FC Bayern München - Erkenntnisse nach dem 2:1 in Mönchengladbach: Jan-Christian Dreesens verwegener Plan mit den FCB-Talenten

KOnrad Laimer, FC Bayern München
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Der neue Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen hat da so eine Idee, wie der FC Bayern München trotz des sehr dünnen und unrunden Kaders durch die Hinrunde kommen kann, Trainer Thomas Tuchel hatte beim 2:1 in Gladbach aber andere Pläne. Leroy Sanés Höhenflug hält an und Konrad Laimer ist der perfekte Rollenspieler.

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FC Bayern München: Jan-Christian Dreesens verwegener Plan

Thomas Tuchel hat beim 2:1 bei Borussia Mönchengladbach alles richtig gemacht mit seinen Einwechslungen: In der 46. Minute brachte er den starken Aushilfs-Rechtsverteidiger Konrad Laimer für den Gelb-Rot gefährdeten Noussair Mazraoui, später den erfrischenden Serge Gnabry für den eher unauffälligen Kingsley Coman, Eric Maxim Choupo-Moting für den da schon etwas müden wirkenden Thomas Müller und natürlich wechselte er mit Mathys Tel noch den späteren Siegtorschützen ein. Dass Matthjis de Ligt wie schon in der Vorwoche gegen Augsburg als Letzter kam, könnte womöglich in den kommenden Wochen noch Thema werden, aber einstweilen gilt: Jeder Wechsel ergab Sinn, auch in der Reihenfolge.

Wer dafür 90 Minuten auf auf der Bank saß in Mönchengladbach: Frans Krätzig (20) und Aleksandar Pavlovic (19).

Wie erwähnt: in Mönchengladbach ergab der Spielverlauf wenig andere Wechsel-Möglichkeiten. Aber wenn man möchte, dass die jungen Spieler sich entwickeln und Wettkampfpraxis erhalten, dann muss man sie spielen lassen, möglichst schon, wenn noch keine absolute Not am Mann ist.

Schließlich sollen, oder besser: müssen, die Talente mindestens bis zur Winterpause doch die Lücke füllen, die die mächtigen Männer des FCB-Transferausschusses in den letzten Tagen der Sommer-Transferperiode ohne Not geschaffen haben im Kader des FC Bayern München.

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Als ob man Trainer Thomas Tuchel das Leben extra schwer machen wollte, wurden erst wichtige Spieler aus unterschiedlichen Gründen gehen gelassen, um sich dann zu spät konkret um Ersatz zu kümmern.

Der neue CEO Jan-Christian Dreesen versuchte am Samstag zwar den Spin zu verkaufen, dass man alles getan habe, um dem Trainer seinen Wunsch nach einer defensiver orientierten Sechs zu erfüllen, aber der FC Fulham eben keinen Ersatz mehr für João Palhinha mehr gefunden habe. Das hatte schon seine Richtigkeit.

Was Dreesen aber verschwieg: Bayerns größte und akuteste Kaderbaustelle ist nicht die von Tuchel mit einigem Sinn geforderte "Holding Six", die es vorher auch schon nicht gab - sondern der Mangel an Verteidigern. "Wir gehen mit sechs gelernten Defensivspielern für die Viererkette in die Saison, das ist auf Kante genäht", sagte Tuchel bei Sky. Und von diesen sechs ist Linksverteidiger Raphael Guerreiro auch noch verletzt.

Tuchel müsse jetzt eben "ein bisschen kreativer sein. Das ist sein Job", empfahl Dreesen. Dann erinnerte der frühere Banker daran, "dass wir oftmals bei Verletzungen oder Nichtanwesenheit von Spielern große Talente hervorgebracht haben. Vielleicht ist es auch eine Chance für Talente."

Klar, die Bayern träumen seit Jahren davon, endlich Spieler aus dem eigenen Campus in die erste Mannschaft zu integrieren und nicht nur teuer und schon recht spät hinzugekaufte Top-Talente wie Tel oder Jamal Musiala. Aber gelungen ist das bisher noch nie. Dreesens Plan klang daher ziemlich verwegen. Zumal Tuchel in seinen ersten Monaten beim FC Bayern München noch nicht unbedingt als großer Talenteförderer aufgefallen ist.

Aber gut: In Mönchengladbach saßen Frans Krätzig, ein zum Linksverteidiger umgeschulter 20-Jähriger, und der 19 Jahre alte defensive Mittelfeldspieler Aleksandar Pavlovic auf der Bank. Tarek Buchmann, ein talentierter Innenverteidiger, nicht einmal das - der 18-Jährige, gerade von einer Oberschenkelverletzung zurückgekommen, musste am Freitag im Regionalligaspiel von Bayern München 2 beim FC Memmingen nach 23 Minuten verletzt ausgewechselt werden.

Tuchel erinnerte am Samstag zudem daran, dass auch ein paar Talente in den vergangenen Tagen abgegeben wurden. Auf die Frage, ob die Situation ganz generell eine Chance sein könnte für die Akademiespieler, sagte er: "Der Sprung ist groß. Direkt reinzukommen und die Verantwortung auf ihre Schultern zu legen", aber es gebe "keine Scheu".

Vielleicht schlägt ja gegen Bayer Leverkusen (15.9.), Manchester United (20.9.), den VfL Bochum (23.9.) oder zumindest im DFB-Pokal gegen Drittligist Preußen Münster (26.9.) die große Stunde für das eine oder andere Talent.

Sané schießt an Nicolas vorbei ins Tor.
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FCB: Thomas Tuchel scheint bei Leroy Sané die richtigen Knöpfchen gefunden zu haben

Zwar schaffte Leroy Sané in allen seiner bisherigen drei Saisons beim deutschen Rekordmeister immer locker mehr als 20 Torbeteiligungen, unumstritten war der mittlerweile 27-Jährige aber nie.

Es gab ebenso nach Sadio Manés Verpflichtung vor der vorigen Saison Gerüchte um einen möglichen Verkauf Sanés wie auch vor dieser Spielzeit. Hätte sich Serge Gnabry nicht vor dem Saisonauftakt gegen Werder Bremen verletzt, Sané hätte wohl zunächst auf der Bank gesessen am ersten Spieltag.

Doch wie es manchmal so ist: Sané war mit Abstand bester Spieler in Bremen (SPOX-Note 1,5), erzielte zwei Tore, war auch sonst sehr umtriebig. Auch gegen Augsburg (SPOX-Note 2) und nun in Mönchengladbach (wieder SPOX-Note 2) überzeugte Sané auf ganzer Linie.

Es war eine Leistungsexplosion quasi mit Ansage - oder nach Aufforderung. Am Freitag lobte Trainer Thomas Tuchel seinen Offensivspieler. "Leroy ist momentan sehr gut in Form und genießt es, auf dem Platz zu stehen", sagte er, verband das Lob aber mit einer unmissverständlichen Forderung: "Er muss nun die Liga auf seiner Position dominieren - auch in Bezug auf Tore und Vorlagen, er ist kein Talent mehr."

Tuchel scheint die richtigen Knöpfe zu drücken bei dem bisweilen als phlegmatisch geltenden Sané. Sanés Bilanz nach den ersten drei Spieltagen: 3 Tore, keine Vorlage. Damit belegt er hinter Harry Kane (3 Tore, 1 Vorlage) im mannschaftsinternen Ranking Platz zwei. Aber Kane ist ja auch Mittelstürmer, genauso wie der derzeitige Torbeteiligungs-Dominator Victor Boniface von Bayer Leverkusen, der nach drei Spielen bereits auf sechs Torbeteiligungen kommt (4 Treffer, 2 Vorlagen).

KOnrad Laimer, FC Bayern München
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FCB: Konrad Laimer ist der perfekte Kaderspieler, der Traum eines jeden Trainers

Es gehörte zu den größeren Überraschungen des ersten Bundesliga-Spieltags, dass Neuzugang Konrad Laimer nach einer sehr guten Vorbereitung, in der er alle Testspiele von Beginn an gespielt und überzeugt hatte an der Seite von Joshua Kimmich auf der Doppelsechs, nach nur einem ausbaufähigen Spiel im Supercup zu Beginn auf der Bank saß.

Tuchel hat somit die alte Hierarchie im zentralen Mittelfeld wiederhergestellt, Laimer ist erster Ersatz für Kimmich und Leon Goretzka - und nach dem Münchner Debakel beim Deadline Day auch für Noussair Mazraoui rechts in der Viererkette. Oder dort vielleicht sogar ein bisschen mehr?

Denn Laimer machte nach seiner Einwechslung zu Beginn der zweiten Halbzeit ein sehr gutes Spiel als Rechtsverteidiger, interpretierte die Rolle noch offensiver als der Gelb-Rot gefährdete Mazraoui, brachte, wie er selbst sagte, "Energie rein", sorgte tatsächlich für viel Dampf und gleichzeitig auch für Ruhe auf der Seite.

Ganz neu ist die Rolle für ihn auch nicht - bei RB Leipzig absolviert er vor allen zu Beginn seiner Zeit dort insgesamt 24 Spiele als Rechtsverteidiger. Die beste Nachricht für Tuchel dürfte aber gewesen sein, dass Laimer überhaupt kein Problem zu haben scheint mit seinem Aushilfsjob in der Viererkette. Im Gegenteil: "Am Ende macht es einfach Spaß, zu spielen. Wo das ist, entscheidet der Trainer. Ich bin am liebsten auf dem Platz - ob es rechts hinten oder im Mittelfeld ist, die Hauptsache ist spielen."

Auch, dass er seinen in der Vorbereitung bereits von Beobachtern sicher geglaubten Stammplatz verlor, scheint ihm keinen Gram zu bereiten. "Es ist Fußball. Es kann nicht immer nur bergauf gehen. Ich hatte eine super Vorbereitung, dann ein nicht so gutes Spiel und einen guten Start in die Bundesliga. Ich bin immer noch am Ankommen im Verein, es ist vieles neu. In der Truppe und im Verein macht es Spaß und ich versuche, meine Dinge reinzubringen. Am Ende will ich alle Spiele gewinnen."

Einen besseren Kaderspieler kann sich wahrlich kein Trainer vorstellen.

Bundesliga: Obere Tabellenhälfte nach den Samstagsspielen

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Bayer Leverkusen311:389
2.Bayern München39:279
3.Stuttgart311:566
4.Union Berlin28:266
5.Hoffenheim37:526
6.Wolfsburg35:416
7.Freiburg33:6-36
8.Borussia Dortmund34:315