Ex-BVB-Profi Adrian Ramos im Interview: Klopp? "Mit Tuchel waren Spaß- und Lernfaktor größer"

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Adrian Ramos: "Preetz hat oft sehr nervös gewirkt"

Klingt, als seien Sie nicht besonders gut auf die damalige sportliche Leitung um Michael Preetz zu sprechen.

Ramos: Es war schwierig für mich, mit Herrn Preetz warm zu werden - gerade am Anfang, als ich kein Wort Deutsch verstanden habe. Er hat auf mich oft sehr nervös gewirkt. Mit der Zeit wurde unser Verhältnis aber besser und wir sind am Ende auch sehr freundschaftlich auseinander gegangen. Trotzdem: Die Unruhe der Verantwortlichen hat sich eigentlich in all den Jahren durch den Verein gezogen. Das war schade. Mit einem stabileren Umfeld hätten wir auch sicher erfolgreicher sein können.

Ihre Zeit in Berlin war nicht nur sportlich turbulent. Es gab da auch ein privates Scharmützel.

Ramos: Ich kann mir denken, worauf Sie hinaus wollen.

Dann erzählen Sie doch mal, wie Sie im Mai 2014 auf die Idee kamen, einen falschen Adrian Ramos zu Ihrer theoretischen Führerscheinprüfung zu schicken.

Ramos: Wissen Sie, ich hatte ja schon den Führerschein in Kolumbien gemacht und war ein einwandfreier Autofahrer. Nach meinem Wechsel zur Hertha hat man mir dann aber mitgeteilt, dass meine Lizenz in Deutschland maximal sechs Monate gültig sei und ich danach erneut Prüfungen ablegen müsse.

"Scheiße, das packst du nie", dachte Ramos, als er für die theoretische Führerscheinprüfung lernte.
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"Scheiße, das packst du nie", dachte Ramos, als er für die theoretische Führerscheinprüfung lernte.

Adrian Ramos: Führerschein? "Scheiße, das packst du nie"

Das ist typisch deutsch, Herr Ramos.

Ramos: Und auch gut so! Denken Sie etwa, in Kolumbien wird genauso Auto gefahren wie in Deutschland? Natürlich nicht. Die Deutschen sind sehr verantwortungsbewusst, das gefällt mir. Aber damals habe ich das natürlich anders gesehen. Ich war genervt und wollte einfach nur Auto fahren. Stattdessen musste ich für diese Prüfung lernen. Doch ich konnte mit all diesen Zetteln beim besten Willen nichts anfangen und habe nur gedacht: "Scheiße, das packst du nie."

Und dann?

Ramos: Habe ich mich entweder mit dem Taxi oder von einem Kumpel aus Kolumbien, den ich in Berlin kennengelernt habe, zum Training fahren lassen. Jahrelang. Können Sie sich vorstellen, wie ätzend so etwas ist? Wenn man eigentlich weiß: Man kann fahren, darf es aber nicht ...

Und dann kamen Sie eines Tages auf die Idee, sich für die Theorieprüfung anzumelden, aber jemand anderen unter Ihrem Namen dorthin zu schicken.

Ramos: Dazu möchte ich nichts sagen.

Ihre Mitspieler haben Sie sicher damit aufgezogen.

Ramos: Und wie! Das sind halt so Fehler im Leben, die man niemals gemacht haben möchte.

Zumindest hat das mit dem Führerschein dann ja noch in Dortmund geklappt. Dafür lief es dort mit dem Toreschießen nicht so gut wie in Berlin. In 79 Einsätzen für den BVB gelangen Ihnen 19 Tore, nachdem Sie für die Hertha in 176 Spielen 65-mal getroffen hatten. Kam der Schritt zu einem Topklub mit 28 möglicherweise zu spät?

Ramos: Das weiß ich nicht. Wäre meine Zeit in Dortmund erfolgreich verlaufen, würden Sie mir diese Frage jetzt nicht stellen. Aber klar, bestenfalls geht man mit 23 oder 24 zu einem Topklub, um sich noch etwas zu entwickeln und auch mal ein paar Fehler zu machen. Wenn man mit 28 zu einem solchen Klub geht und nicht sofort abliefert, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass langfristig mit einem geplant wird.

Warum kamen Sie in ihren zweieinhalb Jahren in Dortmund so selten über die Rolle des Backups hinaus?

Ramos: Die Konkurrenz war natürlich eine andere als in Berlin. Pierre-Emerick Aubameyang hatte einen wahnsinnigen Lauf. Aber ich habe mich gerade in meiner zweiten Saison, also seit der Ankunft von Thomas Tuchel, sehr wohl beim BVB gefühlt. Tuchel hat mir vertraut und ich habe dieses Vertrauen mit Toren zurückgezahlt.

Wie war Ihr Verhältnis zu Tuchels Vorgänger Jürgen Klopp?

Ramos: Am Anfang gut. Er wollte mich ja auch unbedingt in seiner Mannschaft haben. Aber Sie wissen ja, was das für eine Saison war.

Adrian Ramos über Klopp: "Mache ihm keinen Vorwurf"

Die, in der Dortmund auf Platz 17 überwinterte. Schon komisch, wenn man von der häufig abstiegsgefährdeten Hertha zu einem Titelaspiranten wechselt, um mit diesem dann auch um den Klassenerhalt zu kämpfen, oder?

Ramos: Ich habe gedacht, ich sei im falschen Film oder irgendein Fluch liege auf mir. Die Saison war eine Katastrophe. Leider habe ich nach ein paar Spielen zu Beginn kaum noch gespielt. Klopp hat anderen Spielern mehr vertraut.

Mit welcher Begründung?

Ramos: Ich würde nicht gut genug trainieren. Einmal hat er mich sogar aus sportlichen Gründen aus dem Kader gestrichen. Das war bitter.

Mit Tuchel hatte Ramos beim BVB mehr Spaß als mit Klopp - auch wenn dieser "sehr schnell sehr laut" werden konnte.
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Mit Tuchel hatte Ramos beim BVB mehr Spaß als mit Klopp - auch wenn dieser "sehr schnell sehr laut" werden konnte.

Aber berechtigt?

Ramos: Ich habe es als ungerecht empfunden, schließlich war ich nicht der einzige Spieler mit Formschwankungen. Ja, es gibt Tage, an denen man selbst im Training nicht das Tor trifft. Bin ich deswegen ein schlechterer Spieler? Nein. Es geht um Vertrauen. Und auch wenn ich sehr viel unter Klopp gelernt habe: Sein Vertrauen habe ich nur zu Beginn gespürt.

Gut für Sie, dass es Klopps letzte Saison beim BVB war - und Tuchel übernahm.

Ramos: Es gehört zum Fußball dazu, dass man zu dem einen Trainer einen besseren Draht hat als zu dem anderen. Ich mache Klopp keinen Vorwurf, die Saison war auch für ihn sehr hart. Aber ja: Mit Thomas waren Spaß- und Lernfaktor für mich wesentlich größer. Er hat uns beigebracht, mehr Kontrolle in unser Spiel zu bringen, aber bei Ballbesitz trotzdem schnell in die Tiefe zu kommen. Mir hat seine Philosophie gefallen.

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