Wehen mischt die zweite Liga auf

SID
Wehen, Hock
© Getty

Wiesbaden - Beim Blick auf die Tabelle reibt sich Christian Hock manchmal verwundert die Augen, in anderen Momenten genießt er still den unerwarteten Erfolg. Mit seiner Mannschaft ist der 37 Jahre alte Trainer des SV Wehen Wiesbaden die Sensation in der zweiten Bundesliga. 

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Der einstige Dorfklub steht nach neun Spieltagen auf einem Aufstiegsplatz und hat rund um die hessische Landeshauptstadt eine riesige Euphorie entfacht.

Innerhalb weniger Stunden wurden alle 12.566 Eintrittskarten für das Derby am Sonntag gegen Bundesliga-Absteiger FSV Mainz 05 verkauft. "Es wäre das Allerschönste, wenn wir im ersten Punktspiel zu Hause gewinnen könnten", sagt Hock vor der Pflichtspiel-Premiere in der neu erbauten Brita-Arena.

Erfrischender Offensivfußball 

Dort wollen die Hessen, die ihre bisherigen Heimspiele in der Frankfurter WM-Arena austrugen, auch künftig so manchen Favoriten das Fürchten lehren. "Dass wir jetzt da vorne stehen, ist eine schöne Momentaufnahme, vor allem wenn man sieht, welche Mannschaften um uns herum stehen", sagt Hock, der als Coach wie sein Team Novize in der zweithöchsten Spielklasse ist.

Der Neuling lebt von seinem Teamgeist und erfrischendem Offensivfußball. "In der Mannschaft ist eine richtig gute Stimmung drin. Es herrscht eine gesunde Rivalität. Jeder will natürlich spielen, aber alle unterstützen sich gegenseitig. Es gab nie Reibereien und Machtkämpfe", erklärt Hock.

Herausheben möchte er daher niemanden, "aber in der Offensive haben wir eine Qualität, die uns niemand zugetraut hat. Vor der Saison haben alle gefragt, wer bei uns 40 Tore schießen soll, jetzt haben wir schon 20."

Freundschaft mit Jürgen Klopp  

Damit stellt der Aufsteiger nach Borussia Mönchengladbach die zweitbeste Offensiv-Abteilung der Liga. Dies sollen auch die Mainzer zu spüren bekommen.

Genugtuung würde Hock bei einem Erfolg über den großen Rivalen von der anderen Rheinseite nicht empfinden. "Natürlich würde es mich freuen, wenn wir gewinnen. Aber im Endeffekt sind es auch nur drei Punkte für den Klassenerhalt. Dass es ein Derby ist, macht es zu einem besonderen Spiel", sagt Hock.

Mit Mainz verbinden ihn schöne Erinnerungen und eine enge Freundschaft zu Trainer Jürgen Klopp. Fünf Jahre jagten beide gemeinsam dem Leder nach, später coachte Klopp seinen ehemaligen Mitspieler. Noch heute telefonieren sie oft miteinander, tauschen sich über Trainingsinhalte und Gegner aus.

Hock zahlt Vertrauen zurück 

In den kommenden Tagen wird der Kontakt ruhen. "Ich werde ihm viel Glück vor dem Spiel wünschen. Dann haben wir 90 Minuten, wo wir uns vielleicht auch mal anschreien, danach sind wir wieder Freunde", sagt Hock.

Druck verspürt der Familienvater ohnehin nicht, denn Wehen hat bisher alle überrascht. Das ist auch ein Verdienst des früheren Profis, dem eine solch erfolgreiche Arbeit zu Saisonbeginn kaum zugetraut wurde. Selbst im Verein wurde seine fehlende Erfahrung als möglicher Stolperstein ausgemacht.

Daher setzte man Hock den erfahrenen Djuradj Vasic als sportlichen Koordinator vor die Nase. Nach knapp zwei Monaten wurde das Experiment beendet. Seit Vasics Rauswurf wirkt Hock glücklicher. "Ich habe jetzt mehr Verantwortung und Freiheiten. Vorher war das Vertrauen nie hundertprozentig da. Jetzt habe ich völlig freie Hand", sagt Hock. 

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