NFL

Takeaways zum Start der Offseason: Wie funktioniert ein Rebuild in der NFL?

Erleben wir in dieser Offseason erneut Teams, die einen radikalen Neustart einleiten?
© getty
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5. Welche Teams stehen jetzt vor einer kritischen Weichenstellung?

Was bedeutet all das für die diesjährige Offseason?

Nicht jedes Team steht in jedem Jahr vor der Frage der Ausrichtung; häufig ist die übergreifende Strategie relativ klar.

Wir wissen, in welcher Phase die Chiefs angekommen sind. Die Bengals könnten nochmals kurzfristig All-In gehen, bevor zumindest mal Joe Burrow und Tee Higgins dann deutlich teurer werden. Denken die Chargers ebenfalls in diese Richtung?

Ein Team wie die Jets könnte mit einem entsprechenden Quarterback-Upgrade kurzfristig All-In gehen, und dieses Szenario scheint sich auch zunehmend abzuzeichnen.

Auf der anderen Seite des Spektrums gibt es ebenfalls einige klare Fälle. Die Texans und Bears allen voran sind bereits inmitten ihres Rebuilds.

Für manche Teams aber steht in dieser Offseason eben doch eine kritische Weichenstellung bevor.

New York Giants: Retool oder Reload?

Wie die Giants mit Daniel Jones verfahren, wird uns einiges darüber sagen, wo sich New York selbst sieht.

Jeder dürfte sich dahingehend einig sein, dass das Team in der vergangenen Saison am absoluten Limit seiner Möglichkeiten - und manchmal darüber hinaus - performt hat. Kaum jemand hatte die Giants im Vorfeld der Saison als Playoff-Team, geschweige denn mit einem Playoff-Sieg auf dem Zettel.

Doch welche Schlussfolgerungen zieht man daraus? Bekommt Jones den teuren Vertrag, den er angeblich fordert? Ein Argument für einen "Reload" könnte so aussehen, dass man die Wide-Receiver-Position generalüberholen muss, doch mit einer starken Defensive Front und einem - wenn man sich entschließt, ihn so zu bezahlen, sollte das auch die Meinung sein - guten Quarterback sich selbst nah genug an einem Playoff-Run mit mehr Substanz sieht.

Ich sehe die Giants eher im "Retool"-Lager. Es gibt einige junge Bausteine, die das Gerüst dieses Teams bilden werden, eine Basis ist also da. Jones sollte nicht mehr als eine Übergangslösung sein.

Las Vegas Raiders: Rebuild oder Reload?

Die Raiders könnten mit einem Jahr Verspätung den radikalen Umbruch einleiten, den ich bereits letztes Jahr gerne von ihnen gesehen hätte.

Damals wählten sie stattdessen eine aggressive Herangehensweise, mit dem Trade für Davante Adams und der Verpflichtung von Chandler Jones. Doch die Saison zeigte, dass die Raiders nicht ansatzweise die notwendige Substanz im Kader - oder die Qualität auf der Quarterback-Position - für einen echten All-In-Run hatte.

Letzteres wurde mit der Entlassung von Derek Carr nochmals in ein ganz anderes Licht gerückt, und hiermit beginnt unweigerlich die Debatte dahingehend, wie die Weichenstellung dieser Offseason aussehen sollte.

Denn es ist nachvollziehbar, wie die Raiders an den Punkt kamen, sich von Carr zu trennen. Doch würde es keinen Sinn ergeben, hier jetzt einen anderen Veteran als Alternative zu holen. Es sei denn, dieser Veteran wäre Aaron Rodgers, der als einziger mutmaßlich verfügbarer Quarterback - sofern Lamar Jackson nicht auf den Markt kommt - ein Upgrade zu Carr darstellen würde.

Ich hatte bei der "Reload"-Kategorie als ersten Satz geschrieben: "Die Teams, die in einen Reload anpeilen, sehen sich selbst im Titelfenster oder zumindest kurz davor." Sollten die Raiders tatsächlich Aaron Rodgers anpeilen, wäre es ein klarer Hinweis darauf, dass sie sich selbst weiter nah dran an einem möglichen Playoff-Run wähnen. Es wäre der Double-Down der vergangenen Offseason.

Ich denke, dass der Kader für eine solche Einschätzung viel zu viele Defizite aufweist. Secondary, Linebacker, Offensive Line - ich sehe die Raiders auch mit einem Quarterback-Upgrade und einer weiteren aggressiven Offseason nicht in einem kurzfristigen Titelfenster, was dafür sprechen würde, eine langfristigere Perspektive einzunehmen.

Saints, Bucs, Titans: Zeit für den Rebuild?

Während man bei den Raiders noch mehr in verschiedene Richtungen argumentieren kann, gibt es zwei Teams, bei denen der drastische Rebuild die offensichtlichste Option ist - auch wenn in beiden Fällen vermutlich eher kurzsichtig geplant wird, auch weil sonst schnell Jobs auf dem Spiel stehen.

Die Rede ist von den New Orleans Saints und den Tampa Bay Buccaneers.

Bei den Bucs ist das Szenario relativ simpel: Dieses Team war auf das Tom-Brady-Fenster ausgerichtet. So wurde der Kader über die letzten Jahre zusammengestellt und so wurden auch Verträge gestaltet. Jetzt hat Brady seine Karriere beendet, dieses Mal wohl tatsächlich, sodass sich unweigerlich die Frage stellt: Gibt es für ein Team, das knapp 60 Millionen Dollar über dem Cap ist und keinen Quarterback hat, überhaupt ein Szenario, in dem man auf eine sinnvolle Art und Weise kurzfristig kompetitiv sein kann?

Mit Lavonte David, Jamel Dean, Sean Murphy-Bunting und Mike Edwards werden zudem mehrere Starter in der Defense Free Agents und so sind die Buccaneers ein gutes Beispiel für das, was ich ganz zu Beginn beschrieben habe: Wie realistisch schätzt man sich in Tampa Bay selbst ein? Und welche Schlüsse zieht man aus dieser Einschätzung?

Die große Gefahr hier sehe ich darin, dass die Bucs Verträge umstrukturieren, eine Quarterback-Übergangslösung im Stile eines Jimmy Garoppolo holen und krampfhaft versuchen, kurzfristig acht, neun Spiele gewinnen zu können. Was erreichbar wäre, doch dieser Ansatz führt unweigerlich in eine Sackgasse.

Die Bucs müssten lediglich zu einem Division-Rivalen schauen, um die Auswirkungen davon zu sehen. Denn die Saints begingen nach dem Ende der Drew-Brees-Ära genau diesen Fehler.

Statt einen klaren Cut zu machen, den Cap wieder auf eine stabile Grundlage zu stellen und einen Rebuild einzuleiten, schob New Orleans immer wieder Cap Hits in die Zukunft, um möglichst viel des eigenen Teams zusammenzuhalten. In der Folge eröffnete man die Offseason Jahr für Jahr dramatisch über dem Cap und musste erst einmal wieder viele Verträge umstrukturieren, um unter den Cap zu kommen.

Die Konsequenz davon ist, dass man kaum Spielraum hat, um das Team zu verbessern, während gleichzeitig der Kader schrittweise qualitativ abbaut, während man immer weiter ins untere Mittelmaß rein rutscht. An diesem Punkt stehen die Saints noch immer.

Tennessee Titans: Rebuild unter neuem GM?

Bei den Bucs und den Saints fällt die Analyse relativ klar aus; die Tennessee Titans stellen eine interessantere Debatte dar. Denn bei den Titans könnte man argumentieren, dass zumindest in Teilen der Rebuild bereits eingeleitet wurde.

Der Trade von A.J. Brown im Vorjahr, die Entlassung von GM Jon Robinson im Dezember - und der neue GM Ran Carthon knüpfte mit den jüngsten Entlassungen von Taylor Lewan, Robert Woods, Zach Cunningham und Randy Bullock prompt an dieses Thema an. Bud Dupree könnte ein weiterer Cut-Kandidat in dieser Offseason sein.

Auch würde ein mit Bedacht durchgeführter Rebuild zur Timeline dieses Kaders passen. Derrick Henry wird zum Ende der kommenden Saison 30, Ryan Tannehills Vertrag läuft nach der nächsten Saison aus. Die Titans werden sich zeitnah offensiv neu erfinden müssen.

Die große Frage dann auch hier: Wie schätzen sich die Verantwortlichen in Nashville selbst ein?

Insbesondere die Defense hat junges Talent, ein radikales Einreißen des Kaders ist nicht nötig. Im Fall der Titans würde man eher von einem soften Rebuild sprechen, der in dieser Offseason beispielsweise mit einem Trade von Ryan Tannehill fortgesetzt werden könnte.

Das würde die Weichen unweigerlich für einen Neustart stellen.