Gestatten, Geheimfavorit!

Von Christoph Köckeis
Iceman Kimi Räikkönen und sein Lotus lassen die Konkurrenz um Red Bull staunen
© getty
Cookie-Einstellungen

Lotus: 247 Runden - Bestzeit: 1:22.188 (4. Romain Grosjean)

Kimi Räikkönen ist nicht gerade zu beneiden: Bei den Testfahrten hatte er das Pech regelrecht auf den Pedalen kleben. Nur 87 Runden spulte der Iceman in Barcelona ab. Zuerst stoppte ihn die Telemetrie - sämtliche Daten verflüchtigten sich. Später quittierte das Getriebe den Dienst. Aller Friktionen zum Trotz reist er mit breitem Grinsen ab: Der E21 ist nämlich schnell.

Die Leichtigkeit, mit welcher Räikkönen in die Spitze raste, hinterließ Eindruck. Am Mittwoch widmete sich Romain Grosjean schließlich der Rennsimulation. Obwohl die Pirellis früh körnten, zerstörte er sie nicht und verlängerte die Lebensdauer gekonnt. Dabei bewegte sich Grosjean stets im Bereich zwischen 1:28 und 1:29 - Lotus bleibt wie im Vorjahr ein Gradmesser für den Sonntag. Red Bull und Co. staunten nicht schlecht.

Kimi Räikkönen: "Wir testen, um Probleme zu finden - in der Hinsicht machen wir einen guten Job. Als wir einmal Rundenzeiten setzen konnten, hat sich glücklicherweise gezeigt, dass wir eine gute Pace besitzen."

Romain Grosjean: "Im ersten Stint habe ich nach wenigen Runden an die Box gefunkt: 'Die Reifen sind tot.' Ich habe mit den Ingenieuren einen Weg gefunden, die Haltbarkeit zu verbessern. Man muss raten, wie viel Gummi noch vorhanden ist und wie viel Energie man den Reifen zumuten kann."

Der Fahrplan bis zum Saisonstart

Mercedes: 335 Runden - Bestzeit: 1:22.611 (6. Nico Rosberg)

Das Formel-1-Engagement von Mercedes ist nicht unumstritten: Anfang der Woche forcierten zwei Aktionärsgruppen den Rückzug. Daimler wies die Forderung entschieden zurück. Bald sollen die Silberpfeile im Glanz früherer Tage erstrahlen. Barcelona nährte die Hoffnungen. Zunächst fand die Pannenshow ihre Fortsetzung - aber in einer Light-Version. Am ersten Vormittag streikte das Getriebe. Zum Missfallen von Nico Rosberg.

Danach rüstete Superhirn Ross Brawn mitunter auf die 2012er-Auspuff-Version um, erhielt so Vergleichswerte zum neuen Coanda-Modell. Auch mit dem passiven DRS wurde experimentiert. Erfreulich gestaltete sich die Auswertung der längeren Stints: Der F1 W04 ist reifenschonender als sein Vorgänger. Lewis Hamilton und Rosberg entdeckten ihre Malocher-Mentalität und fuhren konstant. Im Motorhome nickte Niki Lauda, Aufsichtsratsvorsitzender, zufrieden ab.

Nico Rosberg: "Wir haben eine viel bessere Plattform als letztes Jahr. Man spürt, der Schwerpunkt liegt tiefer und die Aerodynamik ist besser. Ich kann ohne Mühe attackieren."

Lewis Hamilton: "Wir machen ständig Fortschritte, wenn es um das Verständnis von Reifen und Abstimmung geht. Die Reifen zeigen Abbau. Sie zu schonen, ist nicht einfach. In Jerez ging das nicht so gut, weil das Auto sich nicht entsprechend verhielt. Hier war es viel besser."

Sauber: 343 Runden - Bestzeit: 1:22.160 (3. Nico Hülkenberg)

Ruhig und besonnen tüftelte der Schweizer Rennstall in Barcelona. Von der Zeitenjagd unbeirrt prüfte man die Funktionalität neuer Aerodynamik-Konfigurationen. Überdies mündeten die "Ohren" an der Airbox in ein passives DRS. Da war es kaum verwunderlich, dass anfangs fast drei Sekunden fehlten. Lediglich die chronischen Nachzügler Marussia und Caterham lagen noch weiter zurück.

Manch Beobachter sorgte sich bereits um die Sensation der Vorsaison - bis zum Mittwoch. Nico Hülkenberg deutete auf weichen Pneus das Leistungsvermögen an. Mit 1:22.160 verbuchte er den drittschnellsten Umlauf. Über mehrere Kilometer war der Auftritt ebenfalls vielversprechend. In schnellen Passagen glänzt der C32, die Zeiten brachen deutlich geringer ein als etwa bei Ferrari.

Nico Hülkenberg: "Das Auto liegt gut, in langsamen Kurven können wir uns noch verbessern. Ich habe keine Bedenken. Der Reifenverschleiß macht das Testen natürlich nicht einfach, aber da sitzen wir alle im gleichen Boot."

Esteban Gutierrez: "Wir haben verschiedene Einstellungen probiert, hatten auch leichte Probleme mit dem Setup. Unsere Datenflut ermöglicht uns jedoch eine detaillierte Analyse. Das wird die Basis sein, um Lösungen zu finden."

Die Testzeiten im Überblick

Force India: 283 Runden - Bestzeit: 1:22.877 (8. Adrian Sutil)

Adrian Sutil fieberte den Einsatz herbei: Über ein Jahr wurde die Sehnsucht nach der Königsklasse nicht gestillt. Am Donnerstag war es soweit. Der 30-Jährige durfte sich auf dem Circuit de Catalunya beweisen - und hinterließ ein starkes Bewerbungsschreiben für das Cockpit bei Force India. Nach fünf Runden überflügelte er Stammpilot Paul di Resta, letztlich war er über eine Sekunde schneller.

Nicht verraten konnte Sutil die Spritmenge, wobei die Zufriedenheit durchaus Aufschlüsse zulässt. Alleine ob der Reifen wirken die 1:22.877 beachtlich. Immerhin sammelte er die ersten Erfahrungen mit dem empfindlichen schwarzen Gold. Anfang nächster Woche wird die Fahrerfrage geklärt: Für Sutil spielt die Leistung eine untergeordnete Rolle. Vielmehr entscheidet die Mitgift. Jules Bianchi hat Ferrari im Rücken. Die Italiener würden Force India einen Rabatt auf den 2014er-Motor gewähren.

Paul di Resta: "Wir lernen mehr und mehr über das Auto - und darum geht es bei den Wintertests. Langsam entwickle ich ein Gefühl für die Abnutzungsrate der Pneus, das ist entscheidend."

Adrian Sutil: "Nach dem zweiten Run war ich vier Zehntel schneller als Di Resta, da war das Team beeindruckt. Ich war auch selbst überrascht. Da habe ich gemerkt: Da geht was! Ich habe eine gute Visitenkarte abgegeben."

Seite 1: Red Bull, Ferrari und McLaren

Seite 2: Lotus, Mercedes, Sauber und Force India

Seite 3: Williams, Toro Rosso, Caterham und Marussia

Artikel und Videos zum Thema