NFL

Der Wahnsinn hat Methode

Von Adrian Franke
Chip Kelly hat seinen Kader für die neue Saison ordentlich aufgerüstet
© getty
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Auch bei seinem QB-Tausch widerlegte Kelly die Theorie, wonach er möglichst wenig Geld in die Offensive stecken will. Der Wechsel von Foles, der vor seinem Schlüsselbeinbruch insgesamt effektiv spielte, zu Bradford kostet die Eagles 2015 rund 11,6 Millionen mehr, darüber hinaus hat der einstige Nummer-1-Pick mehrere Kreuzbandrisse hinter sich. "Ohne die Verletzungen wäre er nie auf dem Markt gewesen", erklärte Kelly lapidar.

Warum also der Trade? Bei genauerer Betrachtung wird klar: Sonderlich überrascht sollte man nicht sein. Bradford spielte auf dem College, übrigens gemeinsam mit Murray, eine Tempo-Offense mit ebenfalls bis zu 80 Plays pro Partie. Einerseits im Spread-Style mit vielen Receivern, gleichzeitig aber mit teils komplizierten Routes sowie gelegentlichen QB-Runs. Darüber hinaus wird Bradford in Philly mit Offensive Coordinator Pat Shurmur wiedervereint - unter dem er 2010 bereits Offensive Rookie des Jahres wurde.

Bradford und Kelly: Match made in heaven?

Plötzlich macht die Entscheidung schon deutlich mehr Sinn - und es geht noch weiter: Das Play-Action-lastige Passspiel der Eagles ist Bradford wie auf den Leib geschneidert. Unter Kelly nutzt Philadelphia Play Action in fast jedem dritten Pass Play, der Ligadurchschnitt seit 2012 liegt bei 21 Prozent. Auch die Ergebnisse können sich sehen lassen: Das Passer-Rating der Eagles-QBs (+25,8 Punkte) steigt nach dem Fake stärker an als im Liga-Schnitt (+10,5 Punkte).

Auf Bradford passt das perfekt: Das Passer-Rating des Ex-Rams-QBs steigt bei Play Action von 81,7 auf 106,5 - also fast um 25 Punkte. Darüber hinaus gehörte der 27-Jährige 2011 (48,8 Prozent) und 2012 (41,7 Prozent) auch zu den zielsichereren Quarterbacks, wenn es um Pässe von mindestens 20 Yards ging. Zugegeben, 2013 ließ er in dieser Statistik nach. Aber sein neuer Coach, der die Big Plays im Passspiel fordert, baut darauf, diese Fähigkeiten wieder zum Vorschein bringen zu können.

Davon abgesehen geht es in Kellys Offense neben Geschwindigkeit vor allem um eines - nämlich um Antworten.

Ein perfektes Beispiel hierfür ist der Double Slant, ein typischer Spielzug aus Kellys schnellem Kurzpassspiel. Der Double Slant funktioniert sowohl gegen die Cover 2 mit zwei tiefen Safeties, als auch in der Manndeckung. Gegen Manndeckung liest der Quarterback die beiden Slants (im Schaubild links), und auch gegen den Blitz funktioniert meist die Slant-Seite mit einem schnellen Wurf. Gegen die Cover-2-Zonendeckung sind andererseits die kurzen Würfe "underneath", also in die Zone vor den Defensive Backs, häufig komplett frei.

Kellys Pass-Offense setzt alles daran, das Spiel für den Quarterback so einfach wie möglich zu machen. Oft geht es darum, durch das Scheme schon beim ersten Read einen freien Mann zu finden.

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Die vielen kurzen Pässe, darunter auch Bubble Screens, passen ebenfalls zu Bradford. Seit dessen Rookie-Saison verzeichneten nur sechs von 151 QBs über eine komplette Saison weniger als durchschnittlich drei Yards vor dem Catch. Bradford hatte gleich zwei solcher Spielzeiten: 2010 fingen seine Receiver den Pigskin 2,66 Yards hinter der Line of Scrimmage, 2013 waren es 2,86 Yards. Im gleichen Jahr kamen zudem 55 Prozent seiner Gesamt-Passing-Yards nach dem Catch - einer der ligaweit niedrigsten Werte.

Zusammengefasst: Bradford braucht Receiver, die aus seinen kurzen Pässen den nötigen Raumgewinn herausholen. Und Kellys System schafft genau diese Räume.

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