Die Arbeit des Aufbauhelfers

Die Truppe von Borussia Dortmund vor einer Trainingseinheit in Bad Ragaz
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Verteidigungsverhalten: Dauerfeuer mit Wettbewerbscharakter

Die Mannschaft machte während des Trainings einen lernwilligen Eindruck, die neuen Einflüsse scheinen dankbar aufgenommen zu werden - selbst wenn manche Einheit die Zwei-Stunden-Grenze überschritt und hoch intensiv war.

Tuchel wählte in den Tagen in der Schweiz jedoch nicht nur die harte Gangart. Das Trainerteam muss sich während dieser Startphase nämlich auch selbst disziplinieren.

Tuchel weiß um die Gefahr, seine Belegschaft gerade jetzt zu Beginn mit zu viel Theorie und neuen Ansätzen zu überladen. Die Vorbereitung ist kurz, der Pflichtspielstart am kommenden Donnerstag in der Europa-League-Qualifikation beim Wolfsberger AC (Do., 21.05 Uhr im LIVE-TICKER) hat demnach große Auswirkung auf die Belastungssteuerung. Die Arbeit an den grundsätzlichen Abläufen und Spielprinzipien wird den BVB, so ist sich Tuchel sicher, die gesamte Hinrunde über begleiten.

Hummels brennen die Oberschenkel

Dies gilt insbesondere auch für das Verteidigungsverhalten seiner Spieler - sowohl individuell, als auch gruppentaktisch. Dies war im Vorjahr eine der größten Baustellen des BVB.

Auch die Testspiele unter Tuchel förderten bisweilen zu Tage, dass sich die Borussia noch auf einem sehr schmalen Grat befindet, was die Balance zwischen hochstehender Vorwärtsverteidigung und der Absicherung im Rücken angeht.

Um gegnerische Angriffe im direkten Duell abzuwehren, ließ Tuchel eine Übung ablaufen, über die Kapitän Mats Hummels anschließend sagte: "So ein langes Eins-gegen-eins, bei dem die Oberschenkel einfach nur noch die ganze Zeit brennen, habe ich zum letzten Mal in der U15 gemacht."

Tuchel ließ dabei 45 Minuten lang nicht locker. Er schickte Angriffs- und Abwehrspieler in einen abgesteckten Strafraum, die wartenden Akteure am Rande des Feldes betätigten sich als Passspieler.

Dauerfeuer mit Wettbewerbscharakter

Derjenige, der verteidigen musste, trug einen Gegenstand in den Händen, um nicht die Möglichkeit zu haben, seinen Kontrahenten am Trikot zu zupfen. Erfolgte der Abschluss des Angriffsspielers oder wurde erfolgreich verteidigt, rollte sofort der nächste Ball in die Mitte.

Tuchel stachelte beide Spieler während der intensiven Intervalle, die nie länger als 30 Sekunden dauerten, zu heißen Zweikämpfen an und korrigierte in den kurzen Verschnaufpausen. Dabei achtete er penibel auf die Körperstellung des Verteidigenden - und ließ die Übung im Zwei-gegen-zwei wiederholen (siehe Video 3).

Ein Dauerfeuer für die Spieler, die sich jedoch vor allem mit dem Wettbewerbscharakter der Übungen anfreunden konnten. So wies Tuchel, der wie schon in Mainz praktiziert nie auf die gesamte Spielfeldgröße trainieren ließ, bei einer größeren Spielform an, dass das zuvor bereits erfolgreiche Team mit einem 1:0-Vorsprung in die neue Übung gehen darf - die Tore der in Rückstand befindlichen Mannschaft würden allerdings doppelt zählen. Ein Treffer wiederum findet nur dann Anerkennung, wenn die beiden letzten Ballberührungen jeweils direkt erfolgen. Das Abseits war aufgehoben.

Immer noch in der Kennenlernphase

Auch während der Zeit in der Ostschweiz machte der Trainer im Gespräch mit den Medien immer wieder deutlich, dass trotz der sichtbaren Fortschritte die gegenseitige Kennenlernphase noch nicht abgeschlossen sei.

"Wir werden erst lernen und verstehen müssen, welche Spieler welche Fähigkeiten einbringen, in welchen Räumen sie dies am liebsten tun und mit welchen Mitspielern ihnen das am leichtesten fällt", sagte Tuchel. Personell mischte er daher bewusst durch, auch um niemandem das Gefühl zu geben, "dass wir uns schon festgelegt hätten".

Die Rochaden, das Testen und wieder Verwerfen, das Neuartige im Alltag, das zur Gewohnheit werden soll - all dies dürfte sich in den nächsten Wochen mit unterschiedlichen Akzentuierungen fortsetzen. Für mangelnde Flexibilität in der Entscheidungsfindung ist Tuchel nämlich nicht bekannt - selbst am Ende einer "Top-Woche" nicht.

Seite 1: Tuchel und sein Selbstverständnis als "Aufbauhelfer"

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