents (auch wenn Josh Hart einer werden dürfte).

Was den Draft angeht, konnten die Knicks zwar hoffen, den Pick der Dallas Mavericks zu erhaschen, aber am Ende hatte die Lottery aber etwas dagegen: Die Mavericks behalten ihren Pick im anstehenden Draft, die Knicks stehen mit leeren Händen da.

NBA, New York Knicks
© getty

Knicks: Ist Tom Thibodeau ein Championship-Coach?

Große Kritik an Thibodeaus Taktik gab es nach dem Playoff-Aus nicht, überhaupt kommt der Coach in New York insgesamt gut an. Gegen die Cavaliers hatte er die richtigen Knöpfe gedrückt und in der Regular Season einigen jungen Spielern mehr Zeit auf dem Parkett gegönnt, als man vielleicht gedacht hätte.

Aber er bekam von Spoelstra eben auch seine Grenzen aufgezeigt. Thibodeaus Stärken sind bekannt, seine Teams kommen über den Einsatz und bleiben selten unter den Erwartungen. Aber in Sachen Kreativität in der Offensive ist er limitiert und er ist berüchtigt dafür, seine Spieler auch mal zu "verheizen". Sowohl bei den Bulls als auch bei den Timberwolves hatte sich sein Stil irgendwann überlebt, eine Finals-Teilnahme steht noch aus.

Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die Knicks den Coach of the Year 2021 nach drei Jahren im Big Apple absägen könnten - und es gibt auch wenig Gründe dafür. Aber so wie seine Teams stets eine "hohen Floor" haben, steht der Beweis noch aus, dass die "Ceiling" so hoch ist wie bei anderen Top-Coaches. Und davon wären nach der Entlassungswelle der letzten Wochen gerade einige zu haben (Monty Williams, Mike Budenholzer).

Die Knicks werden mit Thibs auch in die kommende Saison gehen, vielleicht bekommt er vom Front Office sogar noch per Trade einen waschechten Superstar serviert. Sollten die Conference Finals aber das Maximum bleiben, dürfte 2024 auch der Head Coach auf dem Prüfstand stehen.

Artikel und Videos zum Thema