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NFL - Week 11, Gewinner und Verlierer: Ist Kenny Pickett von den Pittsburgh Steelers der schlechteste Quarterback der Liga?

Von Stefan Petri
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Week 11 der NFL Regular Season wirft Fragen auf: Ist Tommy DeVito doch ein Quarterback? Warum geht bei den Washington Commanders einfach alles kaputt? Und: Ist Kenny Pickett mittlerweile der schlechteste QB der Liga? Außerdem: Ein glorreiches Bruder-Duell, C.J. Stroud als Stephen Curry, Brock Purdy als MVP und ein Punter in Ritterrüstung. Die Gewinner und Verlierer der Woche.

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NFL, Week 11 - Gewinner: Tommy DeVito (Quarterback, Giants)

Man mag sich gar nicht ausmalen, welches Festmahl Tommy am späten Sonntagabend am heimischen Küchentisch erwartete, als er vom Auswärtsspiel in Washington zurückkehrte: Spaghetti mit Fleischbällchen, dicke Bohnen mit Tomaten und selbstgemachtes Himbeereis? Auf jeden Fall dürfte die Frau Mutter ordentlich aufgetischt haben, bevor er dann glücklich und zufrieden ins frisch gemachte Bett im Kinderzimmer krabbelte. Okay, genug gefrotzelt über die Tatsache, dass der Starting Quarterback der New York Giants noch bei seinen Eltern wohnt: Wer 246 Passing Yards und drei Touchdowns auflegt, ohne ein einzigen Ballverlust, und sein Team so zum Sieg führt, darf pennen, wo er will.

Haben wir Tommy DeVito tatsächlich Unrecht getan? Steckt doch ein waschechter Starter unter der - etwas dick aufgetragenen - "TD"-Halskette? Immerhin musste er in der Hauptstadt gleich neun Sacks einstecken, mehr als jeder andere QB diese Saison bei einem Sieg. Gleichzeitig wurde er tatsächlich der erste Giants-Quarterback mit drei Passing-TDs seit Dezember 2019 (okay, das spricht weniger für ihn und mehr gegen das Team).

Okay, reißen wir uns etwas zusammen. Immerhin waren es nur die Commanders (zu denen kommen wir noch), außerdem war der Sieg für die Giants (3-8) im Rennen um einen guten Draft Pick eher kontraproduktiv. Aber hey, man muss die Siege feiern wie sie fallen. Und: Durch seinen guten Auftritt hat DeVito nun mehr Spiele in der NFL mit mindestens zwei Passing Touchdowns als Kenny Pickett. Oh ja, zu dem kommen wir auch noch ...

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NFL, Week 11 - Verlierer: Washington Commanders

Es hilft ja nichts, also bringen wir es hinter uns. Schaut Euch diese Statistik an:

  • Bilanz der Giants seit 2018 gegen Washington: 8-2-1
  • Bilanz der Giants seit 2018 gegen die übrige NFL: 22-56

Jawoll! Die Commanders sind so schlecht, dass gegen sie sogar die G-Men, die zuvor mit 6:30 und 17:49 verloren hatten, wie ein Top-Team aussehen. Mehr muss man eigentlich gar nicht sagen. Sogar Head Coach Ron Rivera bezeichnete das 19:31 mit sechs Turnovern (drei Interceptions von Sam Howell, dazu drei verlorene Fumbles) als "Tiefpunkt". Vom 2-0-Saisonstart ist nichts mehr übrig - und von meiner Prognose als Playoff-Überraschungsteam auch nichts mehr.

Weil sich die Franchise am Sonntag aber nicht nur auf dem Platz blamieren wollte, gab es in den Duschen beider Umkleidekabinen aufgrund eines technischen Defekts, der nicht gefixt werden konnte, kein heißes Wasser. Oder überhaupt kein Wasser, je nachdem wem man glauben will. Wie dem auch sei: Wer glaubte, dass nach dem Abschied von Besitzer Dan Snyder ein frischer Wind einziehen würde, der sieht sich erst einmal enttäuscht.

Wenn man zumindest einen positiven Aspekt aus dem Spiel herausziehen will, dann sind es die neun Sacks, obwohl vor der Trade Deadline die beiden besten Pass Rusher abgegeben wurden. Aber das war es dann auch. An Thanksgiving am Donnerstag geht es übrigens nach Dallas ...

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NFL, Week 11 - Bruder-Duell des Tages: Amon-Ra St. Brown (Wide Receiver, Lions) vs. Equanimeous (WR, Bears)

Da geht doch immer ein bisschen das Herz auf, wenn zwei Brüder in der NFL gegeneinander spielen. Erst recht dann, wenn es sich um zwei Spieler mit Verbindungen zu Deutschland handelt - und beide auch noch Leistung bringen. Dass die Lions am Ende gewannen und Amon-Ra die deutlich größere Rolle spielte (8 Catches, 77 Yards, 1 TD), war abzusehen, aber der ältere Bruder "EQ" fing auf der Gegenseite für Chicago auch beide Bälle in seine Richtung für 19 Yards.

Zum fünften Mal spielten die Teams der beiden in der NFL gegeneinander. Wir hoffen, dass noch einige Partien dazukommen - und dass wir einen oder beide 2028 im deutschen Jersey in Los Angeles sehen: Da wird Flag Football nämlich zum ersten Mal bei den Olympischen Spielen vertreten sein.

PS: Im Monday Night Game gibt es ein weiteres Bruderduell zu beobachten. Tight End Travis Kelce von den Kansas City Chiefs trifft auf seinen Bruder Jason, Center bei den Philadelphia Eagles. Die beiden haben, kein Scherz, vor kurzem ein Weihnachtslied aufgenommen.

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NFL, Week 11 - Zitat des Tages: C.J. Stroud (Quarterback, Texans)

"Steph Curry hört auch nicht auf zu werfen. Ich mache einfach genau so weiter."

Hört hört. So kann man das erste Karriere-Spiel mit drei Interceptions auch verarbeiten: indem man sich selbst mit dem besten Shooter der Basketball-Geschichte vergleicht. An Selbstvertrauen mangelt es dem Rookie-Quarterback der Texans nicht. Wobei der nach dem 21:16 über die Cardinals auch wusste, was er an seinen Teamkollegen hat: "Das hier ist Football und nicht Tennis oder so. Ich bin mit elf Spielern da draußen und die halten mir immer den Rücken frei." Den "12 Men on the Field"-Witz verkneifen wir uns an dieser Stelle.

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NFL, Week 11 - Gewinner: Brock Purdy (Quarterback, 49ers)

Wer das erste perfekte Passer Rating von 158.3 bei mindestens 20 geworfenen Pässen in der Geschichte der glorreichen Niners-Franchise auflegt, der muss hier genannt werden. Das gelang in seiner Karriere nämlich nicht einmal Joe Montana - okay, der hatte 1989 eines mit 19 Passversuchen. Auf jeden Fall ist Brock Purdy spätestens nach dem 27:14 gegen Tampa Bay wieder in Topform, genau wie sein komplettes Team.

Ist der 23-Jährige damit zurück im MVP-Rennen?

  • Passer Rating: Platz 1 (109.9)
  • QBR: Platz 1 (76.6)
  • Yards pro Passversuch: Platz 1 (9.7)
  • Completion Percentage: Platz 3 (70,2 Prozent)
  • Touchdown-Pässe: Platz 5 (18)
  • Interceptions: Platz 2 aller Starter (5)

Für San Fran stehen in den kommenden Wochen zwei Duelle mit den Seahawks und das Auswärtsspiel in Philly an, danach wissen wir mehr. Übrigens: Aus seinem Passer Rating macht sich Purdy selbst nicht viel: "Ich weiß immer noch nicht genau, was es überhaupt bedeutet." Ohne jetzt ein neues Fass aufmachen zu wollen: Dass ein Spiel ohne einen einzigen angebrachten Pass ein Rating von 39.6 ausspuckt, ist tatsächlich nur bedingt nutzerfreundlich.

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NFL, Week 11 - Verlierer: Kenny Pickett (Quarterback, Steelers)

15/28 für 106 Yards beim 10:13 gegen die Cleveland Browns. Okay, die Browns-Defense ist historisch gut: Erlaubte 243,3 Yards pro Spiel gab es zuletzt vor 15 Jahren. Doch das QB-Problem in Pittsburgh liegt schon deutlich länger auf der Hand.

In der Super-Bowl-Ära haben bisher 315 Quarterbacks mindestens 500 Passversuche angesammelt. Ein einziger hat dabei eine Touchdown-Quote von unter zwei Prozent: Kenny Pickett (1,9). Anders formuliert: Pickett hat seit dem 1. Oktober so viele TD-Pässe auf dem Konto wie Anthony Richardson, und hat seit dem 8. Oktober nicht mehr gespielt.

Wenn es nur die Touchdown-Pässe wären. Aber 131 Passing Yards im Schnitt in den letzten sieben Wochen sprechen dann schon Bände. Okay, die O-Line der Steelers ist ein Schweizer Käse. Aber wenn Pickett mal Zeit hat, kommt so etwas dabei heraus.

Ist Pickett besser als Mac Jones? Als Zach Wilson, der für die Jets diese Woche keinen einzigen vollständigen Pass zu einem Wide Receiver verbuchte? Als Tommy DeVito? Wie soll man diese Frage noch mit einem uneingeschränkten "Ja" beantworten? Noch sind die Steelers (6-4) in der AFC im Playoff-Rennen. An Pickett liegt es jedoch sicherlich nicht.

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NFL, Week 11 - Undankbarster Job des Tages: Steelers-PR

Bleiben wir in Pittsburgh: Manchmal entscheiden sich Spieler, einfach mal alles rauszulassen. So gesehen bei Running Back Najee Harris, der nach der Pleite gegen Cleveland in der Kabine kein Blatt vor den Mund nahm. "Ich bin an einem Punkt, an dem ich einfach keinen Bock mehr habe auf den Scheiß", sagte er über die Offense seines Teams. "Da passiert im Hintergrund so einiges, von dem ihr keine Ahnung habt." Wusste die Browns-Defense, welche Plays die Steelers laufen würden? "Ja, in manchen Situationen sah das so aus, um ganz ehrlich zu sein." Warum wurde im letzten Drive beim Stand von 10:10 überhaupt nicht mehr gelaufen? "Diese Frage kann ich nicht beantworten." Und auf die Frage, ob in der Mannschaft alle das Team an erste Stelle rücken würden, verkniff er sich vielsagend ein "ja".

Hier soll es aber nicht um Harris gehen, dessen Aussagen ihm durchaus einen Anpfiff von Head Coach Mike Tomlin einbringen könnten - und der in Gefahr steht, von Konkurrent Jaylen Warren ins zweite Glied verdrängt zu werden. Stattdessen fühle ich mit der PR-Abteilung des Teams, deren Aufgabe es ist, genau das zu verhindern: dass Spieler sich nach dem Spiel und Rage und letzten Endes um Kopf und Kragen reden. Hier wunderschön zu hören, wie eine PR-Assistentin verzweifelt versucht, das Gespräch mit Harris abzubrechen - aber da ist es schon zu spät. Laut ESPN handelte es sich nicht um den einzigen Versuch, Harris zu stoppen - doch der hatte sich in den Kopf gesetzt, so richtig auszupacken. Ein absoluter Albtraum für jede Presseabteilung. Was tun? Unser Tipp: Einfach mal vom Stuhl tackeln, Harris geht dieser Tage bekanntlich sehr schnell zu Boden. Heyooo!

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NFL, Week 11 - Statistik des Tages: DaRon Bland (Cornerback, Cowboys)

Die meisten Touchdown-Pässe hat in der laufenden Saison Wide Receiver CeeDee Lamb gefangen, nämlich fünf. Dahinter folgt gemeinsam mit Tight End Jake Ferguson aber auch schon Cornerback DaRon Bland: Der trug beim 33:10 über Carolina seine vierte Interception zum Pick-Six zurück. NFL-Rekord eingestellt - und dabei stehen noch sieben Spiele aus. Der Fünftrundenpick von 2021 (Fresno State) hat in seiner jungen Karriere in 27 Spielen schon elf Pässe abgefangen.

Interceptions sind nicht automatisch der Beweis für einen Shutdown-Corner, denn wer zu viel Risiko geht, kassiert im Gegenzug auch Big Plays und macht sich so alles wieder kaputt. An Blands guten Leistungen in dieser Saison gibt es aber nicht viel zu rütteln, der Pick gegen Bryce Young war zudem ganz sicher kein Geschenk, sondern ein absolutes Highlight-Play.

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NFL, Week 11 - Move des Tages: Jerry Jeudy (Wide Receiver, Broncos)

Ein Fuchs, dieser Wideout! Zu Beginn des Schlussviertels gegen Minnesota sah sich Jeudy nach einem kurzen Pass von Russell Wilson zwei Gegenspielern gegenüber, die auf ihn zustürmten - mehr als drei oder vier Yards Raumgewinn waren eigentlich nicht drin. Also täuschte er flugs seinerseits einen Passversuch an, obwohl er die Line of Scrimmage schon überquert hatte! Der Fake funktionierte tatsächlich und ließ einen Vikings-Verteidiger aussteigen (den Namen von Safety Josh Metellus wollen wir an dieser Stelle verschweigen, es wäre zu peinlich für ihn). So wurden es am Ende fast neun Yards Raumgewinn. Klasse!

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NFL, Week 11 - Aufzug des Tages: Jack Fox (Punter, Lions)

Man muss schon ein ganz schönes Selbstvertrauen haben, um als Punter in dieser Klamotte zum Heimspiel zu erscheinen. Daran fehlt es Jack Fox offenbar nicht - und geschadet hat es auch nicht. Zweimal musste er gegen die Bears punten, im Schnitt waren es ordentliche 48,5 Yards. Nur eine Kritik: Der 27-Jährige verdient diese Saison über drei Millionen Dollar und gehört zu den bestbezahlten Spielern seiner Zunft. Da hätte die Rüstung schon etwas echter aussehen können.

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NFL, Week 11 - Pressekonferenz des Tages: Brandon Staley (Head Coach, Chargers)

So sieht es aus, wenn man nach einem 20:23 in Green Bay bei 4-6 steht und die Playoffs fast schon außer Reichweite sind. Wenn man ein enges Spiel nach dem anderen verliert und gerade die Defense immer wieder patzt - obwohl man beim Amtsantritt 2021 vor allem als Defensiv-Guru verschrien war. Brandon Staley hat es in Los Angeles einfach nicht leicht. Die Highlights:

"Sie können damit aufhören, immer wieder die gleiche Frage zu stellen. Okay? Ich werde die defensiven Plays callen. Okay? Nur damit das klar ist. Also müssen sie nicht mehr danach fragen."

"Ich bin nicht hier, um zu den Fans zu sprechen. Ich spreche zu meinen Spielern."

"Wir haben heute sicher nicht wegen der Defense verloren. [...] Hört auf damit, es nur an einem Mannschaftsteil festzumachen! Daran lag es nicht! Unser Team hat verloren!"

Unangenehm! Nun wurde bei den Chargers seit 1998 kein Head Coach mehr im Saisonverlauf entlassen, Staley dürfte sich also bis zur Offseason sicher fühlen. Aber der Druck auf ihn steigt von Woche zu Woche.

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