Die Finalneuauflage und ein Clasico

Max Marbeiter
15. Mai 201317:17
Pero Antic gewann 2012 mit Olympiakos die Euroleaguegetty
Werbung
Werbung

Das Euroleague Final Four in London beginnt mit den Halbfinals (ab 17.45 Uhr im LIVE-TICKER). Die Duelle zum Auftakt könnten kaum emotionsgeladener sein. Zunächst bestreiten ZSKA Moskau und Olympiakos die Neuauflage des dramatischen Finals aus dem Vorjahr, danach steht der Clasico zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona Regal an.

Real Madrid

Die Ausgangslage: In den 60er und 70er Jahren zählte Real zu den absoluten Dominatoren im europäischen Basketball. Zwischen 1964 und 78 ging der Euroleague-Titel nicht weniger als sechs Mal in die spanische Hauptstadt. Seither gab es für die Königlichen allerdings nicht mehr viel zu holen. Letztmals gewann Madrid 1995 die Euroleague und benötigte im Anschluss satte 18 Jahre, um überhaupt wieder ins Final Four einzuziehen. Auch die letzte Meisterschaft in der heimischen Liga liegt bereits sechs Jahre zurück.

In diesem Jahr scheint Real allerdings endlich wieder die richtige Erfolgsformel gefunden zu haben. Mit insgesamt 17 Siegen bei 7 Niederlagen marschierten die Königlichen bis ins Top 8. Nun hätte Maccabi Tel Aviv durchaus eine Hürde darstellen können - das taten die Israelis aber nicht. Mit durchschnittlich knapp 17 Punkten Vorsprung gewannen die Madrilenen ihre drei Spiele und durften damit als erstes Team ihre Hotelzimmer in London buchen. SPOXGetty

Das Bemerkenswerte: Angesichts des von Coach Pablo Laso vorgegebenen Run-and-Gun-Stils gilt Real im Grunde als reines Offensivteam. Gegen Maccabi bewiesen die Spanier allerdings ihre Qualitäten am defensiven Ende des Courts. Durchschnittlich nur gut 57 Punkte gestattete Madrid Tel Aviv, kein Final-Four-Teilnehmer verteidigte im Top 8 effektiver.

Dabei besitzt das Team mit dem ehemaligen Denver Nugget Rudy Fernandez, Sergio Llull, Sergio Rodriguez und Nikola Mirotic ein vielfältiges Arsenal an Offensivoptionen. Zwar hat man dazu bewiesen, dass die Defense höchsten Standards entspricht, übermütig werden die Madrilenen deshalb allerdings noch lange nicht.

"Wir haben ein gutes Team und sind ebenso bereit für den Titel zu kämpfen wie die anderen drei Mannschaften", erklärt Mirotic gegenüber SPOX. "Auf diesem Level gibt es allerdings keine leichteren oder schwächeren Teams mehr. Wir haben uns alle während der regulären Saison, den Top 16 und den Playoffs bereits bewiesen. Deshalb haben alle die gleiche Chance, den Titel zu holen."

Understatement hin, Respekt für die Konkurrenz her. So dominant, wie Real in dieser Saison auch in der heimischen Liga auftritt, dürfen sich die Königlichen sicherlich ernsthafte Chancen auf den Titelgewinn ausrechnen.

Nun wäre Sport jedoch nicht Sport, wenn nicht ausgerechnet der Erzrivale den Traum vom ersten Euroleague-Titel seit 18 Jahren frühzeitig zerstören könnte. Im Halbfinale des Final Four trifft Real nämlich zunächst auf den FC Barcelona Regal, Spaniens internationales Aushängeschild der letzten Jahre. In der Liga hat man die Katalanen immerhin schon einmal hinter sich gelassen und zudem das letzte, wenn auch wenig aussagekräftige Duell vor dem Aufeinandertreffen in London für sich entschieden.

Player to Watch: Rudy Fernandez bringt einiges an NBA-Erfahrung mit und zählt vielleicht zu den talentiertesten Spielern in Reals Kader. Doch es war Sergio Llull, der Madrid zu großen Teilen durch den April trug. In vier Spielen - davon drei in den Playoffs gegen Tel Aviv - erzielte der Combo Guard im Schnitt 15,8 Punkte, traf 56,5 Prozent seiner Dreier und verteilte 3 Assists. Zur Belohnung ernannte ihn die Euroleague zum wertvollsten Spieler des Monats. Angesichts der Matchups gegen Barcelona wird Llull in London besonders gefordert sein. Bei den Katalanen warten schließlich keine geringeren als Juan Carlos Navarro und Sarunas Jasikevicius.

Seite 1: Real Madrid im Check

Seite 2: Der FC Barcelona im Check

Seite 3: ZSKA Moskau im Check

Seite 4: Olympiakos Piräus im Check

FC Barcelona Regal

Die Ausgangslage: Das Final Four hat noch nicht einmal begonnen, da ereilte Barcelona auch schon die erste schlechte Nachricht. Nathan Jawai, einer der effektivsten Spieler der Saison, hat sich am Sonntag in der Liga am rechten Fuß verletzt und ist für das Halbfinale am Freitag fraglich.

Dabei verlief die Qualifikation für das Final Four ohnehin bereits deutlich ereignisreicher als erwartet. Nach insgesamt nur zwei Niederlagen während der regulären Saison und den Top 16 standen die Katalanen in Spiel 4 der Playoffs bereits kurz vor dem Aus. Panathinaikos hatte das zweite Spiel in Barcelona und den Heimauftakt gewonnen und benötigte lediglich einen weiteren Sieg zum Einzug ins Final Four.

Doch die Katalanen zählen nicht umsonst zu den erfolgreichsten Teams der letzten Jahre. Spiel 4 und 5 wurden gewonnen, und so steht Barcelona schlussendlich doch dort, wo es sich auch in den letzten Jahren regelmäßig aufhielt: unter den besten Teams Europas.

Mit Ausnahme von 2011, als sie in den Playoffs Panathinaikos unterlagen, standen die Katalanen in den letzten vier Jahren immer im Final Four. Speziell das Team von 2010 dient dabei zur Legendenbildung. Mit 20 Siegen bei nur zwei Niederlagen gewann die Truppe um Juan Carlos Navarro, Fran Vazquez, Erazem Lorbek, Pete Mickeal und Ricky Rubio die Euroleague souverän wie selten ein Team zuvor - insgesamt zum zweiten Mal.

Den ersten Titel überhaupt sicherten sich die Katalanen 2003 unter dem jetzigen Bayern-Coach Svetislav Pesic. Auch in dieser Saison schien Barcelona wieder auf bestem Wege zu sein, de Euroleague zu dominieren und verlor bis zu den Playoffs lediglich zwei Spiele.

Umso überraschender mutete das Beinahe-Aus gegen Athen an. Bedenkt man jedoch, dass Barca kurz vor den Playoffs Pete Mickeal wegen einer Lungenembolie verlor, erscheinen die Probleme allerdings in einem anderen Licht. Derzeit ist nicht klar, ob der US-Amerikaner seine Karriere wird fortsetzen können. Zunächst einmal ist er zur Behandlung in seine Heimat gereist. SPOX

"Wir können ihn nicht so einfach ersetzen", weiß auch Sarunas Jasikevicius. Gerade gegen den Erzrivalen aus Madrid könnte der Ausfall schwer wiegen. Zumal die Königlichen mit Sergio Llull, Sergio Rodriguez und Jayee Carroll eine der tiefsten Guard-Rotationen der Euroleague besitzen.

Anders als die Katalanen hat dagegen noch kein einziger Madrilene jemals die Euroleague gewonnen. Das könnte durchaus ein Vorteil für die Mannschaft rund um Juan Carlos Navarro sein.

Player to Watch: Juan Carlos Navarro. Der Spanier zählt zu den begnadetsten Scorern im europäischen Basketball. In den Playoffs gegen Panathinaikos erzielte Navarro im Schnitt 16,6 Punkt und traf dabei knapp 47 Prozent seiner Würfe aus dem Feld. Dazu bringt er die Erfahrung aus diversen internationalen Turnieren mit der spanischen Nationalmannschaft sowie sechs spanischen Meisterschaften und zwei Euroleague-Titeln mit.

Seite 1: Real Madrid im Check

Seite 2: Der FC Barcelona im Check

Seite 3: ZSKA Moskau im Check

Seite 4: Olympiakos Piräus im Check

ZSKA Moskau

Ausgangslage: Finalniederlagen schmerzen immer. Ausnahmslos. Hat man den Titel allerdings bereits vor Augen und muss schlussendlich doch zusehen, wie die Konkurrenz die Trophäe gen Himmel reckt, ist der Schmerz sicherlich noch ein Stück intensiver. Viel schmerzhafter als Moskaus Pleite im letztjährigen Endspiel gegen Olympiakos kann eine Final-Pleite jedenfalls kaum sein.

Zwölf Minuten waren noch zu spielen, einen 19-Punkte-Vorsprung hatten sich die Moskowiter bis dahin erspielt, ehe der krasse Außenseiter aus Piräus eines der vielleicht denkwürdigsten Comebacks der Euroleague-Geschichte startete und am Ende doch noch als Sieger vom Parkett ging. Nur gut also, dass man sich im Sport wie im Leben immer zwei Mal sieht.

Diesmal trifft ZSKA allerdings bereits im Halbfinale auf die Griechen, doch erneut sind die Rollen klar verteilt. Nach 23 Siegen und nur fünf Niederlagen geht Moskau wieder als klarer Favorit in das Duell gegen Olympiakos.

Dabei hat sich das Team der Russen im Vergleich zum vergangenen Jahr grundlegend verändert. Mit Alexej Shved und Andrej Kirilenko sind zwei der absoluten Leistungsträger Richtung NBA abgewandert. Mit Kirilenko fehlt sogar der MVP der vergangenen Saison.

Dafür hat Moskau jedoch den Mann zurückbekommen, der bereits beim letzten Euroleague-Titel an der Seitenlinie stand. Nach vier Jahren ist Ettore Messina in die russische Hauptstadt zurückgekehrt und soll ZSKA nun zum siebten Titel führen. Und so schlecht stehen die Chancen nicht. Schließlich erreichte der Coach in 16 Jahren Euroleague stolze neun Mal das Finale.

Dazu haben die Moskowiter mit Milos Teodosic einen der wahrscheinlich besten, mit Sicherheit aber den kreativsten Aufbauspieler Europas in ihren Reihen. Garniert wird der Serbe von Theodoros Papaloukas, Victor Khryapa sowie dem ehemaligen Boston Celtic Nenad Krstic, der in dieser Saison mit einem Wert von 17,9 das höchster Player Index Rating aller Spieler aufweist. SPOXGetty

Nenad Krstic im SPOX-Interview

Nimmt man nun die 23 Siege während der Saison sowie das überzeugenden 3:1 in den Playoffs gegen Tibor Pleiß' Caja Laboral hinzu, geht Moskau vielleicht sogar ins gesamte Final-Turnier als Favorit.

Player to Watch: Milos Teodosic. Wohl kaum ein Spieler wandelt derart zielsicher zwischen Genie und Wahnsinn wie der Serbe. Als Spielmacher ist Teodosic absolut genial, was nicht zuletzt seine fünf Assists und 13 Punkte inklusive überragender Quoten (62,5 Prozent FG, 47,4 Prozent 3er) belegen. Hin und wieder geht jedoch sein Gemüt mit ihm durch. Inzwischen hat sich der Aufbau auf dem Court allerdings besser im Griff.

Seite 1: Real Madrid im Check

Seite 2: Der FC Barcelona im Check

Seite 3: ZSKA Moskau im Check

Seite 4: Olympiakos Piräus im Check

Olympiakos Piräus

Ausgangssituation: So schmerzhaft die Final-Pleite im vergangenen Jahr für Moskau gewesen sein muss, so überbordend war die Freude in Piräus. Abgesehen davon, dass ihnen niemand auch nur den Einzug ins Final Four zugetraut hatte, begannen die Griechen auch das Endspiel als absoluter Außenseiter.

Dass am Ende dennoch der zweite Euroleague-Titel der Vereinsgeschichte stand, kann man in Piräus auch im Jahr danach noch nicht richtig fassen. Zu groß waren die finanziellen Probleme gewesen, zu stark der Gegner. "Wir steckten eigentlich noch mitten im Rebuild", erzählt Vassilis Spanoulis im SPOX-Interview.

Der Guard war es schließlich auch, der Olympiakos mit seiner herausragenden Vorstellung in den letzten zehn Minuten zum Sieg führte. Nun geht Piräus also als amtierender Titelträger ins Final Four, an den Vorzeichen hat sich allerdings dennoch wenig geändert.

Angesichts der schier übermächtigen Moskowiter, die nach der Pleite aus dem vergangenen Jahr sicherlich mit dem Extraschuss Motivation ins Halbfinale gehen werden, gilt Olympiakos erneut als Außenseiter.

Dabei haben die Griechen mit Kostas Papanikolaou den Gewinner der diesjährigen Rising Star Trophy in ihren Reihen. Der 22-Jährige trifft in dieser Saison starke 52,7 Prozent seiner Dreier, sammelt pro Spiel neun Punkte und greift sich 4,5 Rebounds.

Unangefochtener Leader der Griechen bleibt jedoch Vassilis Spanoulis. Der Guard zählt schon seit Jahren zu den besten Basketballern des Kontinents und ist auch in dieser Spielzeit wieder von unschätzbarem Wert für Piräus. In den Playoffs gegen Anadolu Efes, die Olympiakos erst im fünften Spiel für sich entschied, hatte Spanoulis jedoch arge Probleme mit seinem Wurf. Nur 12 Prozent seiner Dreier fanden schlussendlich ihren Weg durch den Ring, mit 10,4 Punkten blieb er knapp 4 Zähler unter seinem Saisonschnitt.

Player to Watch: Vassilis Spanoulis. Der Guard zählt auch in diesem Jahr wieder zu den besten Spielern der Euroleague und wurde ins First Team gewählt. Oft kommt Olympiakos so weit, wie Spanoulis es trägt. Läuft er heiß, ist der Grieche kaum noch zu stoppen und trifft selbst unmöglichste Würfe. Allerdings muss er bis zum Halbfinale gegen Moskau seinen Distanzwurf in den Griff bekommen.

Seite 1: Real Madrid im Check

Seite 2: Der FC Barcelona im Check

Seite 3: ZSKA Moskau im Check

Seite 4: Olympiakos Piräus im Check