NFL

Der Wahnsinn hat Methode

Von Adrian Franke
Chip Kelly hat seinen Kader für die neue Saison ordentlich aufgerüstet
© getty
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Fazit

Als Kelly in der vergangenen Saison gefragt wurde, welche Offense er denn eigentlich plant, antwortete er bewusst nichtssagend: "Wir spielen die 'Was-funktioniert'-Offense. Wir spielen das, womit wir Punkte erzielen." Damit sagte er zu einem gewissen Grad wahrscheinlich sogar die Wahrheit, denn Kellys Offensiv-Philosophie weist Teile des Erhardt-Perkins Systems auf.

Dieses System basiert darauf, dass die Spielzüge auf verschiedene Spieler-Zusammensetzungen auf dem Platz angepasst werden können. Keiner der Skill-Player ist fest einer bestimmten Route oder einer bestimmten Aufgabe zugeordnet. Vielmehr geht es darum, dass in der Theorie jeder Spieler jede Rolle ausfüllen kann. Von den Spielern fordert das deutlich mehr Arbeit, da jeder jede Route und jede Zuteilung kennen muss. Vorteile sind im Erfolgsfall verkürztes Play-Calling und eine unglaubliche Flexibilität - der Gegner kann aus der Aufstellung auf dem Feld fast keine Schlüsse mehr ziehen.

Einen Beweis antreten

Kelly will beweisen, dass seine Philosophie und sein Ansatz in der NFL weiter Siege einbringen können - auch wenn der Motor der Tempo-Offense gegen Ende der Vorsaison zunehmend stotterte. Vor allem Bradford und Murray könnten dafür die fehlenden Puzzlestücke und letztlich Upgrades zu ihren Vorgängern sein - wenn sie denn fit bleiben: Genau wie Mathews hat auch Murray eine nicht gerade kleine Krankenakte.

Gleichzeitig hat Kelly nur wenige Wochen nach dem Bradford-Trade einmal mehr erkennen lassen, dass kein Spieler bei ihm sicher ist. Als mit Oregons Marcus Mariota der perfekte Quarterback für sein System im Draft zu haben war, versuchte er den Mega-Trade. "Wir haben das untersucht. Aber ich denke, wir sind nicht einmal in die Nähe des geforderten Preises gekommen", gab er anschließend zu. Jetzt wird er zeigen müssen, dass sein System mit dem so lange verletzten Bradford ebenso gut funktioniert wie mit einem Mariota am Ruder.

Red Zone zum Draft: "Komische Kiste von Kelly"

"Wir haben ein 4-12-Team übernommen und in den letzten beiden Jahren 20 Spiele gewonnen", betonte Kelly nach dem Draft, in dem er mit Receiver Nelson Agholor schließlich nur einen Offensivspieler holte, trotzig. Gleichzeitig weiß er aber auch, dass das angesichts seines Radikal-Umbruchs nicht mehr reichen wird: "Wir haben noch kein Playoff-Spiel gewonnen, das wissen wir. Wir müssen uns steigern. Wenn ich etwas versprechen kann, dann, dass wir nicht einfach abwarten. Wir warten nicht auf den Draft 2017. Wir wollen in dieser Saison alles geben."

Es ist für Kellys Philosophie eine kritische Saison: Er muss, nachdem er die Offense komplett nach seinen Wünschen umkrempeln durfte, nachweisen, dass er das Team wirklich verstärkt hat. Denn "anders", und das ist sicher keine innovative Erkenntnis, heißt nicht zwangsläufig "besser".

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