Beckenbauers uneheliche Kinder

Von Stefan Moser
bielefeld, arminia, karlsruhe
© Getty

München - Ach, Bundesliga, was ist nur mit Dir los? Nun lässt Du also Schalke auf Platz zwei. Eine Mannschaft, die seit gefühlten 14 Wochen in der Krise steckt. Dicht dahinter kommt der HSV, auch nicht wirklich eine Ausgeburt der Spielfreude.

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Von Bremen und Leverkusen ganz zu schweigen. Spaß macht allenfalls noch Stuttgart und, merkwürdig genug, der VfL Wolfsburg. Die Wölfe also haben eine Hommage verdient, genau wie ein paar Eisbären-Babys, ein böser Onkel und der Krieg der Sterne - alles in der Alternativen Liste des 27. Spieltags:

1. Lausitz-Anarchie:  Ervin Skela macht kein Kopfballtor. So steht's in der Bibel und im BGB. "Alles traditioneller Unsinn!", dachte sich der Energie-Anarcho Skela gegen Duisburg und nickte kurz entschlossen zum Siegtreffer für Cottbus ein. Im Vertrauen auf Gesetz und Ordnung ließ die frömmelnde MSV-Abwehr ihn gewähren.

2. Verbotene Liebe: Arminia Bielefeld sucht also einen neuen Slogan und macht dafür unter anderem den folgenden Vorschlag: "Arminia - der Fußballgott hat eine Tochter". Das klingt zwar hübsch poetisch, ist marketingstrategisch jedoch ein Debakel. Denn die assoziative Brücke zwischen den Begriffen "Bielefeld", "Fußball" und "göttlich" vermag ein mental gesunder Mitteleuropäer nur schwer zu überqueren.

Und wenn, dann nur mithilfe einer ziemlich kruden mythologischen Erzählung, etwa dieser: In Lichtgestalt Franz Beckenbauer stieg dereinst der Fußballgott vom Himmel, schwängerte auf einer Weihnachtsfeier eine schöne Ostwestfälin, die ihm daraufhin ein Töchterchen gebar.

Er nannte sie Arminia, zahlte brav die Alimente und schickte sie mit dem kaiserlichen Ratschlag in die Welt: Geh' raus und spiel' Fußball!

3. Neue Rangliste der meistgehassten Persönlichkeiten in Franken, Platz 3: Vilma, die grausame Eisbären-Mama, die im Nürnberger Zoo bereits zwei kleine Knuts aufgefressen hat, und folgerichtig nach Rostock verbannt wurde.

4. Neue Rangliste der meistgehassten Persönlichkeiten in Franken, Platz 2: Peter Gagelmann, der grausame Schiri, der am Samstag das Spiel in Frankfurt für 20 Minuten unterbrach, weil ein paar Krawalltouristen aus dem Nürnberger Fanblock Silvester-Böller aufs Spielfeld regnen ließen.

5. Neue Rangliste der meistgehassten Persönlichkeiten in Franken, Platz 1: Michael A. Roth, der Präsident des 1. FC Nürnberg. Eigentlich ist der Rückersdorfer Teppichboden-Tycoon ein Stück fränkische Folklore. Das aber ausgerechnet er, ein Patriarch der alten Schule, vor besagten Fanblock geschickt wurde, um den tobenden Mob zu beruhigen, war eher eine ziemlich doofe Idee. Weil dem Herrn Roth nämlich beim Anblick der Chaoten-Bande das "Debbich-Messer" in der Hose aufsprang, fühlten sich die zumeist jugendlichen Randalierer von dessen autoritärer Rhetorik nun nicht wirklich abgeholt. Und das teilten sie dem armen Mann auch überdeutlich mit.

6. Der böse Onkel: Journalist: "Dürfen ihre Spieler jetzt das Wort 'UEFA-Cup' in den Mund nehmen?" Felix Magath: "Alles darf man in den Mund nehmen - nur keinen Alkohol". Liebe Kinder, liebe Fußballer, der Onkel Magath hat's nicht so gemeint. Pädagogisch ist das grober Unfug!

Gegen Alkohol in Maßen ist bei Erwachsenen nämlich grundsätzlich nichts einzuwenden, und mitnichten darf man alles andere fröhlich in die eigenen Mäuler stopfen.

Kleine Spielzeugteile etwa sind eine ernstzunehmende Gefahr. Auch Eisbären-Babys sind mit Vorsicht zu genießen - wie schnell landet man in Rostock im Exil.

Und wer im falschen Augenblick autoritäre Schimpftiraden in den Mund nimmt, der muss damit rechnen, dass ihm Böller um die Ohren fliegen.

7. Hommage an Jiri Stajner: Der Mann verlängert seine Verträge noch per Handschlag. Einzigartig! Und wie er am Samstag gegen Wolfsburg erst sechs Gegenspieler auf dem Bierdeckel vernaschte, den Ball dann an den Pfosten säbelte, sich erneut gegen drei Mann den Rebound holte und das Ding tatsächlich über die Linie drückte: Wer Fußball liebt, liebt Jiri Stajner! Etwas langsam, etwas faul, aber technisch erste Sahne, dazu noch ausgebufft, ja fast schon schmutzig - als hätte er mit 18 schon in der Altherren-Auswahl mitgekickt. Im Grunde ist der Mann pro Jahr für 20 Tore gut, doch leider wird auf seinem Grabstein stehen: "Er hat sein Potential nie ausgeschöpft." 

8. Hommage an Wolfsburg: Vieles haben sie in Wolfsburg schon probiert. Abgehalfterte Ex-Stars, schwer verletzte Bayern-Profis, Rotationsprinzip auf der Trainerbank - alles letztlich ziemlich lausig. Seit kurzem probieren sie es in Wolfsburg nun zur Abwechslung mit Fußball. Eine pfiffige Idee, erfolgreich noch dazu: Der VfL ist nach dem 3:2-Sieg gegen Hannover der alleinige Spitzenreiter der Rückrundentabelle. Der Macher heißt Felix Magath. Auf dessen Grabstein aber wird wohl einst geschrieben stehen: "Er verschluckte sich an einem Legosteinchen." 

9. Kulturgüter im Vergleich: Nach exakt 38 Sekunden war kürzlich ein Konzert der wiedervereinigten Spice Girls in London ausverkauft. Weltrekord! Nach exakt 38 Sekunden lag Werder Bremen am Samstag schon mit 1:0 bei der Hertha in Führung. Immerhin: Saisonrekord!

10. Der Mai-Modus: Wenn's um nichts mehr geht, wird abgeschenkt. So steht's in der Bibel und in den Statuten der DFL. Mannschaften, die nach dem 30. Spieltag weder von der Abstiegsangst noch von eigenen Ambitionen drangsaliert werden, lassen einfach die Fünf grade sein.Das ganze nennt sich "Mai-Modus" und ist nicht wirklich unterhaltsam. In dieser Saison nun hatte leider die halbe Liga nie echte Ambitionen.

Oder aber sie hat sie inzwischen gegen dumpfe Ernüchterung getauscht. Auch der engere Kreis der Abstiegskandidaten scheint längst in Stein gemeißelt. Konsequenz: Mai-Modus schon im April. Bochum lässt sich von zehn Bayern auseinander nehmen, macht ja nix.

Karlsruhe verliert gegen Bielefeld, halb so schlimm. Frankfurt verliert gegen Nürnberg, Hannover wehrt sich gegen Wolfsburg kaum, Berlin verpennt grandios die Anfangsphase gegen Bremen, na und? Genau! Na und! Dann gucken wir eben Krieg der Sterne und denken uns doofe Parallelen mit den Hauptdarstellern aus!

11. Doofe Parallelen mit den Hauptdarstellern von Krieg der Sterne: Tobias Grahn hat angefangen! Der Hertha-Profi wurde jüngst Vater und nannte seinen Sohn ernsthaft "Anakin" - so wie Bösewicht Darth Vader, bevor er durch den Inhalator atmete. Aber was ist dann mit Darth Maul? Ist das ein Sohn von Ronny Maul, heute Rot-Weiß Ahlen, früher Bösewicht bei Hansa Rostock? Oder Jar Jar - ein Urahn von Torsten Frings? Und Chewbacca? Was geht da mit Ionnis Amanatidis? Oder C3PO und R2D2 - zwei uneheliche Kinder von Franz Beckenbauer aus Ostwestfalen? Schlimm? Es ginge noch viel schlimmer! Also bitte, liebe Bundesliga, Schluss jetzt mit dem Mai-Modus!

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