NFL

Manning läuft die Zeit davon

Von Stefan Petri
Seine Zeit läuft ab: Ist Peyton Manning mit 37 noch gut genug für den Titel?
© getty
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Kelly und Trestman - neue Coaches bringen frischen Wind: Das Coaching-Karussell hat nach dem letzten Snap der Regular Season standesgemäß Fahrt aufgenommen - acht der 20 Franchises, die die Postseason verpasst hatten, setzten ihren Chefcoach prompt vor die Tür. Unter den Neuankömmlingen sind die üblichen Verdächtigen: Mehrere Offensive und Defensive Coordinators der erfolgreicheren Rivalen wurden abgeworben und unter das Headset geklemmt, und auch Andy Reid hat wieder einen Job.

Soweit so gut. Aber zum Teil geht die NFL auch neue Wege: Ein paar Namen versprechen jede Menge Spannung.

Smoothies und die Blur Offense: Chip Kelly

College-Fans huldigen ihm schon seit Jahren, jetzt kommt auch die National Football League in den Genuss von Chip Kelly. Vier Jahre hat der 49-Jährige die Oregon Ducks gecoacht: Das Resultat: Gebrochene Rekorde, Bowl-Siege und persönliche Auszeichnungen. Er ist eine der Kult-Figuren des College-Football, seine sogenannte "Blur-Offense" setzte auf Geschwindigkeit, die Read-Option (der Quarterback entscheidet je nach Defensiv-Taktik darüber, ob er das Ei an den Running Back weitergibt oder selbst in Lücken stößt) und neue Schemen in der Offensive.

Das brachte den Ducks jede Menge Punkte und eine Bilanz von 46-7 über vier Jahre ein. Interesse aus dem großen Bruder der NCAA gab es schon lange, jetzt darf Kelly zeigen, ob seine Strategien auch in der NFL funktionieren (nebenbei entging er durch seinen Abschied aus Oregon auch einer 18-monatigen Sperre wegen Verstößen gegen die College-Regeln...).

Kelly ist der einzige neue Coach, der noch nie in der NFL gearbeitet hat. Er bringt viele Ideen mit, auf und neben dem Platz. So hat er etwa den trainingsfreien Tag in der Woche von Dienstag auf Montag verschoben, bringt modernste Methoden in Sachen Training und Fitness mit sich - und klaut den Spielern ihre Burger: Zum Leidwesen der Football-Kolosse wurden "Taco Dienstag" und "Fast Food Freitag" abgeschafft. Stattdessen gibt es gesunde Lebensmittel und für jeden Spieler einen personalisierten Smoothie nach den Trainingseinheiten.

Vick: "Habe ich noch nie gesehen"

Die werden im höchsten Tempo absolviert, um die maximale Anzahl an Wiederholungen der Spielzüge zu erreichen - alle zwölf Sekunden steht im Durchschnitt ein neuer Snap an. Dazu gibt es Dauerbeschall aus Lautsprechern an der Seitenlinie, um die Gameday-Atmosphäre zu simulieren. "Das ist sehr erfrischend", sagte Michael Vick, der das Quarterback-Duell gegen Nick Foles gewonnen hat. "Die Offense ist sehr dynamisch, sehr schnell. Das habe ich vorher noch nie gesehen."

Nun hat sich die Anzahl der Spielzüge pro Partie in den letzten fünf Jahren kontinuierlich gesteigert, No-Huddle ist längst kein exotischer Schnickschnack mehr. Trotzdem: Die Eagles könnten neue Maßstäbe setzen - das heißt, wenn die Liga sie lässt. Die hat nämlich schon einmal vorgewarnt: Im Gegensatz zum College darf der Snap in der NFL erst erfolgen, wenn die Zebras in Position sind und den Football freigeben. "Die Teams müssen verstehen, dass nicht sie das Tempo vorgeben, sondern unsere Referees", sagte ein Verantwortlicher Ende Juli. "Wir haben unsere ganz normalen Abläufe und werden uns außerhalb des Two-Minute-Drills nicht beeilen."

Wenn Kelly mit den Eagles Erfolg hat, könnten sich recht schnell Nachahmer finden. Aber die Liste der gescheiterten College-Helden in der NFL ist lang, und in seinem Kader mangelt es bis auf ein paar Big-Play-Threats wie DeSean Jackson und LaSean McCoy doch gewaltig an Talent. Spannend wird es aber allemal.

Marc Trestman - der mit dem Quarterback tanzt

7-1: Die Bilanz der Bears nach acht Wochen sah im letzten Jahr fast makellos aus, dank eines leichten Schedules und einer überragenden Defense. Beides änderte sich, am Ende verpasste man mit einer Bilanz von 10-6 die Playoffs und Head Coach Lovie Smith musste die Koffer packen. Hauptgrund war, dass er aus seinem enigmatischen Quarterback Jay Cutler nicht alles rausgeholt hatte.

Wer könnte ihn ersetzen? Cutlers Vertrag läuft 2014 aus, lohnt sich eine Extension? "Das Kriterium bei der Suche war, dass wir jemanden wollten, egal ob Defensiv- oder Offensivcoach, der einen richtig guten Draht zu unserem QB hat", verriet GM Phil Emery. Am Ende wurde der Wunschkandidat gefunden - und zwar in der offensiv geprägten Canadian Football League.

Der 57-jährige Marc Trestman hatte sich im Norden als Head Coach der Montreal Aluettes einen Namen gemacht und in fünf Jahren zwei Titel geholt. Er bringt NFL-Erfahrung mit: Als langjähriger Assistant Coach und Quarterback-Flüsterer arbeitete er unter anderem mit Steve Young und Rich Gannon zusammen, letzteren machte er 2002 sogar zum MVP. Jetzt also soll er es mit Cutler richten, der talentierten, aber als Rotzlöffel abgestempelten Chicago-Hoffnung.

"Noch" ist alles gut

Trestman ist der erste CFL-Coach seit 1982, der den Sprung in den Süden schafft. Ähnlich wie Kelly bringt auch er seine eigenen Methoden mit: Die verwunderten Zuschauer im Training Camp sahen die Bears plötzlich mit Medizin- und Gymnastikbällen hantieren. Dafür gab es erst einmal wenig Körperkontakt, so ganz und gar nicht typisch für die knallharte Franchise.

Kommt Trestmans intellektueller Ansatz, der vor allem die Köpfe der Spieler anspricht, an? "Es ist eine Herausforderung", gab Receiver Earl Bennett zu. Und Cutler? "Es gab bisher noch keine großen Stolpersteine." Man beachte das Wort "noch".

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