Tiger ist ein Superheld

Von Florian Regelmann
Golf, US Open, Tiger Woods, Sam Woods
© Getty

München - Was macht eigentlich Rötger Feldmann alias Brösel so zur Zeit? Der Comiczeichner unter den Comiczeichnern muss sich ganz schnell an seinen Schreibtisch setzen und in die Arbeit stürzen.

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Die US Open in Torrey Pines haben nämlich einen neuen Superhelden hervorgebracht, der unbedingt in einem Comic verewigt werden muss. Wer ist schon Werner, hier kommt der unverwundbare Tiger, der erst dann weich wird, wenn er seine kleine Tochter Sam auf dem Arm hält. Alles zum besten Golfturnier aller Zeiten steht im SPOX-Par-10.

Die besten Bilder der US Open! 

1. Tiger - Beinhart! Es gibt Superman, Batman, Highlander - und es gibt Tiger Woods. Wie sich der 32-Jährige in Torrey Pines den Sieg und damit seinen 14. Major-Titel holte, war einfach nur ohne Worte. Zehn Wochen hatte er nach dem Masters wegen seiner Knie-Operation kein Turnier gespielt. Dann kommt Woods zur US Open, ignoriert alle Anweisungen der Ärzte, macht von weitem gesehen den Eindruck eines 67-Jährigen, so gehumpelt hat er vor Schmerzen (Au!), aber er gewinnt! Unfassbar! Wo seine Schläge landeten, konnte er oft gar nicht mehr sehen, weil er mit dem Ertragen von Schmerzen beschäftigt war. Wer nicht versteht, warum Golf so ein schöner Sport ist, muss sich nur die Woods-Highlights aus Torrey Pines anschauen -  er wird es kapieren. Woods benötigt in Runde vier ein Birdie an der 18 - er macht es. Woods benötigt im Stechen schon wieder ein Birdie an der 18 -  er macht es. Er macht es einfach. Fast dachte man, ein Erdbeben stünde kurz bevor, so laut waren die Jubelschreie der Fans (Yeah!). Sein dramatischer Sieg im Stechen bedeutete Woods so viel, dass er auf seiner internen Skala sogar seinen ersten Major-Sieg 1997 beim Masters als Nummer eins ablösen wird. Seinen Gegnern blieb am Schluss mal wieder nur ein lautes "Uff". Woods' Leistung war vergleichbar mit jener des kranken Michael Jordan, der 1997 in den Finals gegen Utah in einem bemitleidenswerten Zustand dennoch 38 Punkte machte. Die US Open haben es gezeigt: Woods ist der größte Sportler, den wir auf diesem Planeten haben. Und wenn er mit all seinen Heldentaten fertig ist, warten zu Hause Elin und Sam. Das Leben als Superheld ist schon schön.

2. Der Horst Schlämmer des Golf: Woods' großer Gegenspieler war Underdog Rocco Mediate. Auch er ist die Story des Turniers. Nicht-Golfinteressierte dachten, als sie zum ersten Mal seinen Namen gehört haben wohl, dass das der 44. italienische Neuzugang des VfL Wolfsburg sei, aber das ist natürlich falsch. Nur wenige Zentimeter fehlten Mediate, vor dem Turnier die Nummer 158 der Welt, zum Sieg. Im Stechen zog er dann im Duell "Rücken vs. Knie" den Kürzeren. Mediate hatte in seiner Karriere so schwerwiegende Rückenprobleme, dass Horst Schlämmer ("Ich habe Rücken") mit Mediate drei Seiten im Grevenbroicher Tagblatt füllen könnte. Mittlerweile geht es Mediate, wie man ja gesehen hat, aber wieder besser. Trotzdem wird der 45-Jährige häufig nach Runden von seinem Physiotherapeuten in bester Mama-Manier dazu gezwungen, sich ein Sweatshirt überzuziehen. Nach dem Motto: "Junge, du erkältest dich noch" - wer kennt es nicht. Mediate war brav, der Rücken blieb warm und das Ergebnis war eine herausragende Woche für ein herausragend sympathisches, immer lächelndes Plappermaul auf der Tour. Wie er Woods am 18. Loch des Stechens für dessen zweiten Schlag aufs Grün applaudiert hat, war ganz groß. Für den Titel reichte es nicht, aber den SPOX-Good-Guy-Award kriegt er hiermit auf jeden Fall verliehen.

3. Mickelsons 9! Eigentlich hätte es ja zum großen Duell zwischen Woods und Phil Mickelson kommen sollen. Schon als Kind hatte Mickelson davon geträumt, einmal eine US Open in seiner Heimat spielen und hoffentlich gewinnen zu können. Nun hatte er die Chance seines Lebens. Am ersten Tag lief noch alles nach Plan, doch danach ging es langsam aber sicher immer mehr in die falsche Richtung. Negativer Höhepunkt: An Tag 3 musste "Lefty" an der 13, einem Par-5, eine 9 notieren. Dabei lag er mit zwei Schlägen keine 80 Meter von der Fahne entfernt auf dem Fairway. Es folgte Schlag 3. Leider zu kurz, Phil. Der Ball rollte den Abhang hinunter. Es folgte Schlag 4. Leider wieder zu kurz, Phil. Der Ball rollte den Abhang hinunter vor seine Füße. Es folgte Schlag 5. Sie wissen schon... Mit jedem Versuch entfernte sich Mickelson sogar noch mehr vom Loch. Es war nicht zu glauben und traurig mitanzusehen. Am Ende stand ein Quadruple-Bogey auf der Scorerkarte. Man kann sich nicht erinnern, wann so etwas Mickelson, "dem Zauberer um die Grüns", mal passiert ist. Aber Moment, Mickelson weiß, wann ihm das zum letzten Mal passiert ist: als Achtjährigem!

4. Hut ab vor Martin Kaymer! Der deutsche Shootingstar zeigte in seinem erst zweiten Major der Golf-Welt, dass er bald um ganz große Siege mitspielen kann. Der 23-Jährige belegte nach einer schwächeren Finalrunde zwar nur Rang 53. Aber vor allem an Tag 2 bewies er seine Klasse. Wenn die Schwung-Umstellungen, an denen Kaymer in den vergangenen Monaten gearbeitet hat, mal richtig in Fleisch und Blut übergegangen sind, darf man vielleicht schon bei der British Open im Juli einiges erwarten. Und dass Deutschland bei den großen Turnieren nach Bernhard Langer für lange Zeit wieder einen Spieler hat, der Golf etwas mehr in den Mittelpunkt rücken lässt, ist einfach nur schön. Das muss an dieser Stelle mal gesagt werden.   

5. Der SPOX-Geheimtipp: Was soll man an dieser Stelle zu SPOX-Geheimtipp Aaron Baddeley sagen. Der Australier spielte ein ordentliches Turnier und landete am Ende auf dem geteilten 29. Platz. In den Titelkampf konnte der 27-Jährige aber zu keinem Zeitpunkt wirklich eingreifen. Ausgerechnet der Putter machte nicht so mit, wie man es bei Badds normalerweise kennt. Um das hier aber klarzustellen: Nur weil es jetzt mit dem Siegertipp nicht geklappt hat, heißt das nicht, dass wir jetzt damit aufhören. SPOX nimmt sich die Freiheit heraus, auch bei der British Open wieder einen gewagten Tipp abzugeben. Und wo wir schon bei Voraussagen sind. Hatte Ian Poulter nicht vor längerem gesagt, dass man ihn für die US Open schon mal als Sieger eintragen könnte? War dann wohl auch nichts. Poulter war auf dem Weg zu einem verpassten Cut, als er angeschlagen aufgeben musste. Aber das Outfit des Engländers, vor allem die pinken Schuhe, war gewohnt stark! Ist auch wichtig.

6. Toiletten-Problem: Kommen wir noch mal zurück zu Baddeley. Stichwort: Toilettenproblematik. Jeder Golfer kennt es, eine Runde ist lang, fünf Stunden, da muss man zwischendurch mal. Hilft ja nichts. Baddeley hüpfte also über die Absperrung und machte sich auf den Weg zum Dixi-Klo. Man stelle sich vor, man wäre Zuschauer und hätte gerade zur gleichen Zeit auch eine schwache Blase. "Ah, Hi Aaron! Wie läuft's?" - "Geht so, eins über nach fünf, Ciao!" Irgendwie schwer vorstellbar, dass es so etwas in anderen Sportarten geben würde, wie ein amerikanischer Reporter treffend bemerkte. Neben Michael Ballack in der Halbzeitpause eines EM-Spiels am Pissoir stehen. "Schieß halt mal, Capitano!" - na ja, lieber schnell weiter. 

7. Romo'd: Dallas Cowboys-Quarterback Tony Romo spielte einige Tage vor Beginn der US Open eine 84er-Runde auf dem anspruchsvollen South Course von Torrey Pines. Als logische Folge wurde während der ganzen Woche geschaut, wer denn einen schlechteren Score ins Clubhaus bringen würde. Sechs Spieler waren es am Schluss, die mehr Schläge benötigten. Darunter Mike "total unhappy" Gilmore oder auch mit Niclas Fasth ein Ryder-Cup-Star. Offizieller Ausdruck für alle: Sie wurden "geromo'd".

8. A Man of Streel: Die US Open sind auch deshalb so ein geniales Turnier, weil man einige Spieler auf dem Leaderboard sieht, die man sonst nicht sieht. So wie die Qualifikanten Justin Hicks und Kevin Streelman, die nach Tag eins mit starken 68er-Runden völlig überraschend in Führung lagen. "Wer zum Teufel sind die beiden?", dachten sich die meisten. Nun, Hicks ist die Nummer 722 der Welt, Streelman die 608. Letzterer musste sich nach nur einem Tag Berühmtheit natürlich auch schon einige Wortspiele gefallen lassen: Man of Streel, Nerves of Streel, er ist der Streel Deal...

9. Der Journalisten-Caddy: Von wegen unbekannte Namen. Da gab es auch Gary Wolstenholme. Ein 47-jähriger Engländer, der 1995 der letzte Mann war, der Tiger Woods als Amateur besiegte. Wolstenholme rutschte ins Feld, weil Sean O'Hair verletzt passen musste. Wo krieg ich jetzt so schnell einen Caddy her? Wolstenholme verpflichtete kurzerhand Andrew Cotter, einen BBC-Reporter. Ein Journalist als Taschen-Träger an der Seite, das kann ja nicht gut gehen. Wolstenholme spielte Runden von 83 und 82 und Schlägen, 23 über Par. Na ja, Spaß gemacht hat es sicher trotzdem.

 10. No smoking! Die US Open waren das erste rauchfreie Major in der Golf-Geschichte. Wer erwischt wurde, musste 100 Dollar Strafe zahlen. Natürlich war Zigarren-Liebhaber Miguel Angel Jimenez überhaupt nicht einverstanden und litt mit den Rauchern unter den Fans mit. Der Spanier paffte wie eh und je und wurde am Ende geteilter 6. Titelverteidiger Angel Cabrera verpasste im Übrigen dagegen klar den Cut. Nach seinem US-Open-Sieg im vergangenen Jahr hatte der Argentinier noch gemeint: "Manche haben Sport-Psychologen, ich rauche." Jetzt hat Cabrera plötzlich mit dem Rauchen aufgehört. Seinem Spiel hat es auf jeden Fall mal geschadet.          

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