BVB - Erkenntnisse nach dem Kantersieg gegen Köln: Borussia Dortmund muss sich gegen den FC Bayern beweisen

Von Tim Ursinus
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Borussia Dortmund grüßt nach dem Kantersieg über den 1. FC Köln vorübergehend von der Tabellenspitze, muss sich im Topspiel in München nach der Länderspielpause aber erstmal beweisen. Edin Terzic kann sich trotz der angespannten Personalsituation zudem auf nahezu alle seine Spieler verlassen - ein Sorgenkind bleibt allerdings. Die Erkenntnisse zum BVB-Triumph.

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Mit 6:1 überrollte der BVB die über weite Strecken der Partie überforderten Kölner, gleich mehrere Dortmunder rührten dabei die Werbetrommel in eigener Sache.

Das Titelrennen mit dem FC Bayern spitzt sich derweil zu. Der Rekordmeister kann am Sonntag mit einem Remis in Leverkusen aber wieder die Tabellenführung übernehmen. Bei einem Sieg würden die beiden Rivalen vor dem Duell am 1. April nach der nun anstehenden Länderspielpause zwei Punkte trennen. Es ist also alles angerichtet für den großen Showdown.

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BVB: Die womöglich vorerst letzte Chance auf die Meisterschaft

"Ich weiß, es ist ein sehr spannendes Thema. Wir wollen, dass die Leute das genießen, uns spielen zu sehen", sagte Edin Terzic über die BVB-Fans, die ihren Herzensverein während und nach dem Spiel lautstark feierten. "Das tut uns natürlich richtig gut."

Gleichzeitig schränkte der Coach aber auch ein, dass Dortmund schon seit 2019 am Ende eines Spieltages nicht mehr auf dem ersten Platz stand und fragte: "Also mit welchem Recht sollen wir jetzt sagen, dass wir am 34. Spieltag oben stehen?" Auch wenn das nicht bedeuten würde, dass sein Team nicht alles dafür geben werde, die jahrelange Dominanz des FC Bayern zu durchbrechen.

"Das müssen wir noch beweisen, letzte Woche hat es nicht so gut geklappt und in zwei Wochen haben wir die nächste Chance. Dann wollen wir ein richtig gutes Spiel zeigen", ergänzte Terzic und beschrieb mit seiner sehr verhaltenen Wortwahl in Richtung des deutschen Rekordmeisters ungewollt das Problem, was den BVB in den vergangenen Jahren eine weitere Meisterschale nach 2012 mitunter gekostet hat: In den entscheidenden Momenten versteckte sich die Borussia, das zeigten besonders die direkten Duelle gegen die Bayern.

In den letzten zehn Bundesliga-Aufeinandertreffen ging der BVB achtmal - teilweise deutlich - als Verlierer vom Platz. Den letzten Sieg gab es im November 2018 (3:2), in der Hinrunde dieser Spielzeit kam es nach einem Last-minute-Treffer zu einer glücklichen Punkteteilung. Wurde es in der Vergangenheit so richtig ernst, legte Dortmund trotz verschiedener Ausgangspositionen häufig Angsthasen-Fußball an den Tag - wie zum Beispiel 2019, als man einen Vorsprung von neun Punkten leichtsinnig verspielte oder auch stellenweise beim letztlich verdienten Ausscheiden in der Champions League gegen den FC Chelsea.

Am 1. April hat der BVB also nicht nur irgendeine Chance, wie aus Terzics Worten durchaus abzulesen ist, sondern DIE EINE. Die Borussen müssen sich in München nicht nur "beweisen", sie müssen liefern! Zumal auch alles andere als sicher ist, wie es in den kommenden Jahren um Dortmund steht.

BVB: Edin Terzic kann sich auch auf fast alle Spieler verlassen

Altgediente Spieler wie Mats Hummels oder Marco Reus unterschreiben entweder den letzten Vertrag ihrer Karriere oder verlassen den Verein womöglich. Jude Bellingham könnte im Sommer zum Transferobjekt Nummer eins in Europa werden und auch die Zukunft von einigen anderen Spielern ist ungewiss. Es gilt als nahezu sicher, dass der BVB sich im Sommer zumindest teilweise wieder neu strukturieren muss.

Das Spiel gegen Köln hat allerdings auch gezeigt, dass die Vorzeichen etwas anders sind als noch in der jüngeren Vergangenheit, wenn der BVB die Bayern vor der Brust hatte. Trotz der Ausfälle von gleich sechs Leistungsträgern (Julian Brandt, Karim Adeyemi, Gregor Kobel, Salih Özcan, Jamie Bynoe-Gittens und Emre Can) überzeugten auch die Spieler, die zuletzt unregelmäßig auf dem Platz standen.

"Alle wollen spielen, der Kader ist breit genug. Die Jungs, die spielen, können zeigen, was sie draufhaben", prophezeite Kevin Großkreutz schon Minuten vor dem Anpfiff am Sky-Mikrofon und sollte Recht behalten.

Beispielsweise Mahmoud Dahoud, der nach sieben Monaten mal wieder in der Startelf stand und sofort als Tonangeber im Dreier-Mittelfeld glänzte - und das, obwohl er bereits Gewissheit hat, dass sein auslaufender Vertrag im Sommer nicht verlängert wird. Oder ein Donyell Malen, der erneut auf einen ernüchternden Saisonverlauf zurückblickt und mit einem Tor und zwei Assists eines seiner besten Spiele für den BVB seit dem Wechsel aus Eindhoven machte.

Mit den 28 von 30 möglichen Punkten aus den letzten zehn Bundesligaspielen im Rücken, die auch Terzic stolz betonte, muss der BVB jetzt also in München demonstrieren, dass er reif für den Titel ist. Der Trainer ließ sich auch deshalb doch noch zu einer kleinen Kampfansage hinreißen: "Es ist schön, dass wir das letzte Drittel der Saison so einleiten können, dass es um die Wurst geht. Das wollen wir auch nutzen."

BVB gegen FC Bayern: Die letzten zehn Bundesliga-Duelle

SpieltagBegegnungErgebnis
28. Spieltag in der Saison 2017/18FC Bayern - BVB6:0
11. Spieltag in der Saison 2018/19BVB - FC Bayern3:2
28. Spieltag in der Saison 2018/19FC Bayern - BVB5:0
11. Spieltag in der Saison 2019/20FC Bayern - BVB4:0
28. Spieltag in der Saison 2019/20BVB - FC Bayern0:1
7. Spieltag in der Saison 2020/21BVB - FC Bayern2:3
24. Spieltag in der Saison 2020/21FC Bayern - BVB4:2
14. Spieltag in der Saison 2021/22BVB - FC Bayern2:3
31. Spieltag in der Saison 2021/22FC Bayern - BVB3:1
9. Spieltag in der Saison 2022/23BVB - FC Bayern2:2
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BVB muss mit Reus und Guerreiro verlängern

Neben Dahoud und Malen wussten auch zwei Dortmunder zu überzeugen, deren Verträge im Sommer auslaufen: Marco Reus und Raphaël Guerreiro.

Letzterer profitierte erneut von seiner neuen Position als Achter im Halbraum. Mit einem Treffer und zwei Torvorlagen stellte der Portugiese seine Offensivqualitäten, die er als Linksverteidiger in dieser Saison häufig vermissen ließ und durch Schwächen im Defensivspiel vermehrt negative Schlagzeilen machte, erneut eindrucksvoll unter Beweis.

Bei Guerreiro hatten die Zeichen vor und kurz nach der WM noch klar auf Abschied gestanden, inzwischen ist er jedoch ein wichtiges Puzzleteil von Terzics Mittelfeld-Idee mit einem klaren Sechser und zwei zentralen Mittelfeldspielern hinter der offensiven Dreierreihe. Deshalb sollen die Verantwortlichen um Sportdirektor Sebastian Kehl sich wieder mit dem Gedanken, das Arbeitspapier mit dem 29-Jährigen zu verlängern, angefreundet haben.

Laut den Ruhr Nachrichten würden sich beide Parteien derzeit im engen Austausch befinden. Eine Entscheidung soll zeitnah gefällt werden. Durch Guerreiros Einfluss in seiner neuen Rolle wäre alles andere als eine Weiterbeschäftigung ein Fehler.

Klarheit soll auch schon bald bei Reus herrschen. Noch vor dem Topspiel gegen die Bayern will der BVB entscheiden, ob der 33-Jährige mindestens ein weiteres Jahr im Ruhrgebiet bleibt.

Reus selbst stellte nach dem Köln-Spiel klar, dass es für ihn nur eine Option gibt. "Ich würde meine Karriere gerne hier beenden", sagte der Kapitän, der für eine Ausdehnung seines Kontrakts dem Vernehmen nach beachtliche Gehaltseinbußen in Kauf nehmen muss. Angeblich soll er statt zwölf Millionen Euro künftig nur noch die Hälfte verdienen.

Spätestens nach dem Triumph über Köln sollte klar sein: Selbst bei einer geringeren Gehaltskürzung wäre Dortmund gut beraten, mit Reus zu verlängern. Der Nationalspieler kann ein Spiel mit seiner Klasse jederzeit an sich reißen. Auch Terzic sprach sich zwischen den Zeilen für einen Verbleib aus: "Natürlich wünscht man sich, dass sich alles frühzeitig entscheidet."

Wie auch Guerreiro betrieb Reus kräftig Eigenwerbung. Neben seinen beiden Toren, die ihn zum alleinigen Rekordtorschützen des Vereins machten, glänzte der ehemalige Gladbacher mit einigen raumöffnenden Pässen. Abgesehen von einem neuen Vertrag sehnt sich Reus aber vor allem nach seiner ersten Meisterschale.

"Es war wichtig, wieder Tabellenführer zu werden und ein bisschen Druck zu machen. Und dann haben wir in zwei Wochen ein richtig geiles Spiel vor der Brust", erklärte er voller Vorfreude auf das Bayern-Spiel. Mit dem Wissen über eine sichere Zukunft würde Reus wohl noch ein bisschen fokussierter in den Kracher gehen.

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BVB: Anthony Modeste war ein riesiges Missverständnis

"Aus sportlicher Sicht hätte er bei uns bleiben müssen. Das wäre für alle das Beste gewesen, sagte FC-Trainer Steffen Baumgart über seinen ehemaligen Stürmer Anthony Modeste vor dem Spiel und traf damit den Nagel auf den Kopf.

Nach rund zwei Dritteln der Saison lässt sich mit Sicherheit sagen: Modestes Transfer zum BVB war ein riesiges Missverständnis. In 26 Einsätzen und über 1.200 Minuten Spielzeit kommt der Franzose bislang auf lediglich zwei Tore und einen Assist. Dazu wirkt er in nahezu jedem Spiel wie ein Fremdkörper.

Modeste war im Sommer als kurzfristige Lösung für den an Hodenkrebs erkrankten Sébastien Haller nach Dortmund gewechselt, seine Fähigkeiten konnte er abseits seines Treffers zum Ausgleich gegen die Bayern beim 2:2 in der ersten Saisonhälfte jedoch nur selten unter Beweis stellen.

Wurde er in Köln noch regelmäßig mit Flanken gefüttert, beruht das Angriffsspiel des BVB auf einer völlig anderen Herangehensweise. Selbst wenn der sogar drei Zentimeter größere Haller auf dem Platz steht, fliegen nur selten hohe Hereingaben durch den gegnerischen Strafraum. Der Ivorer kann im Gegensatz zu Modeste dafür aber regelmäßig Bälle festmachen und seine Mitspieler bedienen.

Entsprechend früh erkannte auch Terzic an, dass Modeste nur noch als Joker in engen oder noch eher in schon längst entschiedenen Spielen eine Option darstellt. Seit dem 1. Oktober stand er nicht mehr in der Startelf, während der Hinrunde hatte ihm der damals noch 17-jährige Youssoufa Moukoko den Rang abgelaufen.

Im Sommer werden sich die Wege trennen. Für den BVB bleibt am Ende ein dickes Minusgeschäft in zweistelliger Millionenhöhe, wenn man zu den 5,1 Millionen Euro Ablöse noch das zweifelsfrei üppige Gehalt zählt. Und Modeste? Dem droht ein leiser Abschied aus der Bundesliga.

Angeblich folgt er wie schon bei seinem ersten Köln-Abgang nach China mal wieder dem Ruf des Geldes. Seine Berater arbeiten Gerüchten zufolge an einem Wechsel nach Saudi-Arabien. Al-Hilal soll ihm nach seinen 23 Pflichtspieltoren in der Vorsaison bereits über sieben Millionen Euro Jahresgehalt geboten haben. Ob der Gehaltsscheck nach diesem Jahr ähnlich dick wird, ist zumindest fraglich.

Borussia Dortmund, 1. FC Köln
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BVB: Die Partien nach der Länderspielpause

Datum und SpielortGegner
Sa., 1. April, 18.30 (Allianz Arena)FC Bayern (Bundesliga)
Mi., 5. April 20.45 Uhr (Red Bull Arena)RB Leipzig (DFB-Pokal)
Sa., 8. April 15.30 Uhr (Signal Iduna Park)Union Berlin (Bundesliga