"Sie haben es bei Kahn versucht": Karl-Heinz Rummenigge erinnert sich an das krachende Super-League-Scheitern

Von Falko Blöding, Lelio Donato
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© getty

Bayern Münchens Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenigge hat sich ausführlich zu den gescheiterten Plänen für eine europäische Super League geäußert. Das Bestreben mehrerer Spitzenvereine, eine neue, übergeordnete Liga zu gründen, war im April 2021 nach massiven Fanprotesten gescheitert.

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Am Donnerstag fällt der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung dazu, ob eine Super League überhaupt rechtmäßig wäre. Rummenigge, der mit den Bayern ohnehin nicht teilnehmen wollte, blickte im Vorfeld bei der Gazzetta dello Sport auf den Frühling 2021 zurück. Rummenigge hatte damals den Posten des Vorstandsvorsitzenden beim FCB inne, sein Nachfolger Oliver Kahn stand aber bereits in den Startlöchern.

"Ich war besorgt. Sie waren zu zwölft, sie hatten vergeblich versucht, uns und andere zu überzeugen, sie waren am Ende ihrer Kräfte. Ich dachte: 'Was, wenn sie wirklich eine Revolution machen? Das wäre das reinste Chaos", sagte Rummenigge. "Innerhalb von zwei Tagen platzte die Seifenblase aber. Ich war bei Bayern im Stadion und Ceferin (UEFA-Präsident, d. Red) schrieb mir alle fünf Minuten eine SMS: Chelsea, Liverpool, City haben sich zurückgezogen. Es war vorbei."

Zu den zwölf Klubs, die von Real Madrid, dem FC Barcelona und Juventus angeführt wurden, gehörten die Münchener nicht. Rummenigge verriet, dass die Rädelsführer ihn dabei übergangen hätten: "Sie sind nicht zu mir gekommen. Sie haben es bei Oliver Kahn versucht, meinem designierten Nachfolger zu diesem Zeitpunkt. Uli Hoeneß, Präsident Herbert Hainer und ich haben gesagt: 'Niemals mit uns!'" Frankreichs Spitzenklub PSG habe das "auch so gesehen".

Karl-Heinz Rummenigge über Andrea Agnelli: "Er hat alles verloren"

Für Rummenigge steckte hinter dem Versuch der Gründung einer neuen Liga das Ziel, der finanzstarken Premier League das Wasser abzugraben: "Vor allem die Spanier wollten ihr schaden und haben diesen Wettbewerb erfunden, der das Nonplusultra sein sollte. Auf Wiedersehen Juve-Cagliari, auf Wiedersehen Bayern-Bielefeld."

Der ehemalige Weltklassestürmer glaubt, dass die Champions League nach ihrer Reform im kommenden Sommer die Super League endgültig überflüssig machen wird: "Die neue Champions League wird mit 36 Teilnehmern noch spektakulärer und offener sein. Haben Sie gesehen, wie Kopenhagen letzte Woche den Einzug ins Achtelfinale gefeiert hat? Das war für den Verein wie Weihnachten. Müssen immer die üblichen Verdächtigen gewinnen? Nicht im Fußball, im Fußball gibt es das Undenkbare, die Emotion - nicht die Mathematik. In Deutschland würde niemand in die Super League gehen, da gäbe es eine Fan-Revolution."

Rummenigge sprach außerdem über die Rolle des ehemaligen Juve-Chefs Andrea Agnelli, der die Super League unbedingt wollte, um frisches Geld für die finanziell angeschlagenen Bianconeri zu generieren: "Ich verstehe, dass Corona die Vereine zur Eile zwang, jemand wollte frisches Geld, aber dieser Auftritt war unprofessionell. Ich verstehe ihn nicht und es tut mir menschlich leid. Er war ECA-Präsident, er war im UEFA-Exekutivkomitee, er war Präsident von Juve, das zu den fünf größten Vereinen gehörte. Er hat alles verloren, auch seinen guten Ruf. Wir haben uns gut verstanden, aber als ich ihm gesagt habe, dass Fußball nicht nur Wirtschaft ist, hat er anders gedacht als ich."