Dirk in der PowerPoint-Präsentation

Die DBB-Auswahl qualifizierte sich als Gruppenzweiter für die EM 2015
© imago

Der Rückfall in die "Basketball-Steinzeit" wurde gerade noch verhindert - und es gab sogar vereinzelt Lichtblicke. Dennoch muss sich der DBB grundlegende Fragen stellen. Die Mängelliste ist erdrückend. Der Versuch einer umfassenden Analyse in fünf Teilen.

Cookie-Einstellungen

Die neue DBB-Generation: Der nächste Nowitzki wurde gefunden

Vorweg das Erfreuliche: Obwohl die vermeintlich einfache EM-Qualifikation erst am letzten Spieltag gesichert wurde und selbst der Pflichtsieg zum Abschluss gegen das international dritt- oder viertklassige Luxemburg beschwerlich verlief (nur 43:40 zur Halbzeit!), war nicht alles missraten.

Denn: So oft die Unerfahrenheit als vermeintliche Schwäche des DBB-Teams angeführt wurde, erwiesen sich ausgerechnet die Jüngsten als die verlässlichsten Kräfte. Allen voran der 20-jährige NBA-Profi Dennis Schröder, der die ohnehin hohen Erwartungen übertraf. Dass seine Athletik und Schnelligkeit für europäische Maßstäbe beachtlich sind, konnte man bereits in seinem ersten Profi-Jahr in Braunschweig erahnen. Trotzdem war es verblüffend, wie der Point Guard der Atlanta Hawks in seinem überhaupt ersten Sommer auf Senioren-FIBA-Niveau die Geschicke des DBB-Teams lenkte.

Obgleich er stetig die Anzahl der Turnover senkte (Quali-Schnitt 3,3), war seine Anfälligkeit für unnötige Ballverluste auffällig. Ebenso, dass er - angesichts seines Alters nicht verwunderlich - das Spieltempo nicht zu kontrollieren vermag wie früher ein Mithat Demirel. Der Rest aber: exquisit. In der Defense ging er nicht so konsequent voran wie zu erwarten, doch das war teils seiner großen Verantwortung in der Offense geschuldet. Es gab nichts, was er nicht tat. Er zog zum Korb und vollendete entweder direkt oder ließ sich foulen und verwandelte jeden Freiwurf, der ihm in der Quali zugesprochen wurde (18/18). Dazu nahm er, anders als in Atlanta, mit einer selbstbewussten Attitüde die Dreier und traf starke 43,5 Prozent.

Seit Dirk Nowitzkis DBB-Pause 2011 gab es keinen deutschen Basketballer mehr, der sich aus so vielen verschiedenen Angriffssituationen selbst den Wurf kreieren konnte. Und wie so oft beim Mavs-Superstar zeigte Schröder seine beste Leistung, wenn die Nationalmannschaft sie am nötigsten hatte: Beim Rückspiel gegen Österreich gelangen ihm 24 Punkte (6/9 FG, 10/10 Freiwürfe) und 6 Assists bei nur 1 Turnover sowie 3 Steals. Die EM-Quali beendete er mit 15,3 Punkten und 5,3 Assists.

2013 wurde noch gerätselt, wie sich die drei Point Guards Schröder, Heiko Schaffartzik und Per Günther, der auf die Quali verzichtet hatte, arrangieren können. Diese Ungewissheit ist beendet: Wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht, dürfte Schröder für die nächsten zehn Jahre als Starting-Point-Guard gesetzt sein.

Auch deshalb, weil er ausgezeichnet mit den zwei anderen Top-Talenten harmoniert: seinem langjährigen Kumpel Daniel Theis und Maxi Kleber. Beide sind 22 Jahre alt und spielen auf der Position des Power Forwards. Schröder und Theis verantworteten mit ihren Alley-oops die spektakulärsten Aktionen des Sommers, das Zusammenspiel mit Kleber gestaltete sich ebenfalls verheißungsvoll. Zumal sich Theis und Kleber, trotz der gleichen Position, ergänzen.

Theis, bezüglich der Athletik neben Schröder die Referenz des DBB, geht bei aller Ungestümheit und vereinzelten taktischen Defiziten immer mit Kraft und Leidenschaft voran. Kleber wiederum spielt etwas anders, etwas feiner. Er besitzt einen ästhetisch schönen Wurf von außen, bewegt sich elegant und setzt sich mehr filigran denn brachial in Korbnähe durch. Defensiv geht ihm die pure Dominanz von Theis ab, und im Eins-gegen-eins ließ er sich öfters übertölpeln, dafür ist ihm ein ausgezeichnetes Timing und ein cleveres Positionsspiel eigen, so dass er ähnlich gut reboundet wie Theis und stark blockt (1,3 in der Quali).

Überhaupt ist der DBB besonders auf den großen Positionen reich an Talenten: Neben Theis (22 Jahre) und Kleber (22) verfügt er in Philipp Neumann (22), Danilo Barthel (22) sowie dem wieder erstarkten Bodgan Radosavljevic (21) und Johannes Voigtmann (21) über weitere Big Men mit Perspektive. Und mit Schröder über einen Spielmacher, der sie einzusetzen versteht. Besonders gespannt sollte man auf Bayerns Paul Zipser (20) achten, Schröders möglichen Backcourt-Partner der Zukunft.

1. Die neue DBB-Generation: Der nächste Nowitzki wurde gefunden

2. Die Kaderstruktur: Die Kohorte, die stagniert

3. Der Bundestrainer: Der nicht mehr nette Herr Mutapcic

4. Die Medien: Wo bleibt die Strategie?

5. Die EM-Bewerbung: Nowitzki als PR-Maschine