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NBA Playoffs - Miami Heat schreiben weiter Geschichte: Was die Nullen und Einsen nicht sehen können

Von Robert Arndt
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© getty

Den Miami Heat fehlt nur noch ein Sieg, um nach 2020 wieder in die NBA Finals einzuziehen. Dabei spielten die Heat all ihre Stärken aus, welche sie auch vor drei Jahren so gefährlich machten.

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Vor gut fünf Wochen standen die Miami Heat vor dem Aus, als Coby White im Play-In knapp vier Minuten vor dem Ende auf 90:87 für die Bulls stellte. Miami drehte mit dem Mute der Verzweiflung (und jeder Menge Jimmy Butler) dank eines 15:1-Laufs die Partie und hat seither gefühlt keinen Wurf mehr vergeben.

Stattdessen sind die Heat nur noch einen Sieg davon entfernt, als zweiter 8-Seed der Playoff-Historie in die Finals einzuziehen. Und nach Spiel 3 gegen Boston zweifelt daran kaum noch jemand, obwohl ESPNs Analytics-Tool weiterhin ausspuckt, dass die Celtics diese Serie mit einer Wahrscheinlichkeit von 72 Prozent gewinnen werden. Was die Nullen und Einsen aber nicht sehen, ist die Dynamik dieser Serie. Boston wirkt gebrochen, die Heat fühlen und wissen das.

Boston Celtics vs. Miami Heat: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
118. Mai2.30 UhrBoston CelticsMiami Heat116:123
220. Mai2.30 UhrBoston CelticsMiami Heat105:111
322. Mai2.30 UhrMiami HeatBoston Celtics128:102
424. Mai2.30 UhrMiami HeatBoston Celtics
5*26. Mai2.30 UhrBoston CelticsMiami Heat
6*28. Mai2.30 UhrMiami HeatBoston Celtics
7*30. Mai2.30 UhrBoston CelticsMiami Heat

*falls benötigt

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© getty

Miami Heat: Sie können nicht mehr danebenwerfen

Die Celtics wurden über fast 48 Minuten nach allen Regeln der Kunst vorgeführt, gipfelnd in einem Butler, der Al Horford nach einem Dreier von Gabe Vincent mit einem Timeout-Zeichen verhöhnte, nachdem dieser gleiches vor vier Tagen tat. Ein Spiel, welches Miami trotzdem gewann. Horford tat dies bei +8, Butler nun bei +23 im dritten Viertel, als die Heat endgültig davon zogen.

Überhaupt war es die Definition von Heat Basketball. Vor der Garbage Time hatten alle eingesetzten Spieler mindestens zwei Field Goals auf dem Konto, es war nicht mehr nur die Jimmy-Butler-Show. Das war auch notwendig, da Boston erstmals in dieser Serie damit begann, den Star-Forward zu doppeln. Die Folge waren jede Menge offene Würfe. Würfe, die in der Regular Season nicht fielen, nun aber schon.

Während der Saison waren die Heat eines der schlechtesten Teams von Downtown (34,4 Prozent, Platz 27), nun treffen sie um vier Prozentpunkte besser und sind in dieser Kategorie vorne. So einfach kann es manchmal sein in dieser Make-or-Miss-League. Das ist zwar nur die halbe Story, aber eben auch einer der Gründe, warum Miami, die während der Regular Season sich in jeden Spiel mühten, plötzlich als erster 8-Seed der Geschichte, ein Playoff-Spiel mit mindestens 25 Punkten Differenz gewann.

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In der Celtics-Serie treffen die Heat dank Rollenspielern wie Gabe Vincent, Max Strus oder Duncan Robinson fast 48 Prozent von draußen, während Boston bei 29 Prozent steht. So ging auch die Celtics-Strategie nicht auf, Butler häufiger zu doppeln, weil es eben die Vincents dieser Welt bestrafen konnten.

Coach Erik Spoelstra meinte im Anschluss, dass hier die Regular Season enorm hilfreich war, weil Miami oft nicht gut auf Double Teams gegen Butler reagierte. "Wir wussten, dass wir daran arbeiten müssen (...) Die Organisation und das Spacing waren deutlich besser. Wir haben die richtigen Plays gemacht und unsere Schützen haben entschlossen reagiert." 19 ihrer 35 Dreier verwandelten die Heat, elf davon gingen zusammengerechnet auf die Konten von Vincent und Robinson.

Beide trafen während der Regular Season gerade einmal 33 Prozent von Downtown, Robinson war zeitweise sogar nicht spielbar und völlig aus der Rotation (20 DNPs in Folge), bevor er mit Start der Playoffs doch wieder eine Rolle spielte. Das alles sind Faktoren für den Umschwung der Heat. Klar, mit Butler besteht immer eine Chance, doch wer glaubte im April wirklich daran, dass Miami (mit einem negativen Net-Rating) die Magie der vergangenen Jahre mit zwei Conference-Finals-Teilnahmen in drei Jahren sowie dem Top-Seed im Vorjahr wiederholen könnte?

Miami Heat: Die Splits der Rollenspieler in Regular Season und Playoffs

SpielerRegular SeasonPlayoffs
-3PM3P%3PM3P%
Gabe Vincent1,733,42,538,0
Duncan Robinson1,532,82,444,7
Max Strus2,535,02,237,3
Caleb Martin1,235,61,941,5
Kevin Love1,429,71,636,5
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Miami Heat: Die alte Erfolgsformel

In Miami zeigt man sich nicht überrascht. "Ihr seid einfach nicht bei uns in der Kabine", meinte Bam Adebayo. "Ihr seht nicht, wie hart unsere Jungs arbeiten und das zahlt sich jetzt in der Postseason aus. Deswegen ist das für mich weder überraschend noch schockierend." Im Nachhinein lässt sich das immer leicht sagen, dennoch hat Adebayo hier einen Punkt. Es ist nicht nur Gerede, dass Miami seit Jahren zu den fittesten Teams der Liga zählt und bei einem engen Playoff-Rhythmus mit Spielen alle zwei Tage kann dies ein Vorteil sein.

Es erklärt dennoch nicht die Diskrepanz zu all den Monaten zuvor. Als Beispiel kann auch Kyle Lowry dienen, der bisweilen aussah, als ob das Karriereende kurz bevor stünde, nun aber mit den Reservisten aufblüht wie einst zu Raptors-Zeiten, als die Lowry-plus-Bank-Lineups alles in Grund und Boden spielten. Nun lässt Lowry selbst Cody Zeller wie einen soliden Backup aussehen. Jener Zeller, der im Oktober noch von den Utah Jazz nach der Vorbereitung entlassen wurde.

Das mag nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen, sind aber alles kleine Details dafür, warum Miami das Team ist, welches gerade dabei ist, Geschichte zu schreiben. Mit Butler und Adebayo haben die Heat zwei All-Star-Spieler, die gleichzeitig stets uneigennützig auftreten und Vertrauen in ihre Mitspieler haben, wie auch Spo nach Spiel 3 noch einmal unterstrich.

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"Du willst immer, dass deine Stars ihre Mitspieler aufbauen und jeder dem anderen seinen Erfolg gönnt. Dazu braucht es emotionale Stabilität, weil von außen viel Druck und Gerede kommt. Diese Jungs haben es aber verstanden und unsere Rollenspieler sind daran gewachsen und haben ihr Spiel verbessert. Das geht nur, wenn die Stars das wirklich wollen."

Und wie sie es wollen. Bühne frei für Caleb Martin: "Wir haben mit Boston das Matchup bekommen, was wir wollten. Sie haben uns im Vorjahr ausgeschaltet und wir wollten unbedingt eine zweite Chance. Wir haben hier etwas zu beweisen und jeder hat das verinnerlicht."

Vor einem Jahr waren die Heat einen Butler-Dreier von den Finals entfernt, nun hat Miami satte vier Chancen auf die sechste Finals-Teilnahme seit 2010. Wer hätte das nach dem Dreier von Coby White vor ein paar Wochen gedacht?

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