FC Bayern München, Erkenntnisse zum Sieg gegen den VfL Wolfsburg: Thomas Müller der heimliche Jugendspieler - Transfer auf dieser Position unausweichlich

Von Tim Ursinus
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Hinter dem FC Bayern München liegt eine mal wieder ereignisreiche Hinrunde. Der Jahresabschluss gegen den VfL Wolfsburg offenbarte erneut ein großes Problem im Kader. Thomas Müller überzeugte indes mit Jugendlichkeit und der Asien Cup kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Drei Erkenntnisse zum FCB-Sieg.

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Wäre da nicht das blamable Pokal-Aus in Saarbrücken kann der FC Bayern München ergebnistechnisch auf eine äußerst erfolgreiche Hinrunde zurückblicken. Ungeschlagener Gruppensieger in der Champions League und nur eine Pleite sowie zwei Remis in 15 Bundesligaspielen. Dass Spitzenreiter Bayer Leverkusen einen Rekord mit 25 Spielen ohne Niederlage aufgestellt hat, ist ein wenig undankbar.

Der deutsche Rekordmeister wäre mit 38 Punkten aus 15 Spielen - die Partie gegen Union Berlin wird im Januar nachgeholt - in den vergangenen Jahren häufiger als Tabellenerster in die Winterpause gegangen. So beträgt der Rückstand auf die Werkself mit noch einem Spiel in der Hinterhand lediglich vier Zähler bei einem gleichen Torverhältnis.

Dennoch ist längst nicht alles glatt gelaufen. Vor allem die unglückliche Transferphase könnte den Bayern im neuen Jahr teuer zu stehen kommen. Es braucht besonders auf einer Position dringend eine Verstärkung. Mindestens.

Immerhin dürfen sich die Münchner nicht nur auf eine weitere Saison mit Thomas Müller freuen, sondern auch über dessen zweiten Frühling.

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Thomas Müller: "Als wäre er ein ganz junger Spieler"

"Jede Rolle, die er haben kann, kriegt er auch. Es ist eine super Nachricht. Ich habe mich sehr gefreut, auch sehr aufrichtig für ihn. Weil er ist Bayern München wie kein anderer ", sagte Trainer Thomas Tuchel schon vor dem 2:1-Sieg in Wolfsburg über die Vertragsverlängerung Müllers. Dass der Routinier wenig später zwei Tore vorbereiten sollte, davon eines mit seinem schwachen linken Fuß, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Dennoch holte Tuchel zu einem regelrechten Loblied auf Müller aus: "Er ist ein ganz besonderer Spieler. Ihn zeichnet aktuell aus, dass er in einer Art und Weise mannschaftsdienlich ist, als wäre er ein ganz junger Spieler. Er ist voll dabei, egal in welchem Training, ob er mal Minuten bekommen hat oder nicht. Es gab nicht einen Tag Unterschiede in seiner Laune und Bereitschaft im Training und in der Kabine. Auf dem Feld sowieso. Er war absolut top bisher und deshalb ist es gut, dass er bleibt."

Nach dem 3:0 gegen den VfB Stuttgart durfte sich Müller über seine zweite Startelf-Nominierung in Folge freuen. Das hatte es zuletzt am 3. und 4. Spieltag in der Bundesliga gegeben. Dass Müller in den Jungbrunnen gefallen ist, bewies er nicht nur mit seinen beiden Vorlagen.

Thomas Müller bald wieder zu mehr bestimmt?

Müller hatte die mit Abstand meisten Ballaktionen im letzten Drittel, verzeichnete die meisten Abschlüsse und brachte die Hintermannschaft der Wölfe mit seinen gefürchteten Läufen in die Schnittstellen mehrfach in die Bredouille. Die Latte verhinderte einen eigenen Treffer.

"Er ist ein fantastischer Spieler", sagte Harry Kane und beglückwünschte Müller, der seinen 21. Saisontreffer vorbereitet hatte, zum neuen Vertrag: "Er bringt alles mit, was du dir für einen Mannschaftskameraden wünschst. (...) Er ist ein großartiger Partner."

Dass Müllers Arbeitstag nach einer guten Stunde beendet war, lag derweil nicht etwa an seiner Fitness. Vielmehr sah sich Tuchel gezwungen, in Matthijs de Ligt einen weiteren Defensivspieler einzuwechseln, um der Wolfsburger Drangphase entgegenzuwirken.

Müllers Stellenwert innerhalb der Mannschaft dürfte sich durch seine Leistung bei den Wölfen nochmal verbessert haben. Dass Eric Maxim Choupo-Moting im neuen Jahr nochmals den Vorzug bekommt, wirkt unwahrscheinlich. Auch hat er gute Argumente, den dann vermutlich wiedergenesenen Kingsley Coman auf die Bank zu verdrängen.

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Dayot Upamecano und Min-jae Kim ergänzen sich endlich, aber ...

Das Comeback von de Ligt nach wochenlanger Verletzungspause noch vor der Winterpause dürfte derweil für eine gewisse Erleichterung bei Tuchel sorgen. Denn die Kadersituation wird sich Anfang des neuen Jahres nicht wirklich entspannen. Ganz im Gegenteil.

In Min-jae Kim verliert Tuchel den Innenverteidiger, auf den er in der Bundesliga in jedem Spiel von Beginn an setzte. Der Südkoreaner wird seine Nationalmannschaft erwartungsgemäß beim Asien Cup vertreten und den Bayern einige Spiele nicht zur Verfügung stehen.

Den Umstand macht noch viel bitterer, dass Kim sich nach teilweise sehr durchwachsenen Leistungen an der Seite von Dayot Upamecano - in den meisten Fällen sein Partner in der Abwehrzentrale - endlich gefunden zu haben scheint. Nach seinem schwachen Auftritt beim 1:5-Debakel bei Eintracht Frankfurt hatte er gegen den VfB Stuttgart seine wohl beste Leistung im FCB-Trikot abgeliefert - und endlich gezeigt, warum er in Neapel den Spitznamen "Monster" bekommen hatte.

Gegen Wolfsburg knüpfte er an diese Leistung an und überzeugte als sicherer Passgeber und vor allem mit seiner perfekten Ausbeute bei Zweikämpfen in der Luft. Es war nicht Kims oder Upamecanos Schuld, dass die Wölfe den Anschluss erzielten und in der zweiten Hälfte zu einigen Abschlüssen kamen.

Auch Upamecano scheint sich an Kims Seite endlich wohlzufühlen. Er glänzte ebenfalls als guter Zweikämpfer und spielte mehrere herausragende Pässe in die Spitze, wovon einer den Treffer zum 2:0 entscheidend einleitete.

Min-jae Kim: Berechtigte Befürchtungen?

Nun wird das Duo getrennt, weshalb sich Kim schon mental auf alle Eventualitäten vorbereitet. "Während des Turniers werde ich meinen Platz bei Bayern frei machen müssen, und wenn Upa und Matthijs in dieser Zeit gut spielen, werden die beiden wahrscheinlich auch danach erst mal das Abwehrduo sein", erklärte der 27-Jährige bereits am Wochenende. Das sei die "unvermeidliche Realität", ergänzte Kim: "Also muss ich nach meiner Rückkehr weiterhin um meinen Platz kämpfen und gute Leistungen zeigen."

Kims Reise zum Asien Cup kommt also in vielerlei Hinsicht zu einem schlechten Zeitpunkt. Zumal sich in dieser Zeit weder de Ligt, der ohnehin noch nicht bei 100 Prozent ist, noch Upamecano verletzen dürfen. Andernfalls müsste wohl wieder Leon Goretzka eine Reihe nach hinten rücken.

Es sei denn, es passiert noch etwas auf dem Transfermarkt. Eine Entwicklung, die nicht nur Kim bei der südkoreanischen Nationalmannschaft genauestens beobachten wird.

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Auf dieser Position muss der FC Bayern München handeln

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Bayern im Winter nochmal auf dem Transfermarkt aktiv werden wollen. "Ich denke, es wird was passieren, ja", sagte Sportdirektor Christoph Freund nach dem Wolfsburg-Spiel: "Wir werden schauen, was wir machen und was möglich ist. Wir werden uns gut aufstellen im Frühjahr."

"Es muss nicht, aber es darf etwas passieren, aber das Winter-Transferfenster ist nicht einfach", ergänzte Tuchel und betonte nochmal, wie dünn der Kader in den vergangenen Wochen war. Auf dem Spielberichtsbogen seien "immer wieder in jedem Spiel zu viele Plätze frei."

Neben Kim könnte auch Noussair Mazraoui, sollte er sich rechtzeitig von seinem Muskelbündelriss erholen, auf Reisen sein. Der Rechtsverteidiger gehört zum Stammkader Marokkos, das sich für den Afrika Cup qualifiziert hat. Gleiches gilt übrigens auch für Choupo-Moting (Kamerun).

Es herrscht also insbesondere auf der rechten Abwehrseite Handlungsbedarf. Zumal Konrad Laimer in Wolfsburg ein weiteres Mal nicht als Vertretung von Mazraoui überzeugte (SPOX-Note: 4,5). Gemeinsam mit Davies sammelte er die meisten Ballverluste (22), gewann nur einen seiner acht Zweikämpfe und spielte einige haarsträubende Fehlpässe.

Es kann bei allem Respekt nicht der Münchner Anspruch sein, dass ein Tiago Tomas die Bayern-Defensive derart in die Bedrängnis bringt, wie es am Mittwochabend der Fall war. Es ist beinahe egal, wie lange Mazraoui noch ausfällt oder fehlen wird: Laimer kann in diesem System nicht die Lösung für diese Position sein, der Österreicher gehört ins zentrale Mittelfeld. Ein Transfer ist unausweichlich und sollte eine noch größere Priorität genießen als der eines neuen Sechsers.

Keine Holding Six? Christoph Freund lässt aufhorchen

Denn auch Mazraouis Leistungen in der laufenden Spielzeit waren von Licht und Schatten geprägt. Es fehlt schlichtweg an Konstanz auf der rechten Abwehrseite. Jenen Verlust haben sich die Bayern auch mit dem Abgang von Josip Stanisic per Leihe zu Bayer Leverkusen und dem Verkauf von Benjamin Pavard zuzuschreiben.

Jetzt muss Freund im Winter die wie von Tuchel beschriebene schwere Aufgabe lösen und einen Spieler verpflichten, der im Optimalfall auch noch in der Innenverteidigung aushelfen kann. Ein Transfer von Ronald Araújo vom FC Barcelona scheint derweil nicht stemmbar zu sein. Wahrscheinlicher scheint eine Verpflichtung von einem der anderen Kandidaten: Arnau Martínez (FC Girona), Lutsharel Geertruida (Feyenoord Rotterdam) und Ferfi Kadioglu (Fenerbahce Istanbul).

Ob dann noch genügend Geld für eine "Holding Six" übrig ist, darf bezweifelt werden. Womöglich braucht es diese auch nicht. Auf die Frage nach der Menge an Transfers kam Freund nämlich ganz von selbst auf den 19-jährigen Aleksandar Pavlovic. Dieser habe die Spiele gegen Stuttgart und Wolfsburg "genutzt, um zu zeigen, dass er bereit ist, auf diesem Niveau zu spielen. Er war für mich wieder einer der besten Spieler bei uns."

Ein Lob, das auch als Fingerzeig in Richtung Winter-Transferphase gedeutet werden kann.

FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB

DatumWettbewerbGegner
12. Januar, 20.30 UhrBundesligaTSG Hoffenheim (H)
21. Januar, 15.30 UhrBundesligaSV Werder Bremen (H)
24. Januar, 20.30 UhrBundesliga1. FC Union Berlin (H)