Thomas Müllers Bankplatz beim FC Bayern München: 100 Fragen und eine Liebeserklärung

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Thomas Müller fehlte beim 2:1-Sieg gegen Werder Bremen schon wieder in der Startelf des FC Bayern München. Trainer Thomas Tuchel musste deswegen viele Fragen beantworten - was ihn zwar nervte, aber auch interessante Einblicke offenbarte.

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"Ich habe Verständnis für eine Frage. Ein bisschen weniger Verständnis habe ich für 100 Fragen", sagte Thomas Tuchel, nachdem ihm am Samstagabend zwar nicht ganz 100 Fragen, aber doch deutlich mehr als eine Frage zu seinem Namensvetter Thomas Müller gestellt worden waren. Seiner Meinung nach sei bei dieser Thematik "das Maß ein bisschen verloren gegangen, vor allem heute".

Was war passiert? Der Trainer hatte es tatsächlich gewagt, die größte Identifikationsfigur seines neuen Arbeitgebers auf die Bank zu setzen. Schon wieder! Trotz acht Ausfällen! Statt Müller begannen gegen Werder Bremen in der Offensive Kingsley Coman, Jamal Musiala, Sadio Mané und Serge Gnabry. Die Müller-lose Besetzung gewann eher glanzlos 2:1 und erhöhte den Vorsprung an der Tabellenspitze auf Borussia Dortmund zumindest zwischenzeitlich auf vier Punkte.

In den ersten drei Pflichtspielen unter Tuchels Anleitung war Müller noch stets in der Startelf gestanden. Beim 4:2-Sieg gegen Borussia Dortmund erzielte der 33-jährige Vize-Kapitän sogar einen Doppelpack. Zuletzt kam er bei vier von sechs Partien aber nur von der Bank und verzeichnete keinen Scorerpunkt. Die beiden Viertelfinalduelle in der Champions League mit Manchester City seien laut Tuchel "keine Thomas-Müller-Spiele" gewesen. Vergangene Woche gegen Hertha BSC litt Müller unter Rückenproblemen und "dann haben wir uns dazu entschieden, mit den Gleichen nochmal zu spielen".

In Bremen erlebte der Trainer nun mit voller Wucht, welche Mechanismen dieses Vorgehen auslöst. Bei der TV-Übertragung von Sky debattierte die Experten-Runde mit Lothar Matthäus und Julia Simic ausführlicher über Müllers Bankplatz als über das Spiel an sich. Mal wieder bestätigte sich: Niemand interessiert und polarisiert beim FC Bayern mehr als Müller.

FC Bayern: Thomas Tuchels Klarstellungen bei Müller

"Müller spielt immer", sagte Louis van Gaal vor 13 Jahren. Mit 489 Scorerpunkten in 663 Pflichtspielen, elf Meistertiteln, zwei Triples und vielen frechen Sprüchen avancierte Müller seitdem zum Erfolgsgaranten, zur Identifikationsfigur und zum einflussreichsten Spieler des FC Bayern. An den Trennungen von Carlo Ancelotti und Niko Kovac hatte er entscheidenden Anteil, auch Julian Nagelsmann sei er dem Vernehmen nach nicht allzu positiv gegenübergestanden.

Leitet Tuchel nun Müllers Ende beim FC Bayern ein? Als der Trainer diese Frage im Sky-Interview vor dem Spiel gestellt bekam, lachte er nur und wich aus, ehe er nach Abpfiff konterte: "Er kommt bei zwei Spielen von der Bank und Ihr Kollege fragt, ob ich sein Karriereende einleite. Vielleicht auch das Maß halten. Das ist am Ziel vorbei." Aus einem Ende beim FC Bayern hatte Tuchel in der Zwischenzeit kurzerhand ein Karriereende gemacht.

Tuchel wollte diesbezüglich noch etwas anderes klarstellen. Bei all den Fragen nach Müller solle bitteschön auch "der Respekt gewahrt werden vor denen, die beginnen". Ob Müller mit all seiner Erfahrung in der aktuell so schwierigen Situation aber nicht besonders wichtig wäre, wollte Expertin Simic wissen. Zur Erinnerung: Der FC Bayern steht in der Bundesliga so schlecht da wie seit elf Jahren nicht mehr und liefert sich an der Tabellenspitze ein enges Titelduell mit Borussia Dortmund.

"Dass wir in diese Situation geraten sind, da ist Thomas Müller ja auch dabei gewesen", erwiderte Tuchel. Vielleicht um diese korrekte, aber hart anmutende Aussage etwas abzuschwächen, schickte er hinterher: "Ich liebe Thomas Müller." Ein Satz, der zumindest bei seinem Vorbild Pep Guardiola nichts Gutes heißen würde. Während seiner Zeit beim FC Bayern verkündete Guardiola im identischen Wortlaut beispielsweise seine Liebe für Mario Mandzukic und Mario Götze, ehe er beide im jeweils darauffolgenden Sommer verkaufen ließ.

SV Werder Bremen, FC Bayern München
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Thomas Müller hielt Kabinen-Ansprache in Bremen

Tuchel scheint Müller aktuell weniger als Fußballer, denn als eine Art zusätzlichen Co-Trainer zu lieben. "Haben Sie ihn gegen Hertha gesehen? Er war mit mir vorne in der Coaching Zone und hat das ausgestrahlt, was man ausstrahlen muss", erzählte Tuchel vom vorangegangenen 2:0-Sieg gegen Hertha BSC.

Der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn berichtete, dass Müller in Bremen eine Kabinen-Ansprache gehalten habe: "Kurz bevor die Jungs auf den Rasen gekommen sind, war er derjenige, der die Mannschaft gepusht hat und gesagt hat, dass man hier heute gewinnen muss." Gesagt, getan. Dank Treffern von Serge Gnabry und Leroy Sané und trotz des sehenswerten Anschlusstors von Niklas Schmidt setzte sich der FC Bayern mit 2:1 durch. Als Gnabry das 1:0 erzielte, wartete Müller gerade auf seine Einwechslung - und bejubelte den Treffer fast so, als hätte er ihn selbst geschossen.

"Wie Thomas die Entscheidung hinnimmt, ist sensationell", sagte Tuchel und lobte dessen Trainingseifer und Einfluss auf die Mannschaft. "Ich weiß, dass er eine besondere Rolle einnimmt und die kriegt er auch von mir im Umgang und im Feedback, das ich mir von ihm hole. Ich hoffe, dass er das auch spürt. Das wird sich nicht immer nur an Spielminuten messen lassen."

Gegen Bremen reichte es für Müller letztlich zu 26 Spielminuten und dadurch zum Ausbau eines Rekords. Auch im 24. Bundesligaspiel gegen Werder blieb er ohne Niederlage (21 Siege, drei Remis). Kein Spieler bestritt so viele Bundesligaspiele gegen einen Klub, ohne ein einziges Mal zu verlieren. Ob in der neuen Saison noch welche dazukommen? Müller selbst wollte sich in Bremen ausnahmsweise mal nicht äußern.

FC Bayern München vs. BVB: Das Restprogramm in der Bundesliga

SpieltagBVBFC Bayern
32Borussia M'Gladbach (H)Schalke 04 (H)
33FC Augsburg (A)RB Leipzig (H)
34Mainz 05 (H)1. FC Köln (A)
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