Der Zen-Master und die It-Girls

Von Stefan Rommel
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© Imago

München - Was für ein Spieltag... was für eine Langeweile! Die Bayern remisieren ihren Vorsprung weiter aus, man glaubt es kaum. Und die Kellerkindlein haben gezeigt, wie ein Zwergenaufstand aussieht.

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Ansonsten war eigentlich nicht viel, außer acht Heim-Trotteln (nur ein Sieg für die Gastgeber). Ein Glück, dass es abseits des großen Glamours auch noch mehr oder weniger Triviales gibt - wie immer zusammengefasst in der Alternativen Liste des Spieltags.

 

1. Mode von Mama: Ängstliche Nachfrage von Stuttgarts Horst Heldt ins Premiere-Studio: "Äh, mir wurde gesagt, dass ich meine braune Strickjacke ausziehen soll. Die passt wohl nicht zum Bild." Hatte ihm Mutti wohl rausgelegt. Nee Horst, war schon okay. Befanden auch Moderator Jan Henkel und Studiogast Fredi Bobic. Strickjäckchen zum Frühlingsauftakt passt schon und sieht auch keck aus.

2. Erfindungen aus Baden: Klaus Augenthaler ist ja mal auf der Bayern-Bank während des Spiels eingepennt. Der Auge aber Weißbier-schlau: "Hab nur auf die Uhr geschaut." Drei Minuten lang... Joachim Löw beugte solch Ungemach auf der Tribüne im Wildpark vor und erfand kurzerhand die badische Nasenbremse. Gut gestützt ließ sich das langweilige Treiben auf dem Platz eher ertragen. Ein echtes Cleverle, der Jogi.

3. Zen-Master David: Wer kennt die völlig sinnfreie Sendung "Fist of Zen" auf MTV...? Ha, erwischt! Für alle, die sie nicht kennen: Eine handvoll Jungs lassen sich für ein paar lausige Piepen jegliche Art von Schmerzen zufügen. Bei der alles entscheidenden Aufgabe am Ende tritt dann der fiese Zen-Meister höchstpersönlich an und malträtiert die Pubertiermasse - indem er den Jungs mittels eines Stricks die Kronjuwelen langzieht. So weit, so schlecht.

David Jarolim schaut die Sendung wohl auch regelmäßig. Der Sado-Grobian aus Tschechien griff Markus Schuler mit einem grässlichen Grinsen einfach mal ins Gemächt, fiiiemp! Geld gab's für Schuler nicht, nur ein paar richtig dicke... Aber lassen wir das.

4. Profi-Logik: Das muss man sich mal rein tun: "Wir waren insgesamt spielerisch klar besser und haben heute zwei Punkte verloren" (Sebastian Kehl, BVB). "Pah, wenn die zwei Punkte verloren haben, dann haben wir auch zwei Punkte verloren" (Benjamin Auer, VfL Bochum). Rechnen wir kurz noch mal zusammen: Endstand 3:3, jeweils ein Punkt für jeden. Macht zwei Punkte. Plus zwei verlorene für Dortmund, macht vier - und zwei verlorene für Bochum, macht sechs. Aus einem einzigen Spiel. Bleibt die Frage: Weiß die FIFA auch davon?

5. Verblüffendes aus Hannover, Teil 1: Jochen Rücker ist ein harter Knochen. Goalie, wie Rücker beim VfB nur heißt, treibt hart und unerbittlich die Penunzen ein, wenn ein Spieler mal in der Kabine telefoniert oder zu spät zum Training kommt. Vor allem aber sitzt er seit über 20 Jahren in kurzen Hosen auf der Bank. Immer. Bei jedem Wetter. In Wolgograd oder Spitzbergen. Aber nicht bei 15 Grad über Null in Hannover: Rücker in einer langen schwarzen Trainingshose. Falls jemand Näheres weiß, bitte unten posten!

6. Verblüffendes aus Hannover, Teil 2: Diese bauernschlauen Niedersachsen... Halbzeit in Hannover. Kaum waren die Mannschaften im Kabinentrakt verschwunden, warf 96-Greenkeeper Michael Meyer die Sprenkelanlage an. Allerdings überschwemmte er nur die Hälfte, auf der der VfB in der zweiten Halbzeit ran musste. Ein wahrhaft teuflischer Plan - aber nicht mit den ebenfalls bauernschlauen Schwaben. Die erspähten die Hinterlist prompt und geißelten das Vorgehen energisch. Macht man auch wirklich nicht.

7. Haupthaar, akkurat: Jimi Blue, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Paris Hilton und Oliver Kahn. Was für ein Lineup auf der Wetten-dass-Couch! Der Olli hat ja jetzt einen neuen Werbevertrag für eine Haarpflegeserie, man munkelt was von Wellaflex Men. Entsprechend akkurat war auch die Matte drapiert. Mit seinem Haar-Vordach könnte Kahn locker bei den Leningrad Cowboys einsteigen. Aber immerhin: Neben den beiden It-Girls Paris Hilton und Thomas Gottschalk machte der Titan im Blondinenhagel der Dauerwerbesendung eine tolle Figur.

8. Haupthaar, wuschelig: Manchmal haben Niederlagen auch was Gutes. Die kathartische Wirkung ist bekannt, beim nächsten Mal wird alles besser und so. Herthas Fabian Lustenberger hatte einen schicken Kurzhaarschnitt für den Fall einer Niederlage angekündigt. Nun hat das 1:2 in Cottbus gleich einige schöne Nebeneffekte für ihn:

1.) Einige lästige Haustierchen sind mit einem Schlag verschwunden. 2.) Er wird bald nicht mehr mit Sideshow Bob von den Simpsons verwechselt. 3.) Die erworbenen Goldlocken lassen sich prima in ein Stück Stoff wickeln und als Kuschelkissen benutzen. 4.) Er spart sich tausende von Euro für teure Haarpflege-Sets - da kann der Kahn noch so für werben.

9. Der Maik aus Nürnberg: Er bezeichnet sich selbst als den Cousin von Ribery. In Wirklichkeit ist er aber die fieseste Ausgabe des Kreisliga-Verteidigers, den die Liga zu bieten hat. Wer Nürnbergs Jacques Abardonado spielen sieht, muss dem Franzosen jegliche Verwandschaftsgrade zum anderen Franzosen absprechen. Da wird geholzt und gezwickt, das Publikum gepusht und die Mitspieler angeschrien. Wenn Pancho nicht das Zeug zum Publikumsliebling hat, wer dann? Und wer zum Teufel war bitteschön nochmal Maik Franz?

10. Scott and Cacau: Igittigitt, Cacau. Zu 75 Prozent besteht der erwachsene Mensch aus Wasser. Für Cacau offenbar etwas zu viel des kostbaren Nass. Der Brasilianer rotzte in Hannover derart oft und beherzt auf den Boden, als müsste er das Grün ganz alleine bewässern. Bindfäden regnete es, richtig schlonziges Zeug. Wer schon mal dieses sabbernde Etwas von Hund bei Scott and Hooch gesehen hat, weiß genau Bescheid. Ein Albtraum für alle Knigge-Freunde. Wir küren Cacau jetzt einfach mal zum Lama der Liga.

11. Hihihi und hohoho: Die Schadenfreude hat sich ihren Weg gebahnt in die Ethymologie des Englischen, Französischen, Italienischen, Spanischen, Portugiesischen und sogar Polnischen.

Sie macht uns Spaß, darf aber eigentlich nicht sein. Wie ein Besuch in der Strip-Bar. Bremens Fans und die vom HSV übertrafen sich am Samstag in Häme und Spott für den ungeliebten Nachbarn. Eigentlich ganz schön armselig, waren die Zwischenstände aus den anderen Stadien doch das einzig erfreuliche an einem jämmerlichen Nachmittag. Aber wie sagte schon Wilhelm Busch: "Der klugen Leute Ungeschick, stimmt uns besonders heiter; man fühlt doch für den Augenblick, sich auch einmal gescheiter." In diesem Sinne: Eine fröhliche Woche.

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