FC Bayern München nach der Gala gegen Union Berlin: Angetrieben von Spannung und Störfeuern

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Spannung in der Bundesliga und viele Störfeuer - kommt das dem FC Bayern München womöglich sogar ganz gelegen? Diese These stellte nach dem souverän gewonnenen Spitzenspiel gegen Union Berlin jedenfalls der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn auf.

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Leon Goretzka hatte mit seiner Mannschaft im Bundesliga-Spitzenspiel gerade den sogenannten Verfolger Union Berlin deklassiert, da dachte er an den Endspurt der vergangenen Saison. Zur Erinnerung: Damals fixierte der FC Bayern München bereits am 31. Spieltag seinen insgesamt zehnten Meistertitel hintereinander, war zu diesem Zeitpunkt aber schon aus beiden Pokal-Wettbewerben ausgeschieden.

Die Ergebnisse der drei abschließenden Partien gegen den FSV Mainz 05, den VfB Stuttgart und den VfL Wolfsburg waren völlig irrelevant. Sie tun hier auch nichts zur Sache - im Gegensatz zu Goretzkas Erinnerungen daran. "Ich finde ehrlich gesagt", sprach der 28-Jährige: "Diese Spiele zum Ende der letzten Saison, bei denen es um gar nichts mehr ging, die haben mir nicht viel gegeben."

Einerseits hasst es der FC Bayern, nicht souverän an der Spitze zu stehen. Andererseits langweilt und lähmt es ihn bisweilen, nicht gefordert zu werden. Ein Dilemma, das Goretzka ganz wunderbar zusammenfasste: "Meine Aufgabe ist es, es möglichst nicht spannend zu machen. Dementsprechend werde ich alles dafür tun - aber schaden tut diese Spannung mit Sicherheit nicht."

FC Bayern: Die besten Leistungen in den wichtigsten Spielen

Aktuell ist die Bundesliga nämlich so spannend wie lange nicht mehr, aktuell deutet nichts auf irrelevante Spiele im Saisonendspurt hin. Zum Rückrundenstart hat sich der FC Bayern überraschend drei Remis geleistet, zuletzt gar eine Pleite bei Borussia Mönchengladbach. Vor dem 22. Spieltag rangierten die Münchner nur dank der besseren Tordifferenz vor Union Berlin und Borussia Dortmund.

Der BVB legte am Samstag gegen die TSG Hoffenheim vor, gewann somit auch das neunte Pflichtspiel in diesem Kalenderjahr. Bei einer Niederlage gegen Union wäre der FC Bayern auf Platz drei abgerutscht. Der Druck war groß, der folgende Triumph umso größer. 3:0 Tore, 6:0 Großchancen, 20:3 Schüsse. "Zwei, drei Klassen Unterschied" sah Union-Trainer Urs Fischer. Eine Münchner Machtdemonstration.

Es scheint fast, als hätten die Spieler ein bisschen Spaß an der ungewohnten Spannung. Die unerklärlichen Patzer sind Ärgernis und Antrieb für die ganz wichtigen Duelle gleichermaßen. Je größer die Herausforderung, desto besser die Leistung. Auffällig ist nämlich: Am überzeugendsten und erfolgreichsten trat der FC Bayern in der Rückrunde in den großen Spielen auf. Gegen Union, im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Mainz und im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Paris Saint-Germain.

Der FC Bayern ließ Union Berlin keine Chance.
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Der FC Bayern ließ Union Berlin keine Chance.

Oliver Kahn: "Es ist gut, wenn du fighten musst"

In den beiden Jahren nach dem Triple 2020 gewann der FC Bayern zwar jeweils souverän den Meistertitel, scheiterte in der Champions League und dem DFB-Pokal aber frühzeitig - und zwar wiederholt gegen Mannschaften, gegen die ein FC Bayern normalerweise nicht scheitern sollte. Holstein Kiel, Borussia Mönchengladbach, FC Villarreal.

Womöglich hilft die aktuelle Bundesliga-Spannung in den Pokal-Wettbewerben. "Es ist gut, wenn du in allen Wettbewerben fighten musst, weil das die Spannung erhöht", mutmaßte der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn. Er kennt das aus seinen eigenen Spielerzeiten. Frühling 2001: erst der Meistertitel in der Nachspielzeit des letzten Spieltags, dann der Champions-League-Triumph im Elfmeterschießen gegen den FC Valencia.

Kahn erwartet in dieser Saison keinen Endspurt, "wie es vielleicht die letzten Jahre immer war, wo wir immer einen gewissen Abstand hatten und am Schluss relativ klar deutscher Meister geworden sind. Dieses Jahr ist es enger. Das ist eine Herausforderung." Es scheint, als empfindet auch Kahn diese Herausforderung als gar nicht so problematisch.

Oliver Kahn: "Ein bisschen Reibung ist nicht ganz so schlecht"

Und die ganzen Störfeuer abseits des Platzes? Manuel Neuers nicht autorisiertes Interview, Serge "Gucci" Gnabrys Paris-Trip, Leroy Sanés Unpünktlichkeiten, Thomas Müllers Blitz-Auswechslung in Gladbach, Julian Nagelsmanns Pack-Rant gegen die Schiedsrichter und die begleitend dazu geäußerte Verschwörungstheorie?

"Was heißt Störfeuer?", fragte Kahn mit der Ruhe eines erfahrenen Titans. "So ein bisschen Reibung ist auch nicht ganz so schlecht. Wenn wir hier alle einen auf Harmonie machen, ist das nicht immer das Beste." Auch das kennt Kahn aus Spielerzeiten: Hier mal ein Schubser gegen einen Mitspieler, dort mal ein Biss oder ein Kung-Fu-Tritt gegen einen Dortmunder. Reibung schafft Energie.

Vielleicht um seine These direkt zu unterstreichen und ein runtergebranntes Störfeuer wieder ein bisschen anzufachen, warf der Vorstandsvorsitzende ein verbales Streichholz in die Verschwörungstheorie-Debatte: "Wenn wir alles auf den Platz bringen, dann können wir mit den Fehlentscheidungen der Schiedsrichter sehr gut leben." Laut Kahn gebe es "nicht viele, wenn nicht sogar niemanden außer unseren eigenen Fans, die wollen, dass wir deutscher Meister werden".

FC Bayern München, Union Berlin
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FC Bayern: Erst Stuttgart, dann das Rückspiel gegen PSG

Diese Sätze implizieren aber auch: Reibung ja, aber schon lieber extern als intern. Münchner Wagenburg. Dazu passt der Teamabend am Freitag im Grünwalder Forsthaus Wörnbrunn, als die Mannschaft all die Störfeuer besprach und sich auf die anstehenden Herausforderungen einschwor. "Solche Momente sind wichtig", findet Kahn, "dass man sich mal zusammensetzt, sich im Mannschaftskreis die Meinung sagt und Dinge ausräumen kann."

Laut Nagelsmann, sei "ein bisschen was passiert, weil wir selber auch wenig Lust haben, dass außen herum so viel Theater ist". Müller wollte keine detaillierten Infos zu den Gesprächsinhalten geben, sagte bloß: "Wir haben gut gegessen, das ist das Wichtigste. Wir haben unser Überleben gesichert mit einem hervorragenden Menü."

Auf dem Spielplan-Menü steht nächste Woche Mittwoch das Rückspiel gegen PSG. Nach dem 1:0-Sieg in Paris gilt es dann, mit aller Bundesliga-Spannungs- und Reibungs-Energie das Champions-League-Überleben zu sichern. Dazwischen wartet ein Bundesliga-Duell mit Stuttgart. Anders als im letztjährigen Saisonendspurt steht diesmal die Tabellenführung auf dem Spiel. Goretzka wird das nicht freuen, aber schon freuen.

FC Bayern München: Die nächsten drei Spiele des FCB

Datum und SpielortGegner
Sa., 4. März, 18.30 Uhr (Mercedes Benz Arena)VfB Stuttgart (Bundesliga)
Mi., 8. März, 21.00 Uhr (Allianz Arena)Paris Saint-Germain (Champions League)
Sa., 11. März, 15.30 Uhr (Allianz Arena)FC Augsburg (Bundesliga)
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