"Die mussten mich erstmal googlen"

Torsten Frings trug als Spieler insgesamt elf Jahre lang das Trikot des SV Werder Bremen
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Stimmt es, dass Sie bis heute noch Kontakt zum Verein haben und immer mal wieder vor Ort in Toronto sind?

Frings: Ja. Ein richtig guter Freund von mir arbeitet noch im Management des Klubs. Ich habe dort so viele Freunde gefunden, vom Pizzabäcker bis zum Banker. Die kannten mich am Anfang alle gar nicht. Die mussten mich dann erstmal googlen und haben sich YouTube-Videos angeschaut. Man konnte auch am Anfang gar nicht glauben, dass ich in Deutschland ausschließlich von meinem Gehalt als Fußballer lebe. Durch diese Umstände ist vor allem eine ganz andere, intensivere Freundschaft entstanden. Ich fliege so oft wie möglich noch hin. Demnächst mal wieder, ich habe ja jetzt Zeit. (lacht)

SPOX: Diese enge Bindung ist ungewöhnlich, gerade wenn man sieht, dass Sie es nur eine Saison beim FC Bayern ausgehalten und damals Ihre Bremer Heimat vermisst haben.

Frings: Ich habe mich in München auch wirklich wohlgefühlt, hatte aber Probleme mit Felix Magath und dann immer weniger Spaß, zum Training zu gehen. Mit ihm hat es leider nie gefunkt, auch wenn ich die Mehrzahl der Spiele absolviert habe. Ich hatte den Vertrag unterschrieben, als Ottmar Hitzfeld noch Trainer war. Ich hätte dann sicherlich auch beißen und warten können, bis Magath wieder weg ist. Da habe ich bestimmt auch meine Fehler gemacht. Die Sache hatte aber eine entscheidende Vorgeschichte, da Magath ja auch schon in Bremen mein Coach war und er mich damals verkaufen wollte.

SPOX: Sie haben einige unterschiedliche Trainer erlebt, neben Magath auch Thomas Schaaf oder Matthias Sammer in Dortmund. Wie war Sammer als Coach?

Frings: Sammer ist wie ich: Ein sehr direkter und offener Charakter, dazu war er ein toller Trainer. Er konnte dich motivieren ohne Ende. Er saß damals bei mir zu Hause auf der Couch und hat mich in einem einzigen Gespräch überredet, nach Dortmund zu wechseln. Es war dort aber die Zeit der finanziellen Probleme, so dass Spieler verkauft werden mussten, um überhaupt die Lizenz zu bekommen. Als Sammer dann entlassen wurde, war es auch für mich vorbei. Der Abschied vom BVB schmerzt mich heute noch, denn ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und war nah an meiner Familie in Aachen.

SPOX: Haben Sie mit Schaaf gelitten, als er zuletzt bei Hannover 96 so schwach abschnitt?

Frings: Nein. Aber auf ihn schaue ich immer, denn ihm habe ich am meisten zu verdanken. Er hat mich zum Profi gemacht. Wir haben ein nicht alltägliches Vater-Sohn-Verhältnis und telefonieren sehr häufig. Er könnte sofort arbeiten, wenn er möchte. Er ist aber in der Position, es sich aussuchen zu können und nur das zu tun, worauf er auch wirklich Lust hat.

SPOX: Auch Sie haben kürzlich eine Erfahrung machen müssen, die Sie trotz Ihrer langen Karriere noch nicht kannten - eine Beurlaubung als Trainer. Wie hat sich das angefühlt?

Frings: Es war nicht schön, wenn man nach rund 20 Jahren im Klub gesagt bekommt, dass es nicht mehr weitergeht. Das Aus hat an mir genagt. Ich bin mit meinen Brüdern ein paar Tage zum Angeln nach Norwegen gefahren. Man versucht dann natürlich zu reflektieren, welche Fehler man begangen haben könnte. Ich habe aber nicht vor, mir deshalb jetzt monatelang den Kopf zu zerbrechen.

SPOX: Wie fällt Ihr Fazit der Zeit in der Bundesliga aus?

Frings: Die Zeit im Trainerteam war extrem intensiv: Im ersten Jahr haben wir mit dem Klassenerhalt etwas Außergewöhnliches geschafft, als wir noch beinahe in die Europa League eingezogen sind. Dann die Rettung am letzten Spieltag, da habe ich vorher tagelang nicht geschlafen und war sehr aufgerüttelt. In der aktuellen Spielzeit gelang der Saisonstart nicht, da wir viel Pech mit Verletzungen hatten und nicht die Mannschaft stellen konnten, die wir eigentlich zur Verfügung hatten. Ich denke, dass wir insgesamt einen guten Job gemacht haben.

SPOX: Viktor Skripnik hat zwischenzeitlich mal geäußert, er habe noch keinen Tag als Cheftrainer genossen. War das für Sie nachvollziehbar?

Frings: Es ist natürlich gerade gegen Ende jedes Wort von ihm auf die Goldwaage gelegt und vier Mal umgedeutet worden. Anfangs wurden noch T-Shirts mit seinen Sprüchen gedruckt, ein halbes Jahr später verstand ihn offenbar keiner mehr. Da haben es sich die Medien für meine Begriffe zu leicht gemacht. Von ihnen kam dann viel Druck, was sich auch auf deine Lebensqualität auswirkt. Da wurden Worte fast schon bewusst im Mund umgedreht, so dass du häufig mit großen Schlagzeilen umzugehen hattest. Das hat die Arbeit im Trainerteam nicht leichter gemacht.

SPOX: Wie wollen Sie nun die restliche Saison für sich nutzen?

Frings: Ich werde jetzt erst einmal durchschnaufen und versuchen, schnell wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Diese zwei Jahre haben wirklich Körner gekostet. Später kommt vielleicht auch mal eine Hospitation in Frage. Das lasse ich aber zunächst auf mich zukommen.

SPOX: Sehen Sie sich grundsätzlich als Cheftrainer oder wird der nächste Job wieder der des Co-Trainers sein - vielleicht ja auch wieder zusammen mit Skripnik?

Frings: Das kann ich nicht ausschließen. Es ist aber mein Ziel, langfristig als Cheftrainer zu arbeiten. Ich habe derzeit keinen Masterplan mit genauen Zeitangaben in der Hinterhand. Ich bin für vieles offen. Mal sehen, welche Möglichkeiten sich ergeben. Erst dann werde ich mir konkrete Gedanken machen.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema