Es ist fast schon Tradition, dass es nach einem Besitzerwechsel einen großen Trade gibt. Zuletzt war das in Minnesota der Fall, als unter anderem MLB-Legende Alex Rodriguez die Wolves kaufte und kurz darauf Rudy Gobert aus Utah losgeeist wurde. In Phoenix übernahm kürzlich der Milliardär Mat Ishbia die Kontrolle und ein größeres Antrittsgeschenk kann man wohl kaum machen.
Niemand geringeres als Kevin Durant wird zu den Suns wechseln, dafür gibt Phoenix fünf Erstrundenpicks sowie die drei Flügelspieler Cam Johnson, Mikal Bridges und Jae Crowder ab. Mit Durant wird auch der Ex-Sun T.J. Warren in die Wüste zurückkehren.
Kevin Durant nach Phoenix: Der Trade in der Übersicht
Suns erhalten | Nets erhalten |
Kevin Durant | Mikal Bridges |
T.J. Warren | Jae Crowder |
- | Cam Johnson |
- | 4 First Rounder (2023, 2025, 2027, 2029) |
- | Pick-Swap (2028) |
Der Trade aus der Sicht der Phoenix Suns
Mit gut sieben Monaten Verspätung hat es dann doch geklappt. Schon im Sommer liebäugelte Durant mit einem Wechsel nach Phoenix, nach dem Kyrie-Irving-Trade ließen die Nets ihren Superstar dann doch gehen. Damit verändert sich die Landschaft der NBA erneut massiv und macht die Suns über Nacht zu einem der heißesten Anwärter auf den Titel.
Dabei spielt es auch keine Rolle, dass KD nach seiner Innenbandverletzung noch ein paar Spiele fehlen wird. Die Suns haben sich nach einem zwischenzeitlichen Tief gefangen und belegen schon wieder Platz fünf im Westen (Bilanz: 30-26), das ist eine gute Ausgangsposition für die letzten Saisonwochen, in welchen sich das Team eingrooven kann, ohne die ganz großen Sorgen um das mögliche Verpassen der Postseason zu haben.
Für Durant wurde nicht nur der komplette eigene Draft, sondern auch fast die komplette Flügelrotation geopfert. Das ist aber der Preis, den man für einen der besten fünf Spieler der NBA zahlt. Gerade der Abgang von Bridges schmerzt, da dieser einen sehr guten Deal ("nur" 22,5 Mio. jährlich) hatte, doch Brooklyn hatte scheinbar kein Interesse an Deandre Ayton, den Phoenix sicherlich lieber abgegeben hätte.
So verbleiben neben Durant nur noch Torrey Craig, Dario Saric, T.J. Warren und Josh Okogie, das ist nicht viel, gleichzeitig aber eben auch Jammern auf dem allerhöchsten Niveau. Mit Durant und Booker haben die Suns nun zwei der besten Iso-Scorers der NBA - und auch den Point God, der es weiterhin wie kein anderer versteht, seine Mitspieler bestmöglich einzusetzen.
Genau das wird auch die Rolle von Paul sein. Phoenix ist nun nicht mehr davon abhängig, dass CP3 in den Playoffs wie zu besseren Zeiten abliefert. Stattdessen wird der 37-Jährige dafür sorgen, dass der Ball läuft und KD sowie Booker ihre Touches bekommen, wo sie am besten sind. In den vergangenen Wochen hatte sich bereits abgezeichnet, dass Pauls Offense für ein Spitzenteam nicht mehr gut bzw. nicht konstant genug war.
Durch Durant haben die Suns nun über 48 Minuten zumindest einen Shot Creator der Extraklasse auf dem Feld. Dazu dürfte dieses Team in engen Spielen stets einen Vorteil haben, eben weil zwei solch grandiose Scorer in einer Mannschaft zusammenspielen.
Eine andere Frage ist, wie Ayton in all das passt. Der Center war in der Vergangenheit gerne der Sündenbock der Suns, wenn es nicht lief. Gleichzeitig lieferte Ayton mit teils lustlosen Verstellungen oder schweren Konzentrationsfehlern immer wieder Futter für seine Kritiker. Es ist möglich, dass die Suns in gewissen Situationen auch auf ihren Big verzichten und lieber Small Ball mit Durant als Fünfer präferieren.
Ganz ohne Ayton wird es dennoch nicht funktionieren, der sensible Center muss bei Laune gehalten werden, damit er defensiv auch sein Potenzial abruft. Durant kann zwar auch den Korb beschützen, doch mit Bridges ging ein All-Defense-Wing und CP3 war schon im Vorjahr in den Playoffs eine Zielscheibe, man erinnere sich nur an die Serie mit Dallas.
Mit so einer Offense kann man aber den ein oder anderen Korb abgeben, so viel ist sicher. Gerade für mögliche Duelle mit Denver, Dallas oder Memphis sollten die Suns bestens aufgestellt sein, einzig die Clippers mit ihrer Flügelzange aus Kawhi Leonard und Paul George oder ein fittes Warriors-Team scheinen in der Lage, eine solche Power einigermaßen in den Griff zu bekommen.
Der Kader der Phoenix Suns in der Übersicht
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Chris Paul | Devin Booker | Torrey Craig | Kevin Durant | Deandre Ayton |
Cameron Payne | Damion Lee | T.J. Warren | Dario Saric | Bismack Biyombo |
Saben Lee (TW) | Landry Shamet | Josh Okogie | Ish Wainright (TW) | Jock Landale |
Und wer weiß, womöglich legen die Suns noch einmal nach. Die Jahre, als Ex-Besitzer Robert Sarver jeden Dollar umdrehte, sind erst einmal vorbei. Die Suns sind so noch einmal attraktiver geworden und könnten sich auf dem Buyout-Markt noch einmal Verstärkung holen. Gleich zwei Rosterspots wären noch zu vergeben.
An der Bereitschaft, Geld in die Hand zu nehmen, sollte sowieso keiner mehr zweifeln. Durch den Durant-Trade nehmen die Suns sogar noch einmal über 10 Millionen Dollar extra auf, was Ishbia eine zusätzliche Rechnung von 35 Millionen Dollar beschert, sollten die Suns nicht noch durch einen weiteren Trade etwas sparen.
Durant dürfte das wert sein, auch wenn es nicht ohne Risiko ist. Paul (37) und Durant (34) haben immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen, gerade bei CP3 könnte es schnell bergab gehen. Die Suns gehen hier All-In und werden vielleicht zwei Jahre, diese Saison eingeschlossen, haben, um endlich den ersten Titel der Franchise-Geschichte einzufahren.
Der Trade aus der Sicht der Brooklyn Nets
Das haben die Nets mit Durant, Irving und zwischenzeitlich James Harden vergeblich versucht. Trotz gleich drei Hall of Famern ist das Experiment in Brooklyn, alle Macht in die Hände der Stars zu legen, krachend gescheitert. Eine einzige Playoff-Serie gewannen die Nets seit 2019, das ist ein Debakel, dafür wurde Stoff für gleich mehrere Bücher produziert. Mit dem KD-Trade machen die Nets einen klaren Schnitt und werden einen Umbruch einleiten.
Die Ironie dabei ist, dass Brooklyn über Jahre immer ein kleines Team stellte, welches außer Durant auf dem Flügel kaum etwas anzubieten hatte. Nun quillt der Kader vor Flügelspielern völlig über. Womöglich wird man in Cleveland mal durchklingeln und schauen, was man für einen dieser zahlreichen Wings bekommen kann.
So oder so haben die Nets durch den Trade zumindest einen Teil ihrer verloren gegangenen Picks wieder reingeholt und werden noch heute die Chance bekommen, mehr Picks zu akquirieren oder das Team anderweitig umzumodeln. Man muss nur einen Blick auf den Kader werfen, um zu sehen, dass dieses Team in dieser Zusammenstellung kaum Sinn ergibt.
Der Kader der Brooklyn Nets in der Übersicht
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Ben Simmons | Spencer Dinwiddie | Mikal Bridges | Royce O'Neale | Nic Claxton |
Patty Mills | Cam Thomas | Joe Harris | Dorian Finney-Smith | Day'Ron Shape |
Edmond Sumner | Seth Curry | Cam Johnson | Jae Crowder | - |
- | - | Yuta Watanabe | - | - |
Immerhin konnten mit Bridges und Johnson zwei Flügelspieler geholt werden, die Teil der nächsten Nets-Teams sein sollten, Cam Thomas blühte als Scorer in der vergangenen Woche auf und markierte drei 40-Punkte-Spiele am Stück. Zusammen mit Nic Claxton als Center ist das ein Anfang, sodass Brooklyn nicht mehr in der Lottery landen wird. Der Vorsprung auf Platz elf beträgt immerhin schon 7 Spiele.
Das ist keine schlechte Position und sollte den Nets für die kommenden Stunden eine gute Verhandlungsbasis liefern. Flügelspieler sind begehrt, die Nets haben gleich acht davon in ihrem Kader, alle sind gestanden. Und wenn man es mal in die andere Richtung dreht, ist Brooklyn mit diesem Kader von der Spitze gar nicht soweit entfernt. Star Power und der ein oder andere Guard fehlt, ansonsten sind viele Teile eines möglichen Titelanwärters schon vorhanden.
Mit den vorhandenen Assets könnte es theoretisch klappen, auch wenn das vermutlich nicht die Richtung sein wird, die Brooklyn einschlagen wird. Eines steht zumindest fest. Nach diesem Donnerstag wird nach fast vier Jahren Drama, Chaos und jeder Menge Seifenoper endlich wieder Ruhe rund um das Barclays Center einkehren.
Wobei: Ben Simmons ist ja immer noch im Kader ...