"Bayern die beste Mannschaft der Welt"

Roberto Hilbert wechselte vor der Saison ablösefrei von Besiktas zu Bayer Leverkusen
© imago

Bayer Leverkusen hat die letzten fünf Pflichtspiele in Folge gewonnen und ist nach dem Rekordstart in der Bundesliga nun auch in der Champions League auf einem guten Weg. Warum es so gut läuft und wie der FC Bayern am Samstag (18.30 Uhr im LIVE-TICKER) besiegt werden kann, verrät Roberto Hilbert im Interview.

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SPOX: Roberto Hilbert, hat die Mannschaft Jens Hegeler schon einen ausgegeben?

Roberto Hilbert: Dass Jens nach Verletzung eingewechselt wird, gleich für Alarm sorgt und dann so ein Ding in der 92. Minute reinhaut... Klasse!

SPOX: Stefan Kießling wollte eine Flanke auf seinen Kopf, Hegeler hat's direkt probiert. Haben Sie den Dialog mitbekommen?

Hilbert: Nein, auf dem Platz überhaupt nicht. Jens hat es mir nach dem Spiel in der Dusche erzählt, dass Kieß unbedingt eine Flanke wollte. Zum Glück hat er sich anders entschieden. Aber das nehmen wir ihm schon nicht übel (lacht).

SPOX: Ihnen hat man die Freude nach dem Schlusspfiff besonders angesehen. War es die Erleichterung nach dem verschuldeten Elfmeter, der zum 1:1 geführt hat?

Hilbert: Absolut. Ich habe Jens schon gesagt, dass er sich ein Mittagessen verdient hat. Wir haben in der ersten Halbzeit gut gespielt, in der zweiten Halbzeit den Faden verloren. Und ich verschulde dann einen dummen Elfmeter...

SPOX: Es war also ein Foul?

Hilbert: Ich war sicher, dass ich den Ball kriege und treffe ihn. Ich habe aber auch Kontakt zum Gegner. Letztlich darf ich mich wohl nicht beschweren, den Elfer kann man sicher geben.

SPOX: Für Sie war es eine Rückkehr in die Champions League nach einer halben Ewigkeit. Wissen Sie noch, wann Ihr letztes Spiel in der Königsklasse war?

Hilbert: Irgendwann mit dem VfB, oder?

SPOX: 4. November 2009: Sevilla gegen Stuttgart. Sie wurden zur Halbzeit ausgewechselt.

Hilbert: Puh, das ist wirklich eine Weile her. Es war schön, wieder dabei zu sein. Es ist immer etwas Besonderes in der Champions League zu spielen. Die Anspannung war aber nicht größer als sonst.

SPOX: Ist die Champions League nur ein Zubrot für Bayer Leverkusen oder auch ein Wettbewerb, bei dem Sie etwas erreichen wollen oder sogar müssen?

Hilbert: Es muss unser Ziel sein, ins Achtelfinale zu kommen. Danach heißt es: Alles geben und hoffen, dass mehr geht.

SPOX: Aber viele Leverkusener Spieler haben vor der Saison beklagt, dass Bayer zu wenig Anerkennung geschenkt wird. Kann da das Außergewöhnliche nicht helfen, dass sich das ändert?

Hilbert: Mir ist auch schon aufgefallen, dass das Medieninteresse an Bayer Leverkusen nicht so hoch ist...

SPOX: Woran liegt das?

Hilbert: Hier in der Region gibt es viele Vereine, die mehr oder weniger Spitzenfußball zu bieten haben. Das ist eine riesengroße Konkurrenz für eine kleine Stadt wie Leverkusen. Direkt in der Nachbarschaft Köln, aber auch Mönchengladbach, Dortmund, Schalke... . Das ist dann nicht leicht für uns. Obwohl Leverkusen seit Jahren zu den Top-Klubs der Bundesliga gehört, immer oben mitspielt und sich letztes Jahr deutlich direkt für die Champions League qualifiziert hat. Von den Leistungen her haben wir sicherlich mehr Aufmerksamkeit verdient. Aber wenn wir auch weiterhin so spielen, wird sich das über kurz oder lang schon einstellen.

SPOX: Dabei sind die aktuellen Bundesliga-Leistungen wieder so gut, dass Bayer die Wahrnehmung verdient hätte. 18 Punkte zu diesem Zeitpunkt ist ein interner Top-Wert in der Geschichte.

Hilbert: Wir haben eine sehr gut funktionierende Mannschaft. Man kann sich hier wirklich mit jedem unterhalten - auch mal über andere Themen als Fußball. Jeder weiß, dass der Mitspieler da ist, wenn man mal einen Fehler macht. Der Charakter der Truppe stimmt und nebenbei spielen alle noch ganz gut Fußball.

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SPOX: Leverkusen ist laut Datenbank der beste Tabellendritte nach sieben Spieltagen. Findet man das jetzt cool und freut sich darüber oder sagen Sie: Da geht mehr!

Hilbert: Bayern und Dortmund sind das Nonplusultra. Da muss man auch zu sich ehrlich sein. Unser Ziel muss es sein, erfolgreich Fußball zu spielen. Wenn es am Ende wieder der dritte Platz und die direkte Champions-League-Qualifikation wird, dann ist das super.

SPOX: Und das reicht?

Hilbert: Natürlich will jeder Fußballer mehr rausholen, natürlich versuchen wir Bayern und Dortmund zu ärgern - aber wir bleiben realistisch und bescheiden.

SPOX: Am Samstag kommt nun der FC Bayern in die BayArena. 33 Spiele haben die Münchener nicht verloren, das letzte Mal war gegen Leverkusen im Oktober 2012. Ist Bayern diesmal schlagbar?

Hilbert: Das weiß ich nicht. Bayern ist die beste Mannschaft Europas, vielleicht sogar die beste Mannschaft der Welt. Aber wir müssen uns zuhause vor niemanden verstecken. Wir werden alles versuchen.

SPOX: Bayerns Trainer Pep Guardiola sagt, er fürchte die Konterstärke der Bundesliga-Klubs. Steht der Leverkusener Matchplan damit schon?

Hilbert: Es ist eine Möglichkeit, die man ausschöpfen kann. Wir haben gezeigt, dass wir mit beiden Außenverteidigern und unseren Offensivspielern relativ schnell das Mittelfeld des Gegners überspielen und vorne Überzahl schaffen können. Wir kommen schnell zum Abschluss und haben in den ersten Spielen dadurch viele Tore erzielt.

SPOX: Das Rezept gegen Bayern heißt also: schnelles Umschaltspiel.

Hilbert: Sicherlich, aber das ist kein Rezept nur gegen Bayern, sondern gegen viele andere Gegner auch. Wir sind eine spielstarke Mannschaft mit gutem Passspiel. Wir haben ein hohes Niveau und das versuchen wir durchzubringen.

SPOX: Beim FC Bayern spielt Ihr einstiger Positionsverwandter Philipp Lahm neuerdings im zentralen Mittelfeld. Gefällt es Ihnen, was er dort abliefert?

Hilbert: Philipp hat bestätigt, dass er einer der besten Rechtsverteidiger Europas ist. Aber Pep Guardiola hat auch Recht, wenn er sagt, dass Philipp überall spielen kann. Er hat Linksverteidiger gespielt und war top, als Rechtsverteidiger war er top und als Mittelfeldspieler kann man sich auch auf ihn verlassen. Er ist ein intelligenter Spieler, der sehr so gut wie keine Fehler macht.

SPOX: Sie haben auch eine Mutation erlebt: vom offensiven Außenbahnspieler zum rechten Verteidiger. Geht das so einfach, dass man wie Sie oder wie Lahm an der Spitze des Schaffens eine neue Position erlernt?

Hilbert: Klar braucht es Zeit, bis man gewisse Automatismen und Laufwege drin hat. Mittlerweile hat sich der Fußballer dahingehend entwickelt, dass er vielseitig einsetzbar ist. Früher war der Stürmer Stürmer und der Manndecker Manndecker. Heute wissen viele Spieler aufgrund ihrer Ausbildung, wie sie auf einer Position zu spielen haben, auch wenn sie derzeit eine andere Rolle bekleiden.

SPOX: Wenn Lahm mittelfristig oder langfristig die Außenpositionen frei macht, würde es da Vakanzen in der Nationalmannschaft geben. Fühlen Sie sich angesprochen?

Hilbert: Angesprochen in dem Sinne, dass es meine Position ist. Es wäre einer super Sache, das habe ich schon zu meiner Türkei-Zeit gesagt. Das Thema ist sicher nicht abgehakt, aber derzeit auch zu weit weg.

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