FC Bayern - Keine Erklärungen von Tuchel! Matthijs de Ligt lässt tief blicken

Thomas Tuchel, FC Bayern München
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Matthijs de Ligt kommt beim FC Bayern München aktuell kaum zum Einsatz - und wenn doch, dann auf einer ungewohnten Position. Nach dem 2:2 gegen Bayer Leverkusen gab der ehemalige Abwehrchef vielsagende Einblicke.

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Als Matthijs de Ligt in der Mixed Zone gerade über seine schwierige Situation sprach, huschte hinter ihm plötzlich Harry Kane vorbei. De Ligt unterbrach seine Ausführungen, hielt kurz inne und sagte dann: "Das ist ein wichtiger Spieler, nicht ich. Er hat 90 Minuten gespielt. Er kann mehr erzählen."

Dazu lachte der 24-jährige Innenverteidiger aus den Niederlanden. Aber er lachte kein gewöhnliches Lachen, sondern ein etwas sarkastisches. Ein Lachen, das in erster Linie Unverständnis statt Freude vermittelte. De Ligt wirkte ratlos. Er selbst ist nämlich der Meinung, dass er auch unbedingt wichtig sein sollte - so wie in der vergangenen Saison eben. Da avancierte er nach seinem Transfer von Juventus Turin umgehend zum Stamm- und Führungsspieler, außerdem zum Fanliebling.

Aktuell ist de Ligt dagegen nur Statist. Der "wichtige" Kane hätte von seinem vierten Tor im fünften Einsatz für den FC Bayern erzählen können oder wie er das wohl beste Spiel der noch jungen Saison auf dem Platz erlebt hat. Kane war dabei einer der Protagonisten, obwohl er tatsächlich nur 85 statt wie laut de Ligt 90 Minuten mitgespielt hatte. Der neue Mittelstürmer verließ den Platz in der gleichen Unterbrechung, in der de Ligt eingewechselt wurde.

Fünf Minuten durfte de Ligt letztlich mitspielen, bei den ersten drei Spielen waren es 22, neun und eine. Sowohl nach seiner Einwechslung gegen Borussia Mönchengladbach als auch gegen Leverkusen bot ihn Tuchel dann nicht einmal auf seiner angestammten Lieblingsposition als Innenverteidiger auf. Stattdessen musste er im defensiven Mittelfeld aushelfen.

de-ligt
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FC Bayern: De Ligt spricht über seine schwierige Situation

Obwohl er aktuell nicht wichtig ist und lieber Kane erzählen lassen wollte, berichtete de Ligt nach dem Leverkusen-Spiel trotzdem von seiner Situation. Er ist einer der wenigen Spieler des FC Bayern, die sich eigentlich immer den Fragen der Journalisten stellen - egal wie es für die Mannschaft und ihn persönlich läuft. Diesmal sagte er zwar nur wenige Worte, aber die sagten immerhin viel aus.

Wie er die aktuelle Situation empfindet? "Nicht so schön." Wie gut er auf der Sechs spielen kann? "Ich habe keine Ahnung, da musst du den Trainer fragen." Ob er Erfahrungen damit hat? "Bis ich 15 war, habe ich im Mittelfeld gespielt. Manchmal ist das auch schön."

Ob ihm Tuchel Erklärungen für sein aktuelles Reservisten-Dasein geliefert hat? "Ähm", sagte de Ligt und überlegte, wie ehrlich er nun sein sollte. "Ähm, nein. Das ist aber auch nicht nötig." Dann lachte er das gleiche Lachen wie bei der Begegnung mit Kane. Ob es Absprachen gibt, dass er in den anstehenden englischen Wochen mal in die Startelf rotiert? "Nein, wir haben noch nicht darüber gesprochen."

Thomas Tuchel, FC Bayern München
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FC Bayern: Thomas Tuchel soll kein Fan von de Ligt sein

Aufgrund der gescheiterten Verpflichtungen von João Palhinha sowie eines neuen Rechtsverteidigers am Ende der Transferphase ist der Kader des FC Bayern zu Tuchels Leidwesen äußerst dünn besetzt. In der Innenverteidigung hat der Trainer aber ein Luxusproblem: Mit Neuzugang Min-Jae Kim (Ablöse 50 Millionen Euro), Dayot Upamecano (Ablöse 42,5 Millionen Euro) sowie de Ligt (67 Millionen Euro) verfügt der FC Bayern über drei teuer eingekaufte und hochkarätige Kandidaten.

Trotz der exquisiten Auswahl will Tuchel auf dieser Position jedoch weitestgehend auf Rotationen verzichten. "Sobald jemand die Nase vorne hat, ist es unser Wunsch, eine Viererkette zu finden, in der wenig gewechselt wird", kündigte der Trainer schon im Laufe der Vorbereitung an. Dass aktuell ausgerechnet de Ligt Reservist ist, hat mehrere Gründe.

Da wäre eine Wadenverletzung, weshalb er Teile der Vorbereitung verpasste und weshalb ihm laut Tuchel "ein bisschen Rhythmus, ein bisschen Form, ein bisschen Vertrauen" fehle. Upamecano und Kim spielten sich unterdessen gut ein, auch gegen Leverkusen überzeugte das Duo. Tuchel soll außerdem generell kein Fan von de Ligt sein, wie die tz neulich berichtete. Sein Spielaufbau sei dem Trainer zu behäbig. Unter Vorgänger Julian Nagelsmann war de Ligt noch der unumstrittene Abwehrchef, er glänzte als lautstarker Kommunikator und kompromissloser Kämpfer. Legendär seine Rettungstat gegen Paris Saint-Germain.

Während Tuchel in der Innenverteidigung die Qual der Wahl hat, verfügt er auf anderen Positionen über keine entsprechenden Reservisten. Deshalb testet er Konrad Laimer als Rechtsverteidiger, deshalb testet er de Ligt als Sechser. "Wir werden jeden benötigen und in Zukunft vielleicht auch auf ungewöhnlichen Positionen", erklärte Tuchel.

Der neue Sportdirektor Christoph Freund beteuerte jedenfalls, dass de Ligt trotz der aktuellen Statisten-Rolle immer noch "ein richtig wichtiger Bestandteil unserer Mannschaft" sei: "Wir haben drei Weltklasse-Innenverteidiger, die werden wir auch brauchen. Die Situation ist für ihn nicht einfach. Ich bin aber überzeugt davon, dass er noch ganz viele Spiele machen wird im Laufe der nächsten Monate." Eine Partie über die volle Spielzeit absolvierte de Ligt immerhin am vergangenen Sonntag - für die Niederlande in der EM-Qualifikation gegen Irland.