"Kein Zugriff auf meine Gefühle"

SID
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© Getty

Mainz - Für Mainz ging am Sonntag nicht nur die Zweitliga-Saison zu Ende. Durch den knapp verpassten Aufstieg endete auch die 18-jährige Mainzer Ära von Jürgen Klopp.

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Der Mainzer Kulttrainer war nach dem Schlusspfiff sichtlich aufgewühlt, seine Entscheidung wollte er aber nicht mehr überdenken. "Die Entscheidung steht, mich umzustimmen hat keinen Sinn mehr. Es wird so schon schwer genug", sagte der 40-Jährige mit zitternder Stimme und den Tränen nahe. Seine Mannschaft hatte noch einen Versuch gestartet, ihn zum Bleiben zu bewegen - vergebens.

"Ich habe viel darüber nachgedacht. Es wird schwer, das alles zu verarbeiten", meinte Klopp, der sein Gefühlsleben nicht beschreiben konnte. "Ich hoffe, ich schaffe das noch, ich habe gerade keinen Zugriff auf meine Gefühle", sagte der scheidende Trainer.

Fans huldigten Klopp

Nur im Aufstiegsfall hätte Klopp seine Mainzer Zeit um ein weiteres Jahr verlängert. Und sein Team erledigte gegen den FC St. Pauli die Hausaufgaben auf beeindruckende Art und Weise. 5:1 (3:0) hieß es nach Toren von Felix Borja (10.), Srdjan Baljak (14.,28.,87.), und Daniel Gunkel (60.) sowie dem Gegentreffer von Florian Bruns (86.) am Ende.

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Ein Sieg für die Statistik, weil Konkurrent 1899 Hoffenheim die SpVgg Greuther Fürth mit 5:0 abfertigte und noch vor dem 1. FC Köln auf den zweiten Platz  vorrückte. Für die Mainzer blieb - wieder einmal - nur der undankbare vierte Platz und die Gewissheit, in der neuen Saison einen neuen Anlauf auf die Bundesliga zu starten. "Wir haben ein paar Punkte zu viel liegen gelassen", sagte Klopp, mit dem auch Co-Trainer Zeljko Buvac Rheinhessen verlassen wird.

Die 20.300 Zuschauer im ausverkauften Bruchwegstadion huldigten Klopp noch lange nach Spielschluss. "You never walk alone" wurde intoniert, Klopp und seine Mannschaft mussten für ein letztes "Humba" zu den Fans.

"Mainz ist der geilste Verein"

Allein nahm der 40-Jährige die Ovationen - auch die der St. Pauli Fans - entgegen und kämpfte mit den Tränen. "Ich bleibe immer ein Mainzer, das ist der geilste Verein", hatte er seinem Präsidenten Harald Strutz noch auf dem Platz zugeraunt.

Die 05er und auch die Stadt Mainz wollen es sich nach den emotionalen Momenten direkt nach Abschluss der Zweitliga-Saison nicht nehmen lassen, sich gebührend von dem Mann, der dem FSV nach vergeblichen Aufstiegs-Anläufen das Aufstehen lehrte und dem Klub drei Bundesliga-Jahre bescherte, zu verabschieden.

"Wenn ich diese Atmosphäre erlebe, habe ich gleich wieder Lust, die nächste Aufgabe anzugehen", sagte Abwehrspieler Marco Rose, der zum Saisonabschluss wegen eines Bänderrisses nur Zuschauer war.

Er bescheinigte sich und seinen Mitspielern eine ordentliche Saison, verhehlte aber auch nicht die große Enttäuschung.

Noch kein Kontakt zu Nachfolger 

"Aber Zuschauer und Spieler sind hier eine Einheit, das gibt Zuversicht", meinte Rose, der Klopp ebenfalls empfahl, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Präsident Strutz will die Ereignisse erst einmal sacken lassen. "Die Begeisterung der Fans hilft, aber ich muss alles erst einmal verdauen", sagte der Jurist, der betonte, dass es noch keinen Kontakt zu einem Nachfolger für Klopp gegeben habe.

Gerüchteküche brodelt 

Als erste Kandidaten werden Bruno Labbadia vom Ligarivalen SpVgg Greuther Fürth, Markus Schupp, bislang Co-Trainer von Huub Stevens beim Hamburger SV, der bei Energie Cottbus entlassene Petrik Sander und der Mainzer Junioren-Trainer Jürgen Kramny gehandelt.

"Wir haben hier hervorragende Strukturen geschaffen. Es gibt nur wenige Trainer, die nicht hier arbeiten wollten", sagte Manager Christian Heidel. Tief in seinem Inneren hofft er aber immer noch auf eine märchenhafte Wendung.

"Mein Handy ist jede Nacht an. Wenn Jürgen auf die Idee kommt, doch zu bleiben, kann er mich jederzeit anrufen", erklärte der Manager. 

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