Thomas Müllers Startelfrückkehr beim FC Bayern München: Mehr Fragen als Antworten

Thomas Müller stand gegen Olympiakos Piräus in der Startelf.
© getty

Nach fünf Bankplätzen hintereinander und noch mehr öffentlichen Diskussionen stand Thomas Müller beim Champions-League-Spiel bei Olympiakos Piräus (3:2) wieder in der Startelf. Sein Leistungsnachweis: ein mitverschuldetes Gegentor, eine Positionsrochade, zwei mitverschuldete Tore und ein kurzer Auftritt in der Mixed Zone.

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Etwa eine Minute lang äußerte sich Thomas Müller nichtssagend in der Mixed Zone nach dem Spiel und tat das ausgesprochen schnippisch und gereizt, während er aber gleichzeitig irgendwie schelmisch grinste. Die Worte standen im Kontrast zur Mimik. Man wusste also nicht so recht, woran man ist - und das war irgendwie symbolisch für Müllers ersten Startelfeinsatz nach zuvor fünf Pflichtspielen, die er auf der Bank begann.

Zunächst stellte sich die Frage, ob Trainer Niko Kovac Müller für Kingsley Coman in die Startelf beorderte, weil er von dieser Maßnahme sportlich auch wirklich überzeugt war. Oder ob er es nicht doch auch ein bisschen machte, um die permanenten Diskussionen über Müllers Reservistenrolle zu beenden.

Kovac plädierte für erstere Version, er hatte aber natürlich keine Wahl. "Ich bin keiner, der sich von außen beeinflussen lässt. Ich versuche, nach bestem Gewissen mit meinem Trainerteam zu entscheiden", sagte er vor dem Spiel über Müllers Startelfplatz. "Thomas hat Erfahrung in diesem sehr, sehr heißen Stadion. Er weiß, wie er sich zu benehmen hat. Ich finde, dass Kingsley aufgrund der vielen Länderspieleinsätze ein bisschen erschöpft wirkte. Thomas ist frisch und wird heute ein richtig gutes Spiel machen."

Und damit zur zweiten Frage: Hatte Kovac mit seiner Prophezeiung recht, machte Müller wirklich ein richtig gutes Spiel? Nun ja.

Thomas Müller war an drei Toren direkt beteiligt

In der 4. Minute trat Müller erstmals in Erscheinung, als er nahe der Seitenauslinie direkt vor den Augen von Kovac einen wilden Querschläger produzierte, es sollte nicht sein letzter im Spiel bleiben. Zwei Minuten später leitete Müller den Ball zu Philippe Coutinho weiter, der daraufhin zum ersten Abschluss des Spiels kam. Müller spielte nämlich nicht statt, sondern neben seinem Hauptrivalen und somit auf dem rechten Flügel.

Bei der Pressekonferenz vor dem Spiel hatte Kovac noch erklärt, dass das "nicht seine Schokoladenposition" sei, jedoch auch daran erinnert, dass Müller dort mal Weltmeister (und WM-Torschützenkönig) geworden war. Nach etwa 25 alles in allem eher bitteren statt schokoladensüßen Minuten auf rechts stellte Kovac aber um: Müller in die Mitte, Coutinho nach links und Serge Gnabry von dort nach rechts.

Kurz vor der Rochade hatte sich Müller noch allzu einfach von Konstantinos Tsimikas überspielen lassen, dessen Flanke zum 0:1 von Youssef El-Arabi führte. Weitere Gegentore verschuldete Müller auf der neuen Position keine, dafür war er an zwei eigenen entscheidend beteiligt. Zunächst schoss er so gut, dass Olympiakos-Keeper Jose Sa den Ball nur klatschen ließ und Robert Lewandowski den Nachschuss zum 1:1 verwertete (34.). Dann steckte er den Ball in Folge einer Ecke gedankenschnell zu eben jenem Lewandowski durch, der das 2:1 erzielte (62.).

Niko Kovac und Hasan Salihamidzic verweigern eine Wertung

Die Rochade von der Weltmeister- zur Schokoladenposition also hatte alles verändert. "Das war sicherlich ein guter Schachzug von uns", lobte sich Kovac dafür selbst - Müller wollte er auf explizite Nachfrage jedoch nicht loben. "Das sollen andere bewerten", erklärte er lediglich. Sportdirektor Hasan Salihamidzic war jedenfalls keiner der anderen. "Jedes Mal auf dieser Personalie herumzuhacken ist ein bisschen zu viel", sagte er auf Müller angesprochen. "Es war heute eine Mannschaftsleistung."

Wenn es schon sein Trainer und Sportdirektor nicht machen, immerhin seine Mitspieler verloren lobende Worte über Müller. "Er organisiert viel vorne, macht Räume auf, geht in die richtigen Positionen. Durch seine Cleverness und klugen Ideen verschafft er uns Situationen, in denen wir zweimal die Tore machen können", sagte Manuel Neuer. David Alaba erklärte: "Der Thomas ist einer, der sehr viel arbeitet, sehr viele Laufwege macht. Das macht ihn aus, da macht er den Unterschied."

Thomas Müller: Viele Zweikämpfe, wenige Worte

Bis zu seiner Auswechslung für Ivan Perisic in der 87. Minute führte Müller 16 Zweikämpfe und damit die meisten aller Bayern-Spieler, gewann davon aber nur knapp 31 Prozent - der drittschlechteste Wert seiner Mannschaft. Seine Passquote von nur etwa 72 Prozent war gar die zweitschlechteste.

Es sind Zahlen, die so oder so interpretiert werden können, genau wie Müllers Leistung an sich. War das jetzt gut? Eine Empfehlung für weitere Startelfeinsätze beim FC Bayern? Sein vermeintlicher Hauptrivale Coutinho war jedenfalls sicherlich nicht besser als Müller, weder in der Mitte noch links. Oder war das gar eine Empfehlung für einen vermeintlichen neuen Verein? Laut dem kicker soll Inter Mailand Interesse an einer Verpflichtung im Winter haben.

Müller selbst hielt es wie Kovac und Salihamidzic und wertete seine Leistung gar nicht. "Ich bin nicht derjenige, der hier die großen Analysen anschwingt", befand er und ging dann fast schon erzürnt-energisch los, noch bevor er seine Ausführungen zu Ende gesprochen hatte. Aber immerhin mit einem schelmischen Grinsen.

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