"Wenn es der Ober-Boss sagt …": FC Bayern München siegt und hat neue Personal-Sorgen

Uli Hoeneß, Thomas Tuchel
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Viele Ausfälle, eine spärlich besetzte Bank und ein neues Sorgenkind: Der 3:1-Sieg des FC Bayern München beim FSV Mainz 05 stand im Zeichen der angespannten Personal-Situation sowie ihren begleitenden Debatten.

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Obwohl es sich beim FC Bayern München um den größten deutschen Fußball-Klub handelt, verfügt er über den womöglich kleinsten Kader - der aktuell zudem ziemlich ausgedünnt daherkommt. Trainer Thomas Tuchel hatte die Probleme vorhergesehen und sich in den vergangenen Wochen wiederholt über das vermeintlich zu dünne Aufgebot beschwert, woraufhin sich Klub-Patron Uli Hoeneß über das Beschweren beschwerte. Einem Bericht der SportBild zufolge sei das Verhältnis der beiden deshalb belastet. So die Ausgangslage.

"Alles gut", sagte Tuchel vor dem 3:1-Sieg gegen den FSV Mainz 05 im Sky-Interview darauf angesprochen und lächelte so überzeugend, dass man es ihm glaubte. "Wir sprechen regelmäßig miteinander, weil er oft an der Säbener Straße ist", erst am Freitag sei es zu einem persönlichen Austausch gekommen. "Und das zählt für mich mehr als das, was daraus gemacht wird. Das darf jetzt jeder für sich beurteilen, wie er möchte. Da gieße ich jetzt auch kein weiteres Öl ins Feuer."

Das Öl-ins-Feuer-Gießen übernahm das Spiel anschließend schon selbst: Obwohl es eigentlich anders angedacht war, spielte der gerade erst genesene Joshua Kimmich mangels Alternativen durch. "Ich hoffe, dass wir es nicht übertrieben haben, weil Leon raus musste", erklärte Tuchel. Kimmichs ohnehin schon angeschlagener Nebenmann Leon Goretzka verließ das Feld nach einer starken Leistung nämlich mit Verdacht auf einen Handbruch in der 75. Minute.

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Auch noch Goretzka? Das Lazarett des FC Bayern München

Womöglich reiht sich Goretzka nun ins bereits üppig besetzte Münchner Lazarett ein. Gegen Mainz fehlten mit Manuel Neuer, Dayot Upamecano, Noussair Mazraoui, Raphael Guerreiro und Serge Gnabry bereits fünf potenzielle Stammspieler verletzt. Einige der eingesetzten Akteure befanden sich unterdessen nicht in ihrer körperlichen Blüte.

"Der Matha spielt aus einer Verletzung, der ist noch gar nicht hundertprozentig fit. Der Josh spielt aus einer Grippe. Der Leon spielt mit einem geschwollenen Knöchel, die anderen kommen von einem Jetlag", sagte Tuchel, der seine Mannschaft gerade wegen dieser speziellen Situation für eine "geile Leistung" lobte.

Statt der eigentlich erlaubten neun Ersatzspieler nahm Tuchel nur sieben mit nach Mainz. Als er Goretzka in der 74. Minute auswechseln musste, war die erste Defensiv-Alternative der seit drei Jahren von sämtlichen Trainern gekonnt ignorierte Bouna Sarr. Immerhin in der Offensive konnte Tuchel mit Mathys Tel, Eric Maxim Choupo-Moting und Thomas Müller hochkarätig nachlegen. Die Talente Frans Krätzig und Aleksandar Pavlovic sowie Ersatzkeeper Daniel Peretz kamen nicht zum Einsatz.

Uli Hoeneß, Thomas Tuchel
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FC Bayern München: Dünne Bank und viele Spiele

Tuchel hatte im Sommer vergeblich Verstärkungen für die Defensive gefordert. Die Verpflichtungen von João Palhinha und eines Rechtsverteidigers scheiterten aber kurz vor Transfer-Schluss. Der FC Bayern will im Winter dem Vernehmen nach zwar nachlegen, eine "große Transferoffensive" werde es laut Hoeneß aber "mit Sicherheit nicht geben", wie er neulich im ntv-Interview erklärte. Tuchel erwiderte in Mainz schnippisch-lachend: "Wenn es der Ober-Boss sagt, dann ist es so."

Tuchels generelle Kader-Kritik könne Hoeneß gar nicht nachvollziehen: "Ich lasse nicht mein eigenes Team schlecht aussehen, indem ich sage, wir sind zu dünn besetzt. Wenn Sie jedes Wochenende sehen, was wir auf der Bank sitzen haben, nur Nationalspieler, dann haben wir keinen dünnen Kader."

Gegen Mainz saßen bis auf Pavlovic tatsächlich nur Nationalspieler im Kader. Aber: Bei Tel und Krätzig handelt es sich um Nachwuchs-Nationalspieler. Sarr absolvierte sein letztes Länderspiel für Senegal vor eineinhalb Jahren, Peretz steht bisher bei einem Einsatz für Israels A-Nationalmannschaft und Choupo-Moting fehlt regelmäßig in Kameruns Aufgebot - dazu noch DFB-Veteran Müller.

Bis zum nächsten Spiel wird sich die vor allem im Defensiv-Bereich angespannte Personal-Situation kaum bessern. Bereits am Dienstag geht es in der Champions League auswärts gegen Galatasaray. Von den derzeitigen Rekonvaleszenten gäbe es laut Tuchel einzig bei Mazraoui "Resthoffnung, die Tendenz ist aber eher nein". Goretzka gilt es die Diagnose abzuwarten, bei Kimmich und de Ligt die Belastungs-Reaktion.

"Jetzt können wir nur Regeneration, Regeneration, Regeneration anbieten", sagte Tuchel, "und in Istanbul wieder ran an den Speck." Die Zeiten bleiben auch danach speckig: Bis zur nächsten Länderspielphase warten drei englische Wochen in Folge - oder sechs Spiele innerhalb von 19 Tagen.