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Grizzlies mit dem Rücken zur Wand

Von Cliff Schmit
Wenn Gesichter mehr als Worte sagen: Marc Gasol und die Grizzlies stehen vor dem Aus
© getty

Ob der gezeigten Leistungen gegen die Clippers und die Thunder wurde den Grizzlies eine ganze Menge gegen San Antonio zugetraut. Sogar die Finals schienen durchaus in Reichweite. Nach drei Partien sieht es jedoch nach einem glatten Durchmarsch der Spurs aus. Die Gründe für das Versagen sind vielschichtig.

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Die Spurs und die Grizzlies liefern sich bisher eine komische Serie. In Spiel zwei und drei lagen die Spurs einmal mit 18 Zählern vorn, einmal mit 18 Punkten zurück. Dennoch gingen beide Spiele unter völlig unterschiedlichen Voraussetzungen in die Verlängerung, wo jedes Mal die Texaner das bessere Ende für sich kannten.

Mangelnden Einsatz kann man Memphis dabei wahrlich nicht vorwerfen. Durch ihren unbändigen Willen haben die Grizzlies bereits zweimal in dieser Postseason Teams bezwungen, die vor allem offensiv wesentlich talentierter waren.

Exzellente Spurs-Verteidigung

Das Hauptproblem ist, dass die Offensive der Grizzlies bislang gegen San Antonio eine einzige Katastrophe ist. Schwache 92,4 Punkte pro 100 Angriffe erzielten Conley und Co. in den ersten drei Begegnungen. Ein in den Playoffs völlig inakzeptabler Wert.

Dabei sieht es vor allem phasenweise so aus, als würden die Grizzlies im ersten Gang feststecken und in absehbarer Zukunft nie mehr einen Korb erzielen. Eine der Ursachen, warum sich Memphis so unglaublich schwer tut, ist die überragende Post-Verteidigung der Spurs.

Duncan und Splitter fronten Gasol und Randolph exzellent und selbst wenn sie dies nicht tun, verhindern immer noch die starken Perimeter-Verteidiger der Spurs einfache Anspiele in den Post. Die beiden Big Men kommen bislang mit der Defensive der Texaner überhaupt nicht zu Recht, was eine desaströse Feldwurfquote von 34 Prozent mehr als beweist.

Leonard und Green ziehen sich zurück

Hinzu kommt, dass San Antonio die Schützen der Grizzlies noch sträflicher vernachlässigt, als dies die vorherigen Gegner schon getan haben. Lediglich Mike Conley wird am Perimeter etwas enger bewacht. Sind Prince oder Allen im Ballbesitz, lassen sich Leonard und Green nahezu in eine Zwei-Mann-Zone zurückfallen.

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Umso wichtiger, dass in dem Fall Pondexter und Bayless zur Stelle sind und die tiefe Verteidigung der Spurs bestrafen. Während Pondexter durchaus von diesen Freiräumen profitieren konnte, kommt von Bayless bislang viel zu wenig.

Lionel Hollins weiß sehr wohl, wo der Schuh drückt: "Wir spielen einfach nicht effizient genug. Wenn man sieht, was wir alles investieren, ist unser Ertrag eindeutig zu gering. Das müssen wir schnellstens verbessern."

In dieser Hinsicht wurde erwartet, dass die Spurs im Angriff wesentlich geschmeidiger und kollektiver agieren würden als die Grizzlies. Dass der Unterschied derart eklatant ist, kommt doch überraschend. Starke 77 Assists hat San Antonio in den ersten drei Spielen verteilt. Memphis steht lediglich bei 57 Vorlagen.

Grizzlies-Defensive schwächelt

Die schleppende Offensive ist allerdings nicht die einzige Baustelle. Auch die häufig gelobte Defensive bekommt bisher keinen richtigen Zugriff auf den sehr variablen Angriff der Spurs.

Memphis verteidigt nicht nur schwach gegen die vielen Dreierschützen, sondern fand bislang auch noch überhaupt kein Rezept gegen Tony Parker. Der Franzose wirbelt die Bären-Defensive immer wieder durcheinander, ist vor allem in der Transition nicht zu bremsen.

Bei allen Schwächen der Grizzlies muss man aber auch eingestehen, dass die Spurs eine starke Serie auf das Parkett legen. Vor allem die in die Jahre gekommene Big Three beweist, dass die Früh-Rente noch einige Zeit entfernt ist und liefert nahezu eine Galavorstellung nach der nächsten ab.

Dabei standen Duncan, Parker und Ginobili bereits in 28 Playoff-Serien gemeinsam auf dem Feld. 97 Siege sprangen dabei heraus. Nur das Lakers Triumvirat um Magic Johnson, Kareem Abdul-Jabbar und Michael Cooper liegt in dieser Kategorie noch vor den drei Sporen.

Big Three überragend

Kein Zufall, dass es genau jene Spieler waren, die in der kritischen Schlussphase von Spiel 3 Verantwortung übernahmen. Nach einer Auszeit gelangte der Ball von Parker über Duncan zu Ginobili. Ein perfekter Spielzug, der in einem völlig offenen Layup des Argentiniers gipfelte.

Gregg Popovich weiß es jedenfalls zu schätzen, über drei derart talentierte Akteure zu verfügen: "Ich habe jede Menge Vertrauen sie, aber die Jungs haben sich das auch über Jahre verdient. Sie setzen vielleicht nicht alles perfekt um, aber wenn sie etwas tun, machen sie es immer mit vollem Einsatz und so gut sie es nur können."

In der Tat ließen die Spurs vor allem in der Verlängerung nichts anbrennen und verwandelten nervenstark acht ihrer letzten zehn Würfe. "Wir verfallen nicht in Panik und wissen stets, was wir zu tun haben. Im letzten Viertel und in der Verlängerung haben wir jede Menge tolle Aktionen gehabt," stellte auch Tony Parker nach Spielende fest.

Auch Rollenspieler überzeugen

Den beeindruckenden Playoff-Run nur an San Antonios Big Three festzumachen, würde den restlichen Spielern allerdings nicht gerecht werden. Leonard, Green und Bonner strahlen aus der Distanz eine unheimliche Gefahr aus (19/37 Dreier in der Serie bislang) und nutzen die sich ihnen bietenden Räume an der Dreierlinie nahezu perfekt.

Im Gegensatz zum Erstrunden-Aus 2011 hat Duncan nun auch einen verlässlichen Frontcourt-Partner an seiner Seite. Tiago Splitter hält gegen Gasol und Randolph erstaunlich gut dagegen und ist ein Hauptgrund dafür, wieso die Big Men der Grizzlies bisher solch große Probleme in der Zone hatten.

Nach der erneuten Overtime-Niederlage tendieren die Chancen auf ein Weiterkommen der Grizzlies gegen Null. Noch nie in der NBA-Geschichte hat eine Mannschaft es geschafft, sich nach einem 0:3-Rückstand für die nächste Runde zu qualifizieren.

Gegen ein derart routiniertes und gut gecoachtes San Antonio ist es nur sehr schwer vorstellbar, dass Memphis die Serie noch einmal annähernd spannend gestalten kann.

Verheerende Statistik

Zudem auch folgende Statistik den Bären nicht unbedingt Mut zusprechen wird. In der Popovich-Ära lagen die Spurs zehn Mal mit 3:0 in Führung. Keine dieser Serien ging über mehr als fünf Spiele. Gewinnt San Antonio auch Spiel vier, wäre es der erste Sweep in den Conference Finals seit dem glatten Weiterkommen der Nets gegen die Pistons 2003.

Mike Conley versucht dennoch die positiven Facetten dieses fast aussichtslosen Kampfes zu beleuchten: "Es ist ein guter Lernprozess für uns. Natürlich ist die Serie bisher äußerst bitter verlaufen, aber wenn ich mit einer Truppe 0:3 hinten liegen müsste, dann wäre das mit meinen Jungs. Wir werden alles daran setzen, um uns noch einmal zurück zu kämpfen."

Bei diesem Unterfangen ist ein Sieg in Spiel vier alternativlos. Ob den Grizzlies dieser kleine Schritt zum historischen Comeback gelingt, ist nach den bisher gezeigten Leistungen jedoch mehr als fraglich.

Ergebnisse und Spielplan im Überblick

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