Von Erziehung keine Spur

Von Stefan Moser
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© Getty

München - Der 29. Spieltag der Bundesliga fand unter der Woche statt, weil: Am Samstag ist Pokalfinale. Die Bayern absolvierten ihre erfolgreiche Generalprobe in Frankfurt mit der B-Elf.

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Die Dortmunder A-Elf machte gegen Hannover Fehler wie eine E-Jugend und war daher eher eine D-Elf, die noch nicht einmal das Ein-Mal-Eins beherrscht, vom Fußball-ABC ganz zu schweigen. Aber die Bundesliga ist kein Buchstabensalat, sondern eine seriöse Sportveranstaltung.

Beweise dafür wie immer akribisch gesammelt und aufgelistet in der Alternativen Liste:

1. Kinderstube: In die große weite Welt entlässt der durchschnittliche deutsche Erziehungsberechtigte seinen Sohn mit den Worten: "Junge! Lass' Dir die Haare schneiden und sei stets freundlich zu den Journalisten!" Papa-Frings muss man in dieser Hinsicht bestimmt das eine oder andere Versäumnis in Rechnung stellen - aber ist der deshalb gleich ein Rabenvater? Mitnichten! Denn was erzählte Frings junior doch nach dem Bremer Spiel in Rostock: "Mein Vater hat mir gesagt, der Gefoulte soll keinen Elfer schießen." Frings war der Gefoulte, also schoss Naldo den Elfer. Der scheiterte zwar noch an Torwart Stefan Wächter, den Nachschuss aber drückte Ivan Klasnic zum Siegtreffer für Werder über die Linie. Familie Frings hat alles richtig gemacht!

2. Apropos Vater: "Bei einer lauen Sommernacht am See, des Mondes voller Schein. Sollte es dann endlich für den Nachwuchs wohl auch so weit sein. Und siehe da, es hat gefruchtet."

Exakt diese metrische Bestie heftete die freiwillige Feuerwehr in Hechendorf an ein Ungetüm von Baum und stellte das Ganze dann mir-nichts-dir-nichts mitten in den Garten von Lukas Podolski.

Jedoch nicht, wie sich vermuten ließe, weil die Hechendorfer schlicht komplett einen an der Waffel hätten, sondern weil ihr braver Nachbar Poldi just Anfang dieser Woche Vater wurde. Der Sohnemann heißt Louis und ist gesund und munter. Unseren Glückwunsch!

Entgegen anders lautender Gerüchte ist die Mutter übrigens nicht Bastian Schweinsteiger - auch wenn der bisweilen so spielt, als sei er gerade aus dem Wochenbett aufgestanden.

3. Es ist vollbracht: Ganze 28 Spieltage lang sehnte Fußballdeutschland einen Helden herbei: jenen unerschrockenen Hünen, der den Bayern endlich das erste Kopfballtor beibringen sollte. Am Mittwoch war es dann soweit. Der Riese, der die Mannestat vollbrachte, heißt Benjamin Köhler, misst 1,72 Meter und reicht Gegenspieler Daniel van Buyten damit gerade bis zum Bauchnabel. Auf sieben Jahre hinaus hätten hessische Dichter wohl metrisch makellose Bänkellieder auf den tapferen Frankfurter gesungen - hätte die Eintracht nur nicht 1:3 verloren.

4. Eine Frage des Geschmacks: Assauer in Kaschmir, Slomka in Cord - alles schick und alles trendy. Doch der Stoff aus dem die königsblauen Träume sind, ist die Ballonseide: Ehrlich, volksnah, bodenständig. Genau wie die zwei urigen Typen, die die Schalker für ihre Image-Kampagne nach der Slomka-Entlassung in die Trainingsanzüge steckten und gegen Cottbus auf die Bank setzten. Und siehe da, es hat gefruchtet!

5. Der 1. FC Nürnberg: Da Glubb is a Debb! (Fränkischer Sinnspruch, volksnah, bodenständig und vor allem: ehrlich. Eignet sich übrigens auch sehr als Stickerei auf diesen kleinen weißen Tischdeckchen.)

6. Das letzte Hemd: Im Abstiegskampfskampf ist jedes Mittel recht, dachten sich die Duisburger am Mittwoch und verfielen auf eine ganz besonders perfide Masche.

Weil die Meidericher nämlich die Heimdeppen der Liga sind, traten sie auch zuhause gegen Karlsruhe einfach in den Auswärtstrikots an.

Doch die Badener bemerkten schnell den Schwindel und weigerten sich schließlich, wie eine Heimmannschaft zu spielen.

Sie machten stattdessen hinten dicht und lauerten selbst auf Konter. Einen davon nutzten sie auch: Trocken wie die Wüste Gobi, 81. Minute, Tamas Hajnal, 1:0 für Karlsruhe, der Endstand.

7. Der verlorene Sohn: Papa-Schlaudraff einst zum Sohn: "Junge! Mach Dir um Deinen Haarschnitt keine Sorgen! Du bist mit 24 schon so kahl wie Sergej Barbarez mit 36. Aber sollten Dir die Bayern mal für mehr als drei Minuten eine Chance anbieten, dann leg' dem Luca Toni doch ein Tor auf!" Jan Schlaudraff spielte stolze 23 Minuten für die Bayern - persönlicher Rekord. Und er tat, wie Vater ihm befohlen: Schöne Vorarbeit zum 3:1.

8. Apropos Haarschnitt: Ausgefallenes wirkt immer komisch - das  ist nun mal das Pech der Glatzköpfe. Recht ausgefallen war auch das Zweikampfverhalten des Leverkuseners Fanis Gekas gegen Bielefeld. Genau genommen sogar ein Totalausfall: 90 Minuten gespielt, kein einziges Duell gewonnen. Schon komisch... 

9. Von wegen komisch: Nicht ausgefallen sondern ausfällig war dagegen Arminias Ersatztorhüter Mathias Hain, als er von der Bank aus Schiri Fleischer gleich mehrmals ordentlich die Meinung geigte. Aber Schiedsrichter finden überhaupt nichts komisch - das ist nun mal das Pech der Querulanten: Hain sah Gelb, durfte sich aber immerhin über den 1:0-Sieg gegen Bayer freuen.

10. Huub Stevens, erbitterter Feind der brotlosen Kunst: Nein, es war nicht der Tag des Ivica Olic, sein Tatendrang in allen Ehren. Für nix und wieder nix spulte die personifizierte HSV-Lunge am Dienstag in Berlin fast 20 Kilometer ab, unterbrochen lediglich durch zehn Übersteiger im völlig sinnfreien Raum: Jeder einzelne davon war brotlos,  jeder einzelne aber auch so vollkommen ungeschickt und hässlich, dass sich selbst die abgedroschene Phrase von der Kunst verbietet.Zur Krönung des Debakels versemmelte der Kroate dann auch noch einen Elfmeter. Und zwar derart armselig, dass ihn Trainer Huub Stevens stante pede auswechselte. Das Spiel endete 0:0, und Olic robbt heute noch zur Strafe durch Wind und Wetter rund ums Berliner Olympiastadion.

11. Generalprobe: Im Hinblick auf das Pokalfinale gegen Dortmund fand Bayern-Manager Uli Hoeneß die mahnenden Worte: "Das ist nur ein einziges Spiel. Da kann man gegen jeden verlieren". Gegen jeden?

Klingt irgendwie, als wäre am Samstag überraschend ein bis dato unbekannter Verbandsligist der Endspielgegner. Wer die 1:3-Heimpleite des BVB gegen Hannover als Augenzeuge miterleben musste, möge sich darauf seinen eigenen Reim bilden.

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