NBA

NBA - Isaiah Thomas startet Comebackversuch: Wie sich der Ex-MVP-Kandidat vom "schlimmsten Jahr" seines Lebens zurückkämpfen will

Von Lino Wilczewski
Isaiah Thomas avancierte in der Saison 2016/17 bei den Boston Celtics zum MVP-Kandidaten.
© getty

Vor vier Jahren mischte Isaiah Thomas im MVP-Rennen mit, ließ trotz herber, persönlicher Schicksalsschläge für die Boston Celtics sein Herz auf dem Court - und wurde dann eiskalt getradet. Eine chronische Hüftverletzung trieb ihn anschließend aus der NBA, nun versucht der zweifache All-Star, sich über Workouts und Auftritte in Amateurligen zurückzukämpfen.

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"Sie haben mich aufgegeben", schluchzte Isaiah Thomas in das Handtuch, das seine Tränen vor den Kameras verstecken sollte. Er saß auf dem Boden einer kahlen Kabine in Seattle, aber anders als die triste Szene vermuten ließ, war es keine Melancholie, die dort aus ihm herausbrach.

Im Gegenteil: Der ehemalige MVP-Kandidat hatte gerade 81 Punkte in der Crawsover Pro-Am League aufgelegt - seine Tränen liefen vor Freude darüber, dass es nach all seinen Verletzungen und vier Jahren voller sportlicher Rückschläge endlich wieder bergauf geht. "Ich bin zurück", verkündete IT kurz darauf auf Twitter.

Der Guard meinte damit freilich nicht seine erfolgreiche Rückkehr in diversen Amateurligen. Den Fans dort eine gute Show zu liefern, sei schön und gut, stellte er gegenüber Malika Andrews von ESPN klar. Damit sei es allerdings noch nicht getan.

Der 32-Jährige möchte zurück in die NBA: "Das ist das einzige Ziel! Ich weiß, dass ich das Talent dazu habe. Ich bin endlich gesund. Ich warte nur auf meine Möglichkeit."

Isaiah Thomas: Der Weg zum Kobold

Dieses Ziel zu erreichen, wird schwer. Zuletzt probierte es Thomas mit einem Zehntagesvertrag bei den Pelicans im April 2021. Dreimal durfte er auf der großen NBA-Bühne ran, bevor New Orleans den Vertrag auslaufen ließ. In den vergangenen vier Jahren hat er gerade einmal 87 Spiele bestritten.

Es wäre aber auch nicht das erste Mal, dass Thomas hohe Hürden zu überwinden hätte. Dass er mit seinen 1,75 Metern Körpergröße überhaupt den Sprung in die beste Basketballliga der Welt schaffte, war bereits eine Sensation - dass er sich dort halten würde, eine noch größere.

An letzter Stelle im Draft 2011 von den Sacramento Kings gewählt, startete IT seine Profi-Laufbahn nicht unter den besten Vorzeichen. Die Kings waren auch damals nicht gerade das Paradebeispiel für eine perfekt geführte Organisation, Veteranen im Kader waren Fehlanzeige.

Doch der quirlige Guard brauchte nicht viel Anleitung, um sich in der Liga zurechtzufinden. Schnell verdiente er sich einen Platz in der ersten Fünf, baute seine Punkteausbeute von durchschnittlich 11,5 als Rookie auf 20,3 in seiner dritten Saison aus. Während sein Team im Tabellenkeller der Western Conference herumdümpelte, hatte Thomas sein Profil bis zum Sommer 2014 so weit geschärft, dass die Kings ihn nicht mehr halten konnten und per Sign-and-Trade zu den Suns schickten.

Dort angekommen, blieb ihm trotz guter Leistungen kaum genug Zeit, seine Koffer auszupacken. Das Experiment mit drei Point Guards um Thomas, Goran Dragic und Eric Bledsoe war nur begrenzt erfolgreich, die Suns verschifften ihn nach lediglich 46 Einsätzen gen Boston.

Isaiah Thomas stieg in Boston schnell zum Publikumsliebling auf.
© getty
Isaiah Thomas stieg in Boston schnell zum Publikumsliebling auf.

Isaiah Thomas: Der King of the Fourth

Mitten in der Saison landete Thomas bei einem Team im Umbruch. Mit Rajon Rondo hatte gerade das letzte Überbleibsel der vergangenen Celtics-Ära die Franchise verlassen, mit Blick auf die zahlreichen Draft-Picks aus dem legendären Boston-Brooklyn-Trade in 2013 war die Devise klar: Gewinnen ist toll, ein paar Niederlagen wären für die Franchise aber mindestens genauso gut zu verkraften.

So richtig aufgegangen ist nur die erste Hälfte dieses Plans. Nach dem Trade für IT wichen die Kelten ab vom Lottery-Kurs (Bilanz bis dahin 20-32), beendeten die reguläre Saison mit 20 Siegen aus 30 Spielen und schafften es überraschend in die Playoffs, wo sie gegen LeBron James und die Cleveland Cavaliers ausschieden.

Doch das war nur ein Vorgeschmack. Die Offensive von Coach Brad Stevens ganz auf Thomas ausgerichtet, erreichte der kleinste Spieler der Liga in den kommenden beiden Spielzeiten neue Höhen, wurde zweimal zum All-Star gewählt und landete beim MVP-Voting der Saison 2016/17, in der er die Celtics mit knapp 29 Punkten und fünf Assists an die Spitze der Eastern Conference führte, auf dem fünften Platz.

Abend für Abend wurden im TD Garden "MVP"-Rufe laut, seine Leistungen im Schlussviertel brachten ihm den Spitznamen "King of the Fourth" ein. Für Thomas war das "alles, was ich immer wollte". Doch lässt sich an dieser Stelle die Geschichte seiner sportlich größten Erfolge leider nicht weitererzählen, ohne auf die schwierigste Phase seines Lebens einzugehen - sowohl auf als auch neben dem Platz.

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