Manuel Neuer attackiert den FC Bayern München: Die wichtigsten Antworten zum Drama

Von Chris Lugert
neuer-fcb
© imago images

Manuel Neuer attackiert den FC Bayern und sorgt für ein Beben rund um die Säbener Straße. Wie geht es nun weiter?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Ausgerechnet der Kapitän sorgte für die Rückkehr des "FC Hollywood"! Manuel Neuer hat mit seiner Frontalattacke auf den FC Bayern München ein Erdbeben rund um die Säbener Straße ausgelöst, dessen Auswirkungen auch in den kommenden Wochen noch zu spüren sein dürften.

Auf dem Platz wird Neuer gewiss nicht stehen, wenn seine Kollegen die erneute und hausgemachte Unruhe ausbaden dürfen. Die Frage, die sich nun stellt, ist ohnehin: Wird Neuer überhaupt jemals wieder für die Bayern auflaufen? Und mit welchen kurzfristigen Konsequenzen muss der Kapitän rechnen?

Kommentar: Neuer lässt den FC Bayern zum zweiten Mal im Stich

SPOX und GOAL haben Antworten zusammengetragen.

Bundesliga, FC Bayern München
© getty

Manuel Neuer und der FC Bayern: Was ist überhaupt passiert?

Völlig unerwartet und wie eine Bombe schlug am Freitagabend ein Interview von Bayern-Kapitän Manuel Neuer ein. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung sowie The Athletic beklagte sich der 36-Jährige mit emotionalen und harten Worten über die Trennung von seinem langjährigen Torwarttrainer und Freund Toni Tapalovic.

Er habe das Gefühl gehabt, "mir wird mein Herz rausgerissen", sagte der mehrfache Welttorhüter mit Blick auf die Entscheidung des Rekordmeisters, der Tapalovic vor gut zwei Wochen wegen "Differenzen über die Art und Weise der Zusammenarbeit" fristlos entlassen hatte.

Neuer ging sogar noch weiter und bezeichnete den Abgang des Torwarttrainers als "das Krasseste, was ich in meiner Karriere erlebt habe". Für ihn sei das "ein Schlag, als ich bereits am Boden lag" und eine "große Enttäuschung" gewesen.

Zudem kritisierte er das generelle Verhalten des Klubs scharf. "Das hat mit dem Menschlichen zu tun, dem Umgang mit einem verdienten Mitarbeiter: Wir wollen als Bayern München anders - eine Familie - sein", erklärte der Weltmeister von 2014: "Und dann passiert etwas, das ich so hier noch nicht erlebt habe. Das ist für alle schade."

Manuel Neuer, Toni Tapalovic
© getty

FC Bayern: Warum setzt sich Manuel Neuer so für Toni Tapalovic ein?

Neuer und Tapalovic verbindet weit mehr als nur ein Trainer-Spieler-Verhältnis. Bereits beim FC Schalke 04 arbeiteten beide zusammen, nach Neuers Wechsel zum FC Bayern 2011 folgte ihm Tapalovic wenige Wochen später. Für den Keeper ist klar, dass seine Karriere ohne Tapalovic nicht möglich gewesen wäre.

"Der Torwart, der ich heute bin, bin ich auch dank Toni Tapalovic. Er hat mich mitentwickelt und ich konnte auch einiges aus Tonis aktiver Zeit lernen", sagte Neuer einst in einem Portrait auf der Klub-Webseite. Tapalovic meinte, er wisse nicht, "ob es in der Bundesliga noch einmal so eine Beziehung bei den Torwarttrainern gibt. Allein ein Blick reicht oftmals aus und wir beide verstehen, was gemeint ist".

Auf dieses blinde Verständnis kann Neuer nun zudem nicht mehr bauen, wenn er sich künftig dem Konkurrenzkampf mit Neuzugang Yann Sommer und womöglich auch Alexander Nübel stellen muss.

Abseits des Platzes entstand zwischen Neuer und Tapalovic ebenfalls eine tiefe Freundschaft. "Tapa" war Neuers Trauzeuge bei dessen Hochzeit mit seiner damaligen Freundin Nina, der Keeper war zudem Taufpate von Tapalovics Sohn.

Oliver Kahn, FC Bayern München
© getty

FC Bayern: Welche kurzfristigen Konsequenzen drohen Manuel Neuer nach dem Interview?

Neuer ist nicht der erste prominente Bayern-Spieler in der jüngeren Vergangenheit, der sich zu einem aufsehenerregenden Interview hinreißen lässt. Im Jahr 2009 attackierte Philipp Lahm den Klub - kurioserweise ebenfalls in der SZ - und sah sich genötigt, die Transferpolitik zu kritisieren. Das kam bei den Bossen überhaupt nicht gut an. Eine Geldstrafe, wie es sie "beim FC Bayern München bisher nicht gegeben hat", kündigte Karl-Heinz Rummenigge damals an.

Lahm habe in "eklatanter und unverzeihlicher Art und Weise gegen interne Regeln verstoßen. Es ist ein absolutes Tabu, in der Öffentlichkeit Kritik gegen den Klub, den Trainer und Mitspieler zu äußern", stellten die Bayern klar. Lahm musste dem Vernehmen nach 50.000 Euro zahlen.

Auch Neuer dürfte nun kräftig zu Kasse gebeten werden. Rummenigges Nachfolger Oliver Kahn wählte zumindest eine ganz ähnliche Tonalität. "Was Manuel in Teilen dieser zwei Interviews im Zusammenhang mit der Freistellung von Toni Tapalovic gesagt hat, wird weder ihm als Kapitän noch den Werten des FC Bayern gerecht. Zudem kommen seine Aussagen zur Unzeit, weil wir vor ganz wichtigen Spielen stehen", sagte Kahn der dpa.

Allerdings zeigte er auch Verständnis. "Er ist persönlich betroffen, das muss man ein Stück weit verstehen", ordnete Kahn ein: "Das war uns auch bewusst, als wir ihm erklärt haben, dass die nicht leichtfertig getroffene Entscheidung in der Frage des Torwarttrainers in diesem Moment das Beste für unsere Mannschaft war."

Auch Sportvorstand Hasan Salihamidzic kündigte eine gründliche Aufarbeitung an. "Ich verstehe, dass Manuel persönlich betroffen ist. Aber von ihm, zumal als Kapitän, hätte ich ein anderes Verhalten erwartet", sagte er der Bild am Sonntag.

FC Bayern München, Bundesliga, Manuel Neuer, Markus Babbel, Transfermarkt
© getty

Was ist mit Manuel Neuers sportlicher Zukunft beim FC Bayern?

Klar ist: Mit seinem Interview hat sich Neuer mit Blick auf seine sportliche Zukunft im Klub keinen Gefallen getan. Zwar betonten die Bosse und auch Trainer Julian Nagelsmann bislang unisono, dass der Kapitän nach der Rückkehr von seiner schweren Verletzung die Nummer eins sei und stärkten ihm damit den Rücken. Seine nun getätigten Aussagen könnten diese Meinung allerdings ändern.

Neuer selbst gab in dem Interview zu, die Entlassung von Tapalovic habe ihn selbst bereits zweifeln lassen, ob es bei den Bayern für ihn weitergeht: "Ich habe über alles Mögliche nachgedacht, auch über meine Zukunft im Verein." Die Verantwortlichen hätten ihm letztlich aber versichert, dass man ihn persönlich damit nicht verletzen wollte. "Ich habe gesagt, dass ich mit den vorgebrachten Gründen nicht einverstanden bin, und ich hatte das Gefühl, dass ich gehört wurde", erklärte er.

Doch ob Neuer wirklich noch einmal zurückkommt, ist spätestens jetzt unklarer denn je. In Yann Sommer wurde bereits eine Übergangslösung verpflichtet, der Vertrag mit dem Schweizer läuft bis 2025. Mit seinen 36 Jahren und dem Beinbruch im Gepäck ist ohnehin völlig offen, ob Neuer noch einmal seine alte Form erreichen kann. Und schon vor seinem verhängnisvollen Skiunfall war Neuer nicht mehr auf dem allerhöchsten Niveau, das ihn einst groß gemacht hatte.

Möglicherweise war das Interview jetzt der entscheidende Funken, der Kahn, Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Co. dazu veranlasst, die Position dauerhaft neu zu besetzen - ob mit Sommer oder einem ganz neuen Spieler. Zumal auch die Bayern-Fans in den Sozialen Medien zum Großteil mit Ablehnung auf Neuers Worte reagierten und die Ultras im Stadion die "Koan Neuer"-Plakate aus seiner Anfangszeit wieder aus dem Schrank holen könnten.

FC Bayern München, Bundesliga, Torwart, Toni Tapalovic, Entlassung, Manuel Neuer, Yann Sommer, Alexander Nübel
© imago images

FC Bayern: Gibt es bereits Kandidaten für die Nachfolge von Manuel Neuer?

Bevor die Verpflichtung Yann Sommers nach zähem Verhandlungspoker mit Borussia Mönchengladbach endgültig eingetütet wurde, geisterten noch viele weitere Namen herum. Sommer ist selbst bereits 34 Jahre alt und daher nicht mehr der Mann, der eine Ära wie Neuer oder zuvor auch Kahn prägen könnte.

Langfristiger Neuer-Nachfolger sollte eigentlich mal Alexander Nübel werden, der genau dafür auch 2020 von Schalke kam. Doch an Neuer kam er nie vorbei, ein Jahr später ging es auf Leihbasis zur AS Monaco. Dort entwickelte sich Nübel prächtig und hatte seinerseits wohl gehörigen Anteil daran, dass Tapalovic gehen musste.

Denn im ZDF-'Sportstudio' gab er jüngst zu, dass es zwischen ihm und dem Torwarttrainer der Bayern keinen wirklichen Kontakt gegeben habe. Wenige Tage später war Tapalovic weg, was auch als Rückendeckung für Nübel verstanden werden kann. Seine Leihe nachMonaco endet im Sommer und Nübels Aussichten auf einen möglichen Stammplatz im Bayern-Tor waren wohl noch nie so gut.

Neben Nübel ist auch Gregor Kobel ein denkbarer Kandidat. Der kicker vermeldete zuletzt bereits, die Münchner würden sich mit der Nummer eins von Borussia Dortmund beschäftigen - allerdings erst für 2024, wenn Neuers Vertrag ausläuft. Die aktuellen Ereignisse könnten das Thema allerdings bereits im Sommer heißer werden lassen, je nachdem, ob es für Neuer doch noch eine Zukunft im Bayern-Tor gibt.

neuer-montage
© getty/instagram

FC Bayern: Wie äußerte sich Manuel Neuer zu seinem Skiunfall?

Dass Neuer überhaupt aktuell nicht zur Verfügung steht, liegt an einem Skiausflug nach der WM, bei dem er sich einen Beinbruch zuzog und mindestens bis Saisonende ausfallen wird. Nach Bekanntgabe des Unfalls prasselten viele Vorwürfe von außen auf den Torwart ein, er habe den Klub verantwortungslos im Stich gelassen. Doch davon wollte Neuer nichts wissen.

"Das ist für mich keine Urlaubsaktivität, das ist wie ein Gang zum Bäcker", spielte er die Aktivität herunter: "Da war etwas unter dem Schnee, das mich aufgehalten hat. Ich fuhr vielleicht 10 oder 12km/h. Ich bin diese Piste schon unzählige Male hinuntergefahren, auch alleine. Normalerweise ist es ein Kinderspiel."

Er habe sich anschließend sofort bei den Verantwortlichen entschuldigt und gesagt, dass es ihm leidtue. "Ich bin kein Feigling, der sich versteckt", sagte Neuer. Die Diagnose sei für ihn ein großer Schock gewesen: "Ich hatte einen Kloß im Hals und mir kamen die Tränen. Ich murmelte nur: 'Ruf den Mannschaftsarzt.' Es bringt mich um, wenn ich die Menschen um mich herum verletze. Damit kann ich nicht umgehen."

Artikel und Videos zum Thema