Vermutlich stark intim behaart

Von Stefan Moser
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© Getty

München - Fünf Platzverweise, geschockte Orthopäden und zwei Doppel-D-Promis mitten auf dem Rasen. Ganz Deutschland sucht brav nach seinen Ostereiern, nur die Bundesliga benimmt sich mal wieder daneben.

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War ja kaum anders zu erwarten, aber dass sich ausgerechnet das erzkatholische Bayern dazu versteigt, einem heidnischen Brauch zu frönen und ein Opferlamm zu schlachten, ist schon ein dickes Ding! Diese und andere Blasphemien wie immer in der Alternativen Liste:

1. Religion, in Sportvokabeln formuliert: Zu Ostern feiern katholische Christen, sofern sie dem Sportjargon verpflichtet sind, ein spektakuläres "Comeback": Die Auferstehung ihres Heilands. Die Wiederauferstehung der mausetoten Leverkusener gegen die Bayern wäre für die abendländische Kulturgeschichte dagegen freilich nur eine Marginalie geblieben. Nach dem Anschlusstreffer durch Dmitri Bulykin durften die Bayer-Fans aber immerhin für sieben Minuten von ihrem ganz persönlichen Oster-Comeback träumen. Leider entschied sich die Mannschaft dann aber doch, lieber in der Rolle des Opferlamms zu bleiben.

2. Apropos Sportjargon zu Ostern: Frankfurts Keeper Oka Nikolov hat sich selbst ein Ei gelegt. Aus purer Ratlosigkeit gab Cottbus' Kapitän Timo Rost nämlich am Donnerstag ein Schüsschen aus knapp 30 Metern ab. Ein mittelmäßig begabter Feldspieler hätte den Ball ganz nonchalant gestoppt oder ihn direkt mit der Hacke zu einem Mitspieler gekickt. Nikolov aber warf sich auf den Boden und sah zu, wie die Kugel langsam über ihn hinweg ins Tor murmelte. Aus österlicher Nächstenliebe aber drehten seine Kollegen noch das Spiel, Frankfurt gewann mit 2:1.

3. Klare Rote Karten: Fingerspitzengefühl braucht man zum Klavierspiel und vielleicht noch zur Intimrasur. Um ein Bundesligaspiel zu pfeifen, braucht man keins. Vor allem nicht, wenn Joris Mathijsen vom HSV gegen Grafite vom VfL Wolfsburg auskeilt wie ein hormongeplagter Ackergaul und der sich wiederum revanchiert, indem er seinem Gegner mit den Stollen die Mittelhand beinahe zertümmert.

Dann stellt man einfach beide mit glatt Rot vom Platz, und zwar vollkommen zu Recht -  egal was die Herrn Stevens und Magath später auch für einen Unsinn erzählen.

Dass Mathijsen in den kommenden Tagen das Gefühl in den Fingerspitzen der stark geprellten Hand vermissen und damit sowohl das Klavierspielen als auch die Körperpflege etwas schleifen lassen wird, tut uns natürlich trotzdem leid.

4. Klare Gelb-Rote Karten: Schiri Thorsten Kinhöfer stellte in Wolfsburg noch zwei weitere Profis vom Platz: Vincent Kompany vom HSV, weil der, bereits verwarnt, tief in der gegnerischen Hälfte Sascha Riether auflaufen ließ. Und Alexander Madlung vom VfL, weil der, ebenfalls mit Gelb vorbelastet, an der Mittellinie ein taktisches Foul an Paolo Guerrero beging und sich dabei in etwa so traurig plump anstellte wie weiland Rainer Calmund bei der Wok-WM. Herr Stevens und Herr Magath werden es nicht gerne hören, aber auch diese beiden Platzverweise waren absolut vertretbar.

5. Und noch mal Wolfsburg: Zwischen zwei Kommas schreiben Nachrichten-Agenturen gerne Wohnort und Beruf des Nachrichten-Protagonisten hinter dessen Namen. Sehr beliebt: "Herbert Fandel, Konzertpianist aus Kyllburg, bewies bei seinen Entscheidungen stets großes Fingerspitzengefühl." So richtig originell war das noch nie, inzwischen ist es gar ein alter Hut. Viel besser klingt da doch der Satz: "Thorsten Kinhöfer, Controller aus Herne, unmusikalisch und vermutlich stark intim behaart, stellte innerhalb von zehn Minuten vier Profis vom Platz."

6. Zeit, sinnvoll genutzt: Mit einer Laufzeit von 2:52 Minuten holte sich Gertrud Jäger vom TV Geiselhöring jüngst den Titel als bayerische Seniorenmeisterin über die 800 Meter in der Klasse W50. Herzlichen Glückwunsch! Mit exakt der gleichen Laufzeit holte sich Dominik Reinhardt vom 1. FC Nürnberg beim 1:1 gegen Bochum einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel. Eingewechselt, 800 Meter gelaufen, wieder ausgewechselt. Herzliches Beileid!

7. Und schon wieder Rot: In Duisburg erkämpften sich zehn tapfere Hannoveraner ein 1:1. Satte 85 Minuten in Unterzahl, weil Mike Hanke seinem Gegenspieler Iulian Filipescu eins übergebraten hatte, nachdem der ihm in provokanter Absicht auf den Fuß getrampelt war.

Aber mit ein wenig mehr Fingerspitzengefühl hätte Hanke doch auch sagen können: "Verehrter Herr Filipescu, vermutlich ist Ihnen der Umstand nicht bewusst, aber: Sie stehen auf meinem Fuß."

Worauf Herr Filipescu geantwortet hätte: "Herr Hanke, ich bitte vielmals um Verzeihung! Leider bin ich etwas grobmotorisch und schon als Kind in jedes Fettnäpfchen getreten."

Darauf wiederum Herr Hanke: "Von einem Grobian wie Dir lass' ich mich nicht mit einem Fettnäpfchen vergleichen!" - und brät dem Tollpatsch glatt eins über. (Womit wir mit unserem Latein dann auch am Ende wären.)

8. Torsten Frings: Ein richtiges Comeback gab's dann doch am Ostersonntag. Torsten Frings stand endlich wieder im Bremer Mittelfeld und spielte 80 Minuten lang richtig gut. Leider ist der Osterhase an der Weser offenbar besonders boshaft und versteckte die Form der übrigen Werder-Spieler so perfide, dass sie sie partout nicht wiederfinden konnten. Konsequenz: Unentschieden in Bielefeld.

9. Trash-TV in Dortmund: Wer auch immer bei Borussia Dortmund dafür verantwortlich ist, der erlaubte am Samstag den beiden Hunger leidenden Dschungel-Promis Eike Immel und Bata Illic in der Halbzeit ihr Liedchen zu trällern. Derselbe Verantwortliche hetzte im letzten Jahr übrigens schon halbnackte next Topmodels durch den Mittelkreis. Dortmund hat offenbar einen Faible für Trash. Anders wäre auch das permanent ausverkaufte Stadion dort schwerlich zu erklären.

10. Apropos Dortmund: BVB gegen Karlsruhe, Stand 1:1, die Schlussminute: Der KSC hat noch eine letzte Chance, einen Freistoß aus gut 20 Metern.Mit kniefälliger Miene dreht Stefan Buck sich da zur Trainerbank, zeigt hektisch auf die eigene Brust und bettelt: "Ich! Ich, Trainer! Lass mich schießen! Ich würde so gern!"

Ede Becker nickte offenbar ein "na, von mir aus" zurück, denn Buck platzte schließlich schier vor Tatendrang.

"Ich darf schießen! Ich! Geil, der Trainer hat's erlaubt! Ich, ich, ich", klopfte er sich weiter auf die Brust, verscheuchte sämtliche Kollegen vom Tatort und legte sich den Ball zurecht. Lief an, rutschte aus und semmelte das Ding zur Eckfahne.

11. Wie der junge Kahn: War das eine Parade! Oliver Kahn schon unterwegs in die rechte Ecke, Sergej Barbarez lenkte einen Schuss von Bernd Schneider mit dem Schienbein in die andere. Also schleuderte Kahn das linke Bein blitzschnell in die Höhe - sein Orthopäde wandte sich mit Grauen ab. Doch der Titan wehrte den Ball ab, sortierte kurz die Lendenwirbel neu und rappelte sich wieder auf. Sensationell!

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