Handball-WM - Panel: "Die WM hat das Potenzial, in einem historischen Desaster zu enden"

Alfred Gislason geht in sein erstes Turnier als Bundestrainer.
© imago images/Perenyi
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2. Für das DHB-Team ist maximal das Viertelfinale drin

Felix Götz: Rein sportlich betrachtet befinden sich Alfred Gislason und das DHB-Team in einer relativ komfortablen Lage. Durch die brutal schmerzhaften Ausfälle und Absagen kann niemand ernsthaft vom Einzug ins Halbfinale oder gar von einer Medaille reden. Der Druck ist also überschaubar. Muss das DHB-Team in dieser Konstellation in der Vorrunde die starken Ungarn schlagen? Nein! Ist man vom Papier her mit einem der wahrscheinlichen Hauptrundengegner, nämlich Spanien, auf Augenhöhe? Auf keinen Fall! Somit ist für mich klar, dass selbst das knappe Verpassen des Viertelfinales keine Katastrophe wäre. Für mich wäre der Einzug in die Runde der letzten Acht ein Erfolg und alles, was darüber hinausgeht, eine große Überraschung.

Thomas Weber: Gibt es keine großen Überraschungen im Turnierverlauf, trifft das DHB-Team im Viertelfinale auf Norwegen oder Frankreich. Beide zählen selbst ohne Nikola Karabatic beziehungsweise Magnus Röd zu den besten vier, fünf Mannschaften aktuell und sind somit im Vorteil gegenüber dem DHB-Team. Dennoch bin ich auch Fan und als solcher glaube ich an die Möglichkeit, Frankreich und im besten Falle auch Norwegen schlagen zu können. Unsere Jungs sind dank größtenteils fehlender Champions-League-Belastung ausgeruhter, funktionieren dank größtenteils fehlender Stars besser als Einheit und haben insgesamt gesehen bessere Torhüter-Teams als Norwegen und Frankreich. Es muss viel zusammenkommen, aber möglich sind das Halbfinale und mehr allemal.

Daniel Stephan: Auch hier kann ich mir selbst nicht so ganz treu bleiben. Einerseits muss man sich zumindest intern immer Ziele setzen. Ohne Ziele ist es schwierig, an die oberste Leistungsgrenze heranzukommen. Ich bin mir sicher, dass Alfred Gislason dies auch intern mit der Mannschaft besprechen wird. Seine öffentliche Aussage, dass man jetzt nicht vom Halbfinale sprechen kann, war aber vollkommen richtig. Es macht keinen Sinn, nach außen ein klares Ziel - was sonst immer obligatorisch das Halbfinale war - zu formulieren. Man muss erstmal abwarten, wie sich das Team findet. Der komplette Innenblock ist weg! Gegen Österreich haben sie zwei gute Spiele gemacht, aber man muss natürlich auch sehen, dass Österreich kein Gegner auf Augenhöhe war. Trotzdem lässt sich darauf aufbauen. Es stellen sich aufgrund der vielen Absagen einfach noch zu viele Fragen. Wie reagiert die Mannschaft unter echten Wettkampfbedingungen? Wie unter Druck, wenn es in entscheidende Phasen geht? Das sind Dinge, die man momentan nicht abschätzen kann.

Florian Regelmann: Bei dieser WM ist Deutschland meiner Meinung nach eine absolut klassische Viertelfinal-Mannschaft. Mehr ist nicht komplett ausgeschlossen, aber dafür müsste die Mannschaft in einen absolut bemerkenswerten Flow kommen und über sich hinauswachsen. Und weniger als Viertelfinale ist zwar theoretisch denkbar, ein mieser Tag gegen die Ungarn und schon hätten wir den Salat, aber so eine Enttäuschung sehe ich auch nicht kommen. Es ist für den DHB einfach bitter, dass ausgerechnet Pekeler und Wiencek fehlen. Jeder andere dürfte fehlen, aber nicht diese beiden. Deutschland ohne sein Abwehrbollwerk ist wie eine Mannschaft mit herausgerissenem Herzen. Das komplette Spiel basiert darauf, das wissen wir seit Jahren und dazu gibt es auch keinen Plan B. Deshalb werden alle mit dem Viertelfinale sehr zufrieden sein müssen.