Deutschland? Bayern!

Give me 5! Und noch ein bisschen mehr. Bayerns Rodler dominieren Olympia
© getty

Die "Bayern-Connection" rodelte erneut alles in Grund und Eis. Ein Superstar der Spiele hat Rücken, während, sich der lässige Lesser zu Silber schießt. Und Michael Jackson hätte seine wahre Freude an einer Lady aus Togo.

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"Bayern, des samma mir!" Das blau-weiße Liedgut der niederbayerischen Band Haindling hält Einzug am Schwarzen Meer. Horst Seehofer grinst stolz, Edmund Stoiber dürfte vor Glück im Dreieck springen, vielleicht steuert ja sogar Franz-Josef Strauss irgendwie irgendetwas vom Himmel aus.

Bayern dominiert Olympia! Die selbsternannte "Bayern-Connection" der Rodler fuhr auch im vierten Wettbewerb den Rest der Welt in Grund und Eis. Natalie Geisenberger, Felix Loch, Tobias Arlt und Tobias Wendl sind dicke Freunde, bilden die "Trainingsgruppe Sonnenschein" im oberbayerischen Berchtesgaden und haben sämtliche Goldmedaillen im Rodeln abgeräumt.

"Das ist so ein geiles Gefühl", jubelte Loch, der mittlerweile schon drei Olympische Goldmedaillen gewonnen hat und damit mit seinem Vorbild Georg Hackl, selbstverständlich ein Bayer, gleichzog.

Silbermedaillengewinner Russland lag über eine Sekunde zurück - Bayern fährt in einer eigenen Liga!

Der Tag zum Nachlesen im Ticker

Das konnte man von den Biathleten bislang nicht behaupten. Nach dem Rücktritt von Magdalena Neuner, selbstverständlich eine Bayerin, gab's in Sotschi nur lange Gesichter. Bis zum wilden Ritt von Erik Lesser. 20 Schuss - 20 Treffer, am Ende war nur Übermensch Martin Fourcade im 20-km-Rennen schneller. Der Franzose holte sich nach Gold im Sprint, seinen zweiten Olympiasieg.

"Ich hatte beim letzten Schießen einen ganz schönen Stift in der Hose, habe mir aber gedacht: Jetzt darfst du nicht zögern. Zieh durch!", sagte Lesser - und er zog durch.

Vielleicht ziehen ja auch die deutschen Damen durch bei ihrem Einzelrennen über 15 Kilometer am Donnerstag. Bei den Alpinen sind die Kombinierer am Start. Gibt's das ersehnte Gold für Bode Miller? Eine Medaillenchance hat auf jeden Fall Peter Liebers, der die Kür der Eiskunstläufer auf Platz fünf beginnt.

Die Entscheidungen des Tages:

WettbewerbEntscheidung
Freestyle/Slopestyle, Männer USA vor USA vor USA
Langlauf/10 km klassisch, FrauenTrotz Fußbruch! Kowalczyk nicht zu schlagen
Shorttrack/500 m, FrauenJapanerin siegt bei Sturzfestival
Eisschnelllauf/1000 m, FrauenErstes Eisschnelllauf-Gold für China
Biathlon/20 km, HerrenLesser holt Silber, Fourcade sein zweites Gold
Rodeln/TeamGold für Deutschland - ach ne!

Was sonst noch wichtig war:

Curling: Ein guter Tag für die deutschen Männer - zum ersten Mal gehen sie in Sotschi nicht als Verlierer ins Bett. Das lag nicht etwa daran, dass sie nach vier knappen Niederlagen einen Gegner in Grund und Boden wischten, sondern am spielfreien Donnerstag. Dafür gab es bei Männern und Frauen jede Menge Herzschlagspiele: 8:7, 9:8, 7:6, 7:6, 5:4 - in fast allen Matches fiel die Entscheidung mit dem letzten Stein. Und da soll noch einer sagen, Curling sei langweilig...

Skeleton: Das dürfte nichts werden mit einer deutschen Medaille bei den Mädels. Nach zwei von vier Läufen liegen zwar drei schwarz-rot-goldene, waghalsige Ice-Ladys unter den besten Zehn, allerdings schon recht weit weg von den runden Edelmetall-Dingern. Anja Huber (7.), Sophia Griebel (9.), und Marion Thees (10.) kamen mit der Rinne im Sanki Sliding Center nur bedingt zurecht. Ganz vorne ein bekanntes Bild: Die Über-Skeletonin Elizabeth Yarnold aus dem Vereinigten Königreich hat 44 Hundertstel Vorsprung auf Noelle Pikus-Pace aus den USA. Dabei sollte doch eigentlich Pikus-Pace die Pace machen...

Eishockey: Gestatten, Sbornaja. Kein Olympiateilnehmer, ob Einzelsportler oder Team, hat so viel Druck wie Russlands Eishockeyteam. Der Auftakt gegen Außenseiter Slowenien war nicht grandios, aber erfolgreich. Auch Titelverteidiger Kanada bekleckerte sich gegen Norwegen nicht mit Ruhm. Imponierend dagegen der Auftritt der USA beim Schlachtfest gegen die Slowakei. Unsere österreichischen Freunde spielten gegen Finnland ein "leiwandes" erstes Drittel, ehe ihnen die Puste ausging (hier geht's zum Roundup).

Shorttrack: Robert Seifert ist eine ziemlich arme Sau. Als einziger Shorttracker aus Deutschland muss er die schwarz-rot-goldene Fahne hochhalten, was ihm aber erneut nicht gelungen ist. Nach dem frühen Aus über die 1500 Meter war auch über die 1000 Meter nach dem ersten Lauf Schluss. Seifert wurde in seinem Run Letzter. Aber seine Strecke kommt noch. Über die 500 Meter gilt er als Medaillenanwärter. Was Seifert über seine Leistung am Donnerstag denkt - siehe Sprüche des Tages.

Eiskunstlauf: Der Superstar cancelte den Wettbewerb (siehe Mann des Tages), dafür sprang sich ein Japaner in die Herzen der Zuschauer. Yuzuru Hanyu zeigte ein perfektes Kurzprogramm und hat mit fast vier Punkten Vorsprung auf den Kanadier Patrick Chan große Chancen auf Gold in der Kür am Freitag. Eine großartige Leistung lieferte auch der Berliner Peter Liebers ab. Liebers schnuppert auf Platz fünf mit einer Medaille. Auf Bronze fehlen lächerliche 0,94 Punkte.

Mann des Tages: Jewgeni Pluschenko

In seinem Heimatland ist er ein Superstar, die Eiskunstlauf-Welt hält ihn schlichtweg für genial. Jewgeni Pluschenko ist dreimaliger Welt- und siebenmaliger Europameister, zudem dekoriert mit zwei Mal Olympia-Gold. Er erreichte mit 16 Jahren als jüngster Eiskunstläufer die Höchstnote 6,0 des alten Bewertungssystems und sprang sämtliche Dreifach-Rittberger-vierfach-Toeloop-Kombinationen in Perfektion.

Die Heimspiele von Sotschi sollten der ultimative Höhepunkt seiner Karriere werden. Und es begann wie geschmiert: Im erstmals ausgetragenen Teamwettbewerb holte Pluschenko mit seinen Kollegen die Goldmedaille.

Am Donnerstag stand das Kurzprogramm der Herren auf dem Programm - doch Pluschenko trat zum wichtigsten Wettkampf überhaupt gar nicht erst an. Beim Einlaufen brach er einen dreifachen Axel ab und griff sich an den Rücken. Die Schmerzen waren so heftig, dass sich Pluschenko entschloss, auf einen Start zu verzichten.

"Ich habe meine Beine nicht mehr gespürt", sagte er. Die 11.000 Zuschauer riefen hilflos "Schenja, Schenja" - Pluschenkos Spitzname aus Kindertagen. Pluschenko ging vom Eis, verzichtete auf einen Start - und beendete gleich noch seine Karriere. "Ich werde eine lange Pause einlegen und nur noch Shows laufen." Heißt im Fachjargon: ordentlich Geld verdienen. Der Abgang als "Amateur" war eher ein Griff ins Klo.

Frau des Tages: Steffi Böhler

Sie hat eine bewegte Karriere hinter sich - und ein bewegtes Leben. 2006 gewann Steffi Böhler in Turin die Silbermedaille mit der Langlauf-Staffel. 2010 in Vancouver lief sie nur hinterher. "Ich war damals wie vernebelt", sagte sie später.

Möglich, dass ihr Körper damals bereits nicht mehr so leistungsfähig, um in der Weltspitze mitzuhalten. Denn im April 2012 wurde bei Böhler der lebensbedrohliche Schilddrüsenkrebs diagnostiziert - glücklicherweise im Frühstadium. Böhler gewann den Kampf gegen die Krankheit und lieferte beim 10-km-Rennen mit Platz sechs ein super Ergebnis ab - bei abartigen Bedingungen: ultratiefer, weicher Schnee und 19 Grad Lufttemperatur.

"Was geht hier eigentlich ab? Das war der beste Wettkampf meiner Karriere", sagte Böhler unter Tränen. Manchmal werden Medaillen doch völlig überbewertet.

Sprüche des Tages:

"Du Pfeife, ich habe genau gewusst, dass diese blöde Frage kommt, weil ich das jedes Mal höre, wenn wir uns sehen. Das letzte Rennen war in Brixen, das größte Kinderrennen der Welt, Alberto Tomba war Schirmherr. Ich hatte, glaube ich, Startnummer 1579, der Basti 1582, es waren sehr viele Kinder am Start. Und du, Basti, hast dieses Rennen tatsächlich gewonnen." (Felix Neureuther im Interview mit "Reporter" Bastian Schweinsteiger auf dessen Frage nach dem letzten gemeinsamen Duell auf Skiern)

"Schön zu sehen, dass es deiner Wirbelsäule besser geht." (Martin Fourcade, Doppel-Olympiasieger im Biathlon, per Twitter zu einem Playboy-Foto von Miriam Gössner, auf dem diese sich auf einer Treppe räkelt)

"Es bildet den Charakter. Die Mädels sind so riesig und beängstigend. Ich stehe neben der Weltmeisterin in der Startbox, und sie schreit auf einmal Zeug wie eine Besessene." (Die Halfpipe-Olympiazweite Torah Bright aus Australien über die Disziplin Snowboard-Cross)

"Das war ein scheiß Tag und ein scheiß Rennen." (Shorttracker Robert Seifert nach seinem Aus über die 1500-Meter-Strecke)

"Wir sind ja von euch schlecht geredet worden." (Biathlon-Bundestrainer Mark Kirchner kritisiert nach Silber für Erik Lesser die Medien)

"Es ticken nicht alle gleich, aber das heißt nicht, dass irgendein Springer weniger wert ist. Ich lasse mich auf keine Statusspielchen ein." (Österreichs Skisprung-Cheftrainer Alexander Pointner über die angebliche Bevorzugung von Thomas Morgenstern gegenüber Gregor Schlierenzauer)

Zahlen des Tages:

1, 2 und 5 sind die Platzierungen von Severin Freund im Training auf der Großschanze. Da geht am Freitag was, Freundchen!

2 offene Beinbrüche erlitt ein Bob-Bahnarbeiter, der von einem Spurbob erfasst und bereits operiert wurde. Hintergründe zum Unglück gibt es noch nicht. Glücklicherweise war der Arbeiter stets bei Bewusstsein. Gute Besserung!

4 Titel wurden im Rodeln vergeben. 4 Mal war Deutschland (Bayern!) ganz oben. 'Nuff said!

10 Medaillen holten die deutschen Olympioniken an sechs Wettkampftagen. Andere Nationen haben zwar mehr - aber was zählt, sind die goldenen Dinger, Freunde! Da liegt Deutschland unangefochten vorne.

Hier geht's zum Medaillenspiegel

19 Grad Celsius meldete Sotschi Downtown am Donnerstagmittag. Halbnackte Menschen legten sich an den Kiesstrand, während nebenan Wintersport betrieben wurde. Es gibt aber einen Lichtblick für alle Schneehasen: Ab Sonntag soll es wieder kälter werden.

31 deutsche Rodel-Olympiasiege! Der Kollege Strobl hatte es am Mittwoch berechtigterweise schon angedeutet. Wendl/Arlt holten die 30., das Team (Bayern!) Nummer 31.

Name des Tages: Mathilde Amivi Pettijean

"Pettijean is not my lover..." Als hätte Michael Jackson (Gott, hab' ihn selig) den Song für die Langläuferin aus Togo (TOGO!) gesungen. In Togo lässt sich's ungefähr so gut langlaufen wie in Sibirien Kamelreiten in den Dünen. Da ist Platz 68 von 75 beim 10-km-Rennen aller Ehren wert.

Pettijean kam nur knapp hinter Ingrida Ardisauskaite, aber noch vor Otgontsetseg Chinbat ins Ziel. Hut ab!

Der Olympia-Zeitplan

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