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NBA - Alperen Sengün startet mit den Houston Rockets durch: Ein bisschen Nikola Jokic und auch ein bisschen Dirk Nowitzki

Von Robert Arndt
Alperen Sengün ist das neue Gesicht der Houston Rockets.
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Alperen Sengün ist der Senkrechtstarter der Houston Rockets und blüht unter dem neuen Head Coach Ime Udoka auf. Der junge Türke ist der Fixpunkt der Rockets-Offense und mit den Neuzugängen hauptverantwortlich für den Aufschwung. Wir klären auf: Was macht Sengün so besonders - und was hat er sich von Dirk Nowitzki und Nikola Jokic abgeschaut?

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Manchmal sind die besten Moves jene, die man nicht macht. Nicht wenige fragten sich im Sommer, was die Houston Rockets mit all ihrem Cap Space machen würden, nachdem durchsickerte, dass das Interesse an James Harden auf Anraten des neuen Coaches Ime Udoka abgeflaut war.

Baustellen gab es im Kader genug, doch mit dem als Defensiv-Coach bekannten Udoka verwunderte es nicht, dass Brook Lopez einer der Wunschspieler der Texaner war. Wie nah die Rockets letztlich dran waren, den 35-Jährigen aus Milwaukee loszueisen, wissen wir nicht, doch die Bucks mussten sich gewaltig strecken (2 Jahre, 48 Millionen Dollar), um den Center von einem Verbleib zu überzeugen.

Wer weiß, wie die Saison mit dem "Splash Mountain" begonnen hätte. Aber auch ohne einen der besten Shotblocker der NBA sind die Rockets mit einer Bilanz von 6-3 sowie der drittbesten Defense der NBA furios in die neue Spielzeit gestartet. An dieser Stelle sei angemerkt, dass Houston von sieben Heimspielen am Stück profitierte, aber auch diese müssen erst einmal gewonnen werden. Erst recht eines gegen den Champion aus Denver mit niemand geringerem als Finals-MVP Nikola Jokic.

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Alperen Sengün: Der Fixpunkt der Rockets-Offense

Jokic legte zwar 36 Punkte, 21 Rebounds sowie 11 Assists gegen die Rockets auf, dennoch hatte der Serbe im Anschluss vor allem lobende Worte über seinen Gegenspieler Alperen Sengün parat. Jener 21-Jährige, der vermutlich nur von der Bank gekommen wäre, wenn Houston tatsächlich die Finger an Lopez bekommen hätte.

"Es ist gut, dass sie ihre Offense mehr über ihn laufen lassen", sagte Jokic über den Türken. "Das ganze Team profitiert davon. Er ist nicht egoistisch, spielt für das Team, teilt den Ball. Wer er den Ball hat, dann bewegt sich das ganze Team. Ich finde, dass er das heute gut gemacht hat."

Gut macht es Sengün schon die ganze Saison; Bislang legt der 2,11-Meter-Riese im Schnitt 19,4 Punkte, 8,2 Rebounds sowie 6 Assists auf. Houston schafft es endlich, den Türken besser einzusetzen. Schon bei Udokas Antritts-PK sprach der Coach darüber, dass dies eine Priorität sei - und bisher enttäuschte Sengün in dieser Rolle nicht.

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Alperen Sengün: Endlich im richtigen System

Im Gegenteil. Die "Baby Jokic"-Vergleiche kommen häufiger denn je, auch wenn dies natürlich ein wenig hochgegriffen ist. Es ist ein bisschen wie mit Draymond Green, der mit seiner Spielweise nicht kopierbar ist. So ist es auch mit Jokic, dessen Spiel so einzigartig ist, dass man bestenfalls eine schlechtere Kopie sein kann. Das soll die Leistungen von Sengün gar nicht schmälern, dennoch steht der 2021 an Position 16 von Besiktas gedraftete Türke noch am Anfang seiner Karriere.

Zwei Faktoren spielen beim Empowerment Sengüns eine wichtige Rolle: Einerseits der neue Coach Udoka, andererseits die Ankunft von Fred VanVleet, mit dem Sengün fast die komplette Zeit zusammen auf dem Feld steht. Es war bisweilen frustrierend, wie oft der Türke im Vorjahr von seinen Guards ignoriert wurde. Stattdessen war es eine "Your turn, my turn"-Offense, in der Jalen Green und Kevin Porter Jr. munter drauflos ballerten.

Vor allem Porter Jr. war nicht in der Lage, eine NBA-Offense zu dirigieren, musste das Team nach Vorwürfen von häuslicher Gewalt allerdings verlassen. Man kann nun darüber diskutieren, ob der neue Point Guard Fred VanVleet wirklich einen Maximal-Vertrag wert war, für diese jungen Rockets ist seine Präsenz aber Gold wert. Der frühere Raptors-Spielmacher ist ein guter Verteidiger und ist vor allem frei von Allüren und gewillt den Ball zu teilen, insbesondere mit Sengün. 27-mal hat "FVV" seinen Center bislang erfolgreich gefunden, lediglich Halliburton/Turner (39) und Maxey/Embiid (35) sind in dieser Saison bessere Duos.

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Alperen Sengün: Ein bisschen Jokic und auch eine Prise Nowitzki

Zwar hat Sengün in dieser Saison nur gut fünf Touches pro Partie mehr im Frontcourt, dafür bewegt sich der Ball schneller dank guter Entscheidungen und mehr Bewegung um den Fixpunkt herum. Und dann ist da auch noch seine eigene Offense, mit der er sich vor den Besten auf seiner Position nicht verstecken muss.

Sengün schafft in dieser Saison den seltenen Spagat, häufiger eingesetzt zu werden und dabei auch effizienter zu scoren. Das liegt einerseits daran, dass es nun ein klares System gibt, andererseits auch an den Verbesserungen im eigenen Spiel. Vor allem aus der Mitteldistanz hat er an seinem Spiel gearbeitet und streut nun häufiger den einbeinigen Fadeaway von Dirk Nowitzki ein. Dazu kommt sein etwas unkonventioneller Floater, der aber sehr erfolgreich ist.

Es sind alles weitere Ergänzungen zu seinem ohnehin schon sehr rundem Offensivspiel. Er hat die seltene Kombination aus guten Post-Moves, hervorragender Fußarbeit und kraftvollen Drives, die er immer wieder anbringen kann, obwohl Sengün in Sachen Kilos meist Nachteile hat. Und dennoch ist es immer wieder zu sehen, wie er echten Brocken wie Jonas Valancinuas oder auch Jokic aus der Balance bringen kann, sodass diese den Drive nicht mehr richtig verteidigen können.

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Alperen Sengün: Der Udoka-Effekt in der Defense

Apropos verteidigen: Auch hier sind die Rockets kaum mehr wiederzuerkennen. Natürlich helfen hier die Additionen von VanVleet sowie dem bisher bärenstarken Dillon Brooks, aber auch Sengün ist nun Teil einer Defense, welche besser zu seinen Fähigkeiten passt. Unter Stephen Silas war der Türke noch ein Center, der im Stile von Lopez das Pick'n'Roll im Drop verteidigen, also unter dem Korb bleiben sollte, was schlichtweg nicht sinnvoll. Sengün fehlte nicht nur die Länge und Athletik, sondern auch das Verständnis für diese Strategie.

Stattdessen wählt Udoka diese Saison auch hier die Jokic-Variante: Sengün verteidigt nun viel höher, attackiert die Ballhandler im Pick'n'Roll deutlich aggressiver und versucht so die Passwege zu stören. Wenn Sengün defensive Stärken hat, sind es seine schnellen Hände: 2,8 Deflections pro Spiel toppen unter den Fünfern nur Deandre Ayton (2,9) und (na klar!) Jokic mit 3,4 abgefälschten Bällen pro Partie.

"Er verbessert sich Spiel für Spiel", lobte Udoka zuletzt Sengüns Defense. "Er ist offensiv so talentiert, aber er reibt sich auch hinten auf und das macht für den Unterschied aus." Wie auch Jokic wird Sengün niemals ein waschechter Anker einer Defense sein, aber durch gutes Positionsspiel und den Basketball-IQ lassen sich viele Dinge kaschieren. So macht es auch Sengün, der als Helper stets für einen Highlight-Block gut ist.

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Alperen Sengün: Das Gesicht der Houston Rockets

All das macht ihn zu einem Eckpfeiler des nun schon drei Jahre andauernden Neuaufbaus in Houston, der in dieser Saison endlich richtig Fahrt aufnimmt. Jalen Green (#2 2021), Jabari Smith (#3 2022) oder der verletzte Rookie Amen Thompson (#4 2023) wurden zwar alle höher als der Türke gezogen, doch aufgrund seiner offensiven Genialität sowie der Fähigkeit an beiden Enden des Feldes zu spielen, ist Sengün seinen Kollegen einen Schritt voraus und das Gesicht der neuen Rockets.

Ob das wirklich für die Playoffs reicht? Das ist beinahe nebensächlich, da nach vielen Wirrungen in den vergangenen Jahren endlich wieder eine Richtung, eine Vision erkennbar ist. Und niemand verkörpert diese mehr als Sengün - der womöglich gar nicht gestartet wäre, wenn Houston Brook Lopez wirklich bekommen hätte.

Alperen Sengün: Seine Stats in der NBA (Stand: 17.11.2023)

SaisonSpieleMINPTSFG%3P%REBAST
21/227220,79,647,424,85,52,6
22/237528,914,855,333,39,03,9
23/24931,419,460,025,08,26,0
GESAMT15625,312,752,927,47,33,4
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