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NFL: Penei Sewell oder Ja'Marr Chase? Offensive Tackle oder Wide Receiver? Darum spaltet diese Debatte die NFL

Von Jan Dafeld
Ja'Marr Chase und Penei Sewell zählen zu den besten Spielern im Draft.
© getty
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NFL: Das sind die Argumente für einen Pick von Penei Sewell

Sewells Talent ist unbestritten. Der 20-Jährige gilt als größtes Offensive-Tackle-Talent seit mindestens fünf Jahren. Damit hat Sewell Spieler wie Laremy Tunsil (Texans), Andrew Thomas (Giants) und Jedrick Wills (Buccaneers) überflügelt.

Dass Sewell in zwei, drei Jahren zu den besseren Tackles der Liga zählt, ist in den Augen der meisten Draft-Experten somit sehr wahrscheinlich. Und: Solche Spieler sind in der NFL äußerst schwer zu bekommen, insbesondere außerhalb der ersten und zweiten Draft-Runde.

Von den laut Pro Football Focus 32 besten Offensive Tackles der vergangenen Saison wurden 16 einst in der ersten Draft-Runde ausgewählt, sieben weitere gingen in der zweiten Runde von Board. Auf die Runden drei bis sieben sowie Undrafted Free Agents entfallen nur neun weitere Spieler.

Dass starke Offensive Tackles das Team wechseln, ist zudem äußerst selten. Und wenn doch, dann passiert das in der Regel per Trade, Teams streichen also noch gehörigen Gegenwert für ihren Blocker ein. Beispiele dafür sind in der jüngeren Vergangenheit Duane Brown (Seahawks), Trent Williams (49ers), Tunsil und erst kürzlich Orlando Brown (Chiefs).

NFL: Hohe Erfolgsrate bei den Offensive Tackles

Bei den Wide Receivern sehen diese Zahlen anders aus. Unter den 32 Wide Receivern mit den meisten Receiving Yards 2020 wurden nur zwölf in der ersten Runde ausgewählt. Und zu diesen zwölf zählen noch Nelson Agholor, der sich im vergangenen Sommer äußerst günstig den Raiders angeschlossen hatte, sowie Corey Davis und Will Fuller, die in der diesjährigen Free Agency das Team wechselten, ohne einen absoluten Spitzenvertrag abzustauben.

Acht der Top-32-Receiver der vergangenen Saison wurden in der zweiten Draft-Runde ausgewählt, weitere zwölf in den Runden drei bis sieben. Gute und sehr gute Receiver später im Draft zu bekommen, scheint somit deutlich einfacher zu sein als gute und sehr gute Offensive Tackles.

Auch die Erfolgsrate unter Erstrundenpicks ist bei den Tackles deutlich höher: Stephen Holder von The Athletic stellte fest, dass 61 Prozent aller Offensive Tackles, die seit 2000 in der ersten Runde ausgewählt wurden, mindestens fünf Jahre lang Starter für ihr ursprüngliches Team waren. Die höchste Zahl aller Positionen. Wide Receiver kommen beispielsweise nur in 40 Prozent der Fälle auf fünf Jahre als Starter für ihr Team.

NFL: Elite-Receiver gibt aus in den späteren Runden

Die Qualität von Receivern scheint vor dem Sprung vom College in die NFL also deutlich schwerer festgestellt werden zu können als die der Tackles. Tatsächlich unterschrieben nur vier der zehn Wide Receiver, die seit 2010 in den Top 10 des Drafts ausgewählt wurden, nach ihrem Rookie-Vertrag einen weiteren Deal bei ihrem ursprünglichen Team.

Die jüngere Vergangenheit zeigt somit: Teams müssen meistens keinen Top-10-Pick, häufig sogar nicht mal einen Erstrundenpick, einsetzen, um einen echten Elite-Receiver im Draft zu erhalten.

Zwischen 2014 und 2019 wurden alleine in der zweiten Draft-Runde Davante Adams, Michael Thomas, Allen Robinson, Jarvis Landry, A.J. Brown, D.K. Metcalf, JuJu Smith-Schuster und Deebo Samuel ausgewählt. Spieler wie Chris Godwin (dritte Runde), Kenny Golladay (dritte Runde), Stefon Diggs (fünfte Runde) und Tyreek Hill (fünfte Runde) kommen zusätzlich hinzu.

NFL: Offensive Tackle als sicherer Pick?

Aber haben die Bengals nach der Verpflichtung von Riley Reiff überhaupt noch Verwendung für Sewell? Sollte man angesichts der scheinbar geschlossenen Baustelle auf der Tackle-Position nicht eine andere Position priorisieren?

Dieser Standpunkt erscheint doch sehr kurzsichtig. Reiff steht bei den Bengals schließlich für gerade mal ein Jahr unter Vertrag. Ein Jahr, in dem Cincinnati mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht um den Super Bowl, vermutlich nicht mal um die Playoffs, mitspielen wird.

Die Planungen der Bengals sollten also langfristiger sein, der Fokus des Teams muss auf der Entwicklung von Quarterback Joe Burrow liegen. Dieser sollte sowohl ein starker Left Tackle als auch ein starker Outside-Receiver äußerst zuträglich sein.

Das Argument für einen Pick von Sewell ist jedoch: Bei ihm scheint es statistisch deutlich wahrscheinlicher, dass er sich tatsächlich zu diesem Spieler entwickeln kann. Der Tackle wäre demnach also der sicherere der beiden Picks.