Ein ganz besonderes Null zu Null

Von Daniel Börlein
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© Getty

Nürnberg - Es ist kurz vor halb neun, und das wird wohl nichts mehr.

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Der arme Kerl sitzt da ganz verlassen auf einer Treppe, den Kopf seitlich an die Wand gelehnt, die Augen geschlossen. Dem Geruch nach zu urteilen war wohl das ein oder andere Bierchen im Spiel und das letzte davon schlecht.

Eigentlich ist er zum Fußball hierher gekommen. Der arme Kerl trägt ein Trikot, zwei Schals um die Handgelenke und eine mit unzähligen Aufnähern bestickten Kutte. Auf einem dieser Aufnäher steht: Meine Liebe, Mein Leben, Mein Club.

Seinen Club wird der junge Kerl heute wohl nicht mehr sehen. Und spätestens wenn der Bursche wieder einen klaren Kopf hat, wird er sich so richtig ärgern. Denn sein Club, der 1. FC Nürnberg, absolviert an diesem Abend das erste UEFA-Cup-Spiel seit 19 Jahren. Etwas ganz besonderes also.

"Ich bin ja so aufgeregt" 

Zwei Stunden vor der Partie ist davon noch nicht viel zu spüren. Die S-Bahnen sind nicht dichter besetzt als sonst, aus dem "Gärtla", Nürnbergs Fankneipe vor den Stadiontoren, dröhnt schon weit vor dem Anpfiff der Club-Song, und auch die Schlangen vor den Bratwurstbuden sind nicht länger als sonst.

Wenn man sich dann aber mit den Club-Fans unterhält, wird schnell deutlich, wie sehr man Europapokalspielen in Nürnberg herbeigesehnt hat. "Ich bin ja so aufgeregt", sagt beispielweise ein Mannsbild von stattlicher Größe, dem man ein solch schwaches Nervenkostüm nicht wirklich zugetraut hätte.

"Na klar ist das was Besonderes", fränkelt ein anderer Anhänger. "Ich war auch schon 1988 gegen Rom dabei und werd' auch in Bukarest sein. Ist doch Ehrensache." Fürs Spiel gegen Bukarest sind sich die Fans einig. "Wir gewinnen natürlich. Der Mintal macht mindestens eins", verrät ein kleiner Bub im FCN-Dress.

"Mittelmäßiges Ergebnis" 

Da allerdings weder Mintal noch sonst irgendein Nürnberger treffen und auch harmlose Rumänen keinen Torerfolg zustande bringen, endet das Europapokal-Comeback der Franken torlos.

Hans Meyer bezeichnet das 0:0 nach dem Spiel als "mittelmäßiges Ergebnis", obwohl er von eben jenem Resultat im Vorlauf der Partie noch von einem "guten Ergebnis" gesprochen hat.

Zu sehr hatten die Franken das Spiel dominiert und zu nahe waren sie einem Treffer doch immer wieder gekommen. Allerdings fehlte vor allem Angreifer Angelos Charisteas das nötige Zielwasser. "Charisteas braucht einfach ein Erfolgserlebnis. Wenn er demnächst das Tor macht, werden wir noch viel Freude an ihm haben", prophezeite Meyer.

Galasek als freier Mann

Der Coach selbst hatte gegen Rapid nur eine personelle Veränderungen vorgenommen. So rückte Tomas Galasek, gegen Hannover zuletzt noch angeschlagen auf der Bank, zurück in die Startelf.

Allerdings agierte der Kapitän nicht wie gewohnt im Mittelfeld, sondern gab den freien Mann in der Abwehrkette, während Andreas Wolf die einzige Bukarester Spitze in Manndeckung nahm. Die zuletzt doch verwundbare Defensive stand damit zwar relativ sicher, nach vorne fehlten aber immer wieder die zündenden Ideen. Vor allem die beiden verletzten Außenstürmer Robert Vittek und Ivan Saenko wurden doch schmerzlich vermisst.

Dennoch hielt Meyer an seinem bewährten 4-3-3-System fest und beorderte, wie gegen Hannover, Misimovic und Kristiansen auf die beiden Außenpositionen. Dass allerdings beide keine geborenen Angreifer sind, wurde gegen Bukarest einmal mehr deutlich. Kristiansen wirkte fast durchgehend fehl am Platze und Misimovics Flanken blieben stets am ersten Verteidiger hängen.

Mit dem Remis sind die Chancen aufs Weiterkommen noch immer vorhanden. Nürnbergs Trainer traut seinem Team "in Bukarest durchaus ein 1:1 zu." Der arme Kerl von der Treppe wäre dafür wohl unheimlich dankbar.

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