Handball-WM - Panel: "Die WM hat das Potenzial, in einem historischen Desaster zu enden"

Alfred Gislason geht in sein erstes Turnier als Bundestrainer.
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4. Der größte Unterschied zwischen Gislason und Prokop ist...

Thomas Weber: Gislason steht vor dem Team, Prokop stand mittendrin. Die Ich-bin-einer-von-euch-Mentalität des ehemaligen Bundestrainers funktioniert in einer medial weniger beachteten Umgebung wie der Bundesliga. Gislasons breites Kreuz und seine Aura, wie es Juri Knorr beschrieben hat, wirken beim großen WM-Publikum allerdings deutlich weniger angreifbar. Eine Diskussion über vom Bundestrainer verwendete Spieler-Spitznamen wird es beispielsweise bei Gislason - anders als bei Prokop - niemals geben.

Daniel Stephan: Was Prokop angeht, habe ich lediglich immer meine ehrliche Meinung gesagt. Und die war, dass er meiner Ansicht nach insgesamt keinen guten Job gemacht hat. Persönlich hatte ich aber nie etwas gegen ihn. Es macht jetzt auch keinen Sinn mehr, groß zurückzublicken oder zu vergleichen. Wir haben jetzt Gislason und sollten uns freuen. Ich bin von seiner Arbeit schon jetzt angetan, auch wenn er noch gar nicht so viele Gelegenheiten hatte, sein Können zu zeigen. Er macht einen prima Job. Gislason verkörpert Routine, Fachwissen und Charakter. Der DHB ist mit seiner Verpflichtung einen großen Schritt vorangekommen. Er hat international einen großen Namen, selbst die Schiedsrichter haben großen Respekt vor ihm. Natürlich kann er nicht von heute auf morgen alles verändern. Aber ich habe schon jetzt das Gefühl, dass er die richtigen Hebel betätigt.

Felix Götz: Gislason traue ich zu, etwas mehr aus der Mannschaft herauszuholen, als eigentlich drinsteckt. Dieses Gefühl hatte ich bei Prokop nie - und das ist für mich der größte und wichtigste Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Bundestrainer. Gislason ist klar in seinen Aussagen, klar in seinen Entscheidungen, unaufgeregt und mit einem unglaublichen Erfahrungsschatz auf allerhöchstem Niveau ausgestattet. Das alles überträgt sich selbstverständlich ein Stück weit auf eine Mannschaft. Kurzum: Für mich ist Gislason der perfekteste Bundestrainer, den man sich aktuell nur vorstellen kann.

Alfred Gislason geht in seine erste WM als Bundestrainer.
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Alfred Gislason geht in seine erste WM als Bundestrainer.

Florian Regelmann: Wo soll man da anfangen? Der Vergleich ist schlicht und ergreifend nicht zulässig. Gislason ist für mich der Gregg Popovich des Handballs. Es gibt auf der Trainerposition keinen Besseren. Ganz ehrlich: Gislason ist der alles entscheidende Grund dafür, dass ich dieser Truppe das Viertelfinale überhaupt zutraue. Und mit ganz viel Gislason-Magie an einem fantastischen Tag vielleicht auch mehr. Gislason ist der Faktor. Er ist eine Autoritätsperson, bei der alle stramm stehen. Er ist der größte Trumpf des Teams. Bei allem Respekt: Wenn Prokop noch Bundestrainer wäre und immer noch in diesen zu großen Schuhen stecken würde, würde diese WM bei diesen Ausfällen sehr laut nach Debakel schreien.