Die Frage nach dem Sinn

Von Stefan Rommel/Daniel Paczulla
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© Getty

Gelsenkirchen/München - Sturmtief Emma hatte sich über Nacht verzogen. Am frühen Sonntagmorgen schien über Gelsenkirchen schon wieder die Sonne.

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Wirklich warm ums Herz wurde es den Anwesenden auf dem Trainingsgelände der Knappen am Schalker Feld aber nicht. Im Gegenteil.

Die Ersatzspieler vom Samstag turnten gut eine Stunde auf dem Rasen herum. Keinem einzigen huschte ein Lächeln übers Gesicht. Die Lage scheint einfach zu angespannt.

Der Rest der Mannschaft regenerierte im "Medicos auf Schalke", der Reha-Welt direkt neben dem alten Parkstadion. Reden wollte keiner. Warum auch, die letzten Tage waren schon zu viele Personen zu auskunftsfreudig, das Resultat konnte man beim 0:1 gegen die Bayern deutlich sehen. Die Bilder zum Hit gegen die Bayern!

"Druck war nicht so passend"

Die Mannschaft wirkte völlig verunsichert, die Turbulenzen der letzten Woche hatten deutliche Spuren hinterlassen. "Für mich war der Druck nicht so passend vor den wichtigen Spielen. Aber auch damit muss man umgehen", gab Trainer Mirko Slomka unumwunden zu.

Am Sonntag rechneten nicht wenige mit der Entlassung des Übungsleiters. Etliche Kamerateams und die schreibende Zunft hatten sich schon positioniert.

Rückendeckung durch Tönnies

Aber plötzlich rudert der Vorstand wieder zurück. Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies fand deutliche Worte: "Wir stärken Slomka den Rücken. Auch bei einem Aus in der Champions League wird er weiter unser Trainer bleiben", sagte er der "Welt".

Aber Schalke wäre in diesen Tagen wohl nicht Schalke, gäbe es auch hierfür nicht wieder eine Hintertür. "Wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt, müssen wir natürlich umdenken", fügte Tönnies noch nebulös an.

Klatsch und Tratsch

Wenn also alles nur Spekulation, das aggressive Vorpreschen von Präsident Josef Schnusenberg gegen Slomka nur ein Weckruf gewesen sein soll - wie hat es der Mannschaft vor einem der beiden wichtigsten Spiele des Jahres geholfen? Gar nicht.

"Vielleicht ist nicht allen bewusst, dass in Porto das Spiel des Jahres ansteht", fürchtet Verteidiger Mladen Krstajic. Und er meint damit nicht nur das kickende Personal. "Darauf müssen wir uns konzentrieren und nicht auf den ganzen Klatsch und Tratsch."

Die Attacken aus dem oft zitierten, ominösen "Umfeld", das in Wirklichkeit ja aus dem Verein heraus generiert und geschürt wird, haben ihr Ziel komplett verfehlt. Weder hat die Mannschaft die entsprechende Reaktion gezeigt, noch wurde Trainer Slomka gefeuert. Die Frage nach dem Sinn muss erlaubt sein.

"Die Unruhe hat sich auf die Mannschaft übertragen, die Mannschaft wirkt nicht gefestigt", schreibt Stefan Effenberg in seiner "BamS"-Kolumne. Riberys Tor im SPOX-Replay anschauen!

Assauer mischt sich ein

Nachdem zumindest augenscheinlich ein wenig Ruhe eingekehrt war, meldete sich Ex-Manager Rudi Assauer lautstark zu Wort. "Es ist nicht schlüssig, was derzeit passiert. Ich weiß auch nicht, wer momentan das Sagen hat", kritisierte Assauer im "DSF".

Er warf der Mannschaft "Holperfußball" vor und stichelte gegen Slomka. "Es ist immer schwierig, wenn ein ehemaliger Co-Trainer zum Chef befördert wird und von den Spielern geduzt wird. Das sind die Geschichten, die meistens nicht gut ausgehen. Die Mannschaft hat unheimlich an fußballerischer Klasse verloren, es wird nur noch gearbeitet."

Aussprache mit Schnusenberg

Am Sonntagnachmittag traf Slomka zusammen mit Schnusenberg "Lösungsansätze finden".

"Zwischen Mirko und mir gab es eine sehr offene, sehr deutliche und sehr ehrliche Unterredung. Diese war nötig, um die Atmosphäre zu bereinigen", sagte Schnusenberg nach dem Treffen.

Er betonte erneut, dass es "kein Ultimatum für den Trainer" gebe. Trotzdem weiß auch Slomka, dass "wenn wir nicht erfolgreich sind, auch ein Trainer Mirko Slomka nicht zu halten ist".

Verhindern kann das nur die Mannschaft. "Wir brauchen nun echte Männer. Die Partie in Porto wird das Spiel des Jahres", sagt Kapitän Marcelo Bordon. Eine erste klare Aussage in der Woche des Chaos.

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