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Großmaul, Reign Man und "No Magic": Seattles legendärer Finals-Kader 1996

Von Ruben Martin
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Sie gehörten zu den Teams, die in den 90er Jahren an Michael Jordan und den Chicago Bulls scheiterten - trotzdem hatten die Seattle SuperSonics in dieser Zeit ein absolut legendäres Team versammelt. Anlässlich des 60. Geburtstags von Detlef Schrempf blicken wir auf den 1996er Finals-Kader der Franchise, die heute als OKC Thunder bekannt ist.

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Das Top-Duo in Seattle bestand aus Gary Payton und Shawn Kemp, doch Schrempf war als erster deutscher Star in der NBA eine exzellente dritte Option. Der gebürtige Leverkusener war zu diesem Zeitpunkt zwar bereits 33 Jahre alt und nach den Dallas Mavericks und Indiana Pacers bei seiner dritten Station, er hatte jedoch auch gerade erst seine beste Saison hinter sich.

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PLAYOFF-KADER - STARTING FIVE: GARY PAYTON (Point Guard)

Stats in den Playoffs: 20,7 Punkte, 6,8 Assists, 5,1 Rebounds und 1,8 Steals bei 48,5 Prozent aus dem Feld und 41,0 Prozent von der Dreierlinie in 43,4 Minuten (21 Spiele)

Der Anführer des Teams. "The Glove" war legendär für seine große Klappe und seine Defense, 1996 wurde er sogar Defensive Player of the Year. Lange war er der letzte Guard, der diesen Award abstaubte - bevor Marcus Smart im Vorjahr gewann. Die Finals wurden nochmal spannend, als er MJ verteidigte. Er war jedoch auch offensiv ein Superstar.

Nach 13 Saisons sowie jeweils 9 All-Star-Nominierungen und 1st-All-Defense-Nominierungen in Seattle ließ Payton seine Karriere bei den Lakers, Celtics und Heat ausklingen. 2006 feierte er in Miami gemeinsam mit Dwyane Wade, Shaquille O'Neal und Co. seinen ersten Titel als Champion.

Nach seiner Karriere probierte Payton sich als TV-Experte für die NBA sowie die NFL und hatte einen Auftritt in einem Lego-Film. Sein Sohn Gary Payton II darf seit vergangenem Sommer auch einen Ring tragen, er spielte zwei Saisons für die Golden State Warriors und ist aktuell bei den Portland Trail Blazers.

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HERSEY HAWKINS (Shooting Guard)

Stats in den Playoffs: 12,3 Punkte und 3,0 Rebounds bei 45,2 Prozent aus dem Feld und 34,4 Prozent von der Dreierlinie in 34,0 Minuten (21 Spiele)

Kam im Sommer 1995 per Trade aus Charlotte und startete in jeder Partie, sowohl Regular Season als auch Playoffs. "Hawk" gehörte zu den frühen Dreierspezialisten in der NBA (39,4 Prozent Karriere-Dreierquote). Zu Beginn seiner Karriere bei den 76ers legte er zwei Saisons auf mit mehr als 20 Punkten pro Spiel, 1990 war er sogar All-Star.

Nach vier Jahren in Seattle schloss er sich 1999 sogar noch dem "Feind" Chicago an, er hatte den vorerst letzten Titel der Bulls und Michael Jordan jedoch knapp verpasst. 2001 beendete Hawkins seine Karriere.

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DETLEF SCHREMPF (Small Forward)

Stats in den Playoffs: 16,0 Punkte, 5,0 Rebounds und 3,2 Assists bei 47,5 Prozent aus dem Feld und 36,8 Prozent von der Dreierlinie in 37,6 Minuten (21 Spiele)

Der dritte Star in Seattle und Deutschlands erster erfolgreicher NBA-Spieler. "Det the Threat" legte bei den Sonics zwei seiner drei All-Star-Saisons hin und schaffte es einmal ins All-NBA Third Team.

Auch Schrempf wählte zum Ende seiner Karriere nochmal einen Tapetenwechsel, in zwei Saisons bei den Portland Trail Blazers im Alter von 37 und 38 Jahren war er jedoch deutlich unter dem konstant hohen Niveau, das er bei den Supersonics bis ins hohe Basketball-Alter gehalten hatte.

Schrempf gründete schon während seiner aktiven Zeit gemeinsam mit seiner Ehefrau Mari die Detlef-Schrempf-Stiftung, für die er 2012 mit dem Paul Allen Award for Citizenship ausgezeichnet wurde.

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SHAWN KEMP (Power Forward)

Stats in den Playoffs: 20,9 Punkte, 10,4 Rebounds und 2,0 Blocks bei 57,0 Prozent aus dem Feld in 36,0 Minuten (20 Spiele)

Zu dieser Zeit vielleicht der spektakulärste NBA-Spieler - und sicherlich der dynamischste Dunker! Kemp war '96 etablierter All-Star und erst 26 Jahre jung, sein Highlight-Tape darf kein Fan verpassen. Nur zwei Jahre später begann jedoch seine Abwärtsspirale.

1997 wechselte er nach sieben Jahren in Seattle zu den Cleveland Cavaliers, 2000 kam es zu Wiedersehen mit Schrempf in Portland. Kemps Blütezeit endete jedoch schon im Alter von 31 Jahren, unter anderem weil er abseits des Feldes Probleme hatte. Nach einer Saison in Orlando beendete er 2003 seine Karriere.

2006 versuchte Kemp sich noch an einem Comeback und war verabredet zu einem persönlichen Workout mit dem damaligen Mavs-Coach und seinem ehemaligen Mannschaftskollegen Avery Johnson. Kemp verpasste das Training jedoch aus bis heute unbekannten Gründen, zu einem weiteren Termin kam es nicht. Abseits des Courts dürften sieben Kinder mit sechs Frauen ein NBA-Rekord sein.

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ERVIN JOHNSON (Center)

Stats in den Playoffs: 3,1 Punkte und 3,9 Rebounds bei 37,1 Prozent aus dem Feld in 14,1 Minuten (18 Spiele)

Glamourös war bei "No Magic" nur der Name, mit seinem Namensvetter von der LakeShow hatte er nicht viel gemein. Von ihm gab es Blocks und Rebounds, aber ziemlich wenig Offense.

Johnson wechselte nach der Saison für eine Saison zu den Nuggets, am längsten hielt es ihn den Milwaukee Bucks. Obwohl er erst mit 26 in die Liga kam und nie ein Star war, spielte er 13 Saisons.

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BANK: SAM PERKINS (Forward/Center)

Stats in den Playoffs: 12,3 Punkte und 4,3 Rebounds bei 45,9 Prozent aus dem Feld und 36,8 Prozent von der Dreierlinie in 31,1 Minuten (21 Spiele)

Der Oldie war Seattles wichtigster Scorer von der Bank, insbesondere aufgrund seines Dreiers. Sleepy Sam war vor allem für sein elegantes Spiel bekannt.

Wie Schrempf begann er seine Karriere in Dallas, dort und bei den Lakers war Perkins lange etablierter Starter und legte einige Saisons mit knapp 15 Punkten pro Spiel auf. 2001 beendete er seine Karriere bei den Pacers.

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NATE MCMILLAN (Guard)

Stats in den Playoffs: 4,4 Punkte, 2,7 Assists und 1,2 Steals bei 40,6 Prozent aus dem Feld und 47,5 Prozent von der Dreierlinie in 20,3 Minuten (19 Spiele)

Der heutige Hawks-Coach verwaltete das Spiel, wenn Payton seine Pausen bekam, und war vor allem defensiv wichtig. War 1994 mal Steals-Champion der NBA, obwohl er nur acht Spiele startete. Der T.J. McConnell seiner Zeit!

McMillan verbachte alle zwölf Saisons seiner Karriere in Seattle, daher rührt auch sein Spitzname Mr. Sonic. 1998 hängte er die Schuhe an den Haken und wanderte umgehend an die Seitenlinie der Sonics. Nach zwei Jahren als Assistent wurde er dort schon zum Head Coach, Atlanta ist mittlerweile seine vierte Station als Cheftrainer.

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VINCENT ASKEW (Guard)

Stats in den Playoffs: 3,7 Punkte und 2,2 Rebounds bei 34,3 Prozent aus dem Feld und 26,1 Prozent von der Dreierlinie in 18,2 Minuten (19 Spiele)

Musste ein paar Umwege hinlegen, bevor er sich in der NBA durchsetzte. Spielte zuvor in Italien und in der unterklassigen CBA. In den Playoffs lief es für Askew dann eher mäßig.

Seattle war die einzige Station wo er länger als zwei Saison war, nach elf Saisons bei acht verschiedenen Teams in der NBA zog es ihn 1998 noch auf das Parkett in Venezuela.

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FRANK BRICKOWSKI (Forward/Center)

Stats in den Playoffs: 2,0 Punkte und 1,4 Rebounds bei 42,1 Prozent aus dem Feld und 27,3 Prozent von der Dreierlinie in 9,8 Minuten (21 Spiele)

Brickowski hatte einige richtig gute Jahre, 1996 ging er mit 36 Jahren aber aufs Karriereende zu und rundete die eher wenig überwältigende Center-Rotation der Sonics ab. Auch er hatte seine Karriere als Profi in Italien (sowie Frankreich und Israel) gestartet, bevor er 1984 bereits für zwei Jahre nach Seattle kam.

Mit seinem Namen hätten die Fans heute Spaß in den sozialen Medien, Brickowski traf in seiner zweiten Zeit bei Seattle plötzlich jedoch den gelegentlichen Dreier. 1997 ging er noch für 17 Spiele zu den Celtics, bevor er seine Karriere beendete.

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DAVID WINGATE (Forward)

Stats in den Playoffs: 1,5 Punkte bei 43,8 Prozent aus dem Feld und 50,0 Prozent von der Dreierlinie in 5,2 Minuten (13 Spiele)

Auch Wingate hatte die 30 schon länger überschritten, in Seattle spielte er in den Playoffs mit 1,5 Punkten pro Spiel keine große Rolle mehr.

Auch er genoss als Rollenspieler eine lange Karriere von 15 Saisons bei sechs verschiedenen Teams. Seine besten Jahren waren seine ersten beiden in Philadelphia, wo er jeweils knapp neun Punkte pro Spiel machte.

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STEVE SCHEFFLER (Center)

Stats in den Playoffs: 0,0 Punkte und 0,8 Rebounds in 2,8 Minuten (8 Spiele)

Eine wirklich kleine Rolle spielte in den Playoffs wiederum Scheffler, der zwar in acht Spielen zum Einsatz kam, dabei aber ohne einen einzigen Punkt blieb.

Ein Starter war er ohnehin nie, ein Scorer erst recht nicht. Scheffler absolvierte danach nur noch sieben NBA-Spiele.

 

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ERIC SNOW (Guard)

Stats in den Playoffs: 0,2 Punkte bei 14,3 Prozent aus dem Feld in 2,4 Minuten (10 Spiele)

Während viele von Seattles Reservisten ihre besten Jahre hinter sich hatten, hatte Snow seine noch vor sich. Er war Seattles einziger Rookie, hatte allerdings noch überhaupt keinen Wurf. Das änderte sich, neben Allen Iverson spielte er bei den Philadelphia 76ers eine wichtige Rolle und erreichte 2001 die Finals.

Dort schaffte er es auch 2007 wieder mit LeBron James und den Cleveland Cavaliers, dort war er wiederum in der letzten Saison seiner Karriere und kaum noch in der Rotation. Snow war nach seiner aktiven Karriere noch als Assistenztrainer im College und der G-League tätig bis 2021.

 

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HEAD COACH - GEORGE KARL

Kam von Real Madrid nach Seattle, wo er insgesamt sieben Jahre an der Seitenlinie stand. Karl gilt als einer der besten Coaches der Geschichte, einen Titel hat er allerdings bei keiner seiner sechs Stationen in der NBA gewonnen.

Am längsten war er bei den Denver Nuggets, wo er unter anderem mit Carmelo Anthony gegen die LeBrons und Kobes dieser Jahre ankämpfen wollte. 2013 wurde er dort nach seiner einzigen Auszeichnung als Trainer des Jahres entlassen.

Einer von Karls Assistenten war übrigens Terry Stotts, der später mit den Mavs als Assistant Coach Champion wurde und von 2012 bis Juni 2021 die Portland Trail Blazers coachte.

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Playoffs 1996: Der Lauf der Sonics

Die Sonics setzten sich erst gegen die Kings (3-1) durch, danach sweepten die Sonics dem amtierenden Champion Houston um Center-Legende Hakeem Olajuwon. Es folgte eine epische Serie gegen die Utah Jazz mit Karl Malone und John Stockton, die durch einen knappen Erfolg in Spiel 7 gewonnen werden konnte. Danach warteten MJ und die Bulls!

Seattle verlor die ersten drei Spiele der Finals, zwei davon deutlich. Dann antworteten sie ihrerseits sogar mit zwei klaren Triumphen.

Im sechsten Spiel führte Schrempf Seattle mit 23 Punkten an, nach den ebenfalls gut aufgelegten Payton und Kemp kam offensiv jedoch fast gar nicht von den Sonics (zusammengerechnet 15 Zähler) und die Saison endete mit einem 75:87. Näher sollte dieses Team dem Titel nicht mehr kommen.

Auch nach dem "Umzug" 2008 nicht - allerdings zogen die Thunder 2012 auch noch einmal in die Finals ein. Damals gewannen die Miami Heat mit 4-1.

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