BVB vs. Besiktas - Tolgay Arslan im Interview: "Die Besiktas-Fans haben einen Dürüm-Song über mich gemacht"

Von Stanislav Schupp
Tolgay Arslan
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Viele türkischstämmige Spieler verlassen Deutschland bereits in jungen Jahren, um in die Türkei zu gehen. War es auch immer Ihr Wunsch, dort zu spielen?

Arslan: Nach meiner Zeit beim HSV hatte ich Anfragen aus verschiedenen Ländern. Der Verein Besiktas und die Stadt haben mich damals gereizt. Ich werde türkische Spieler, die bereits früh aus Deutschland in die Türkei gehen, nie verstehen. In den letzten Jahren wurden kaum Jugendspieler hervorgebracht. Die Vereine und Trainer haben nicht die Zeit und Geduld, einen Spieler zu entwickeln, weil sie enorm unter Erfolgsdruck stehen. Deswegen ist das nicht der richtige Schritt für junge Talente, aber auch nicht für Top-Spieler mit 25. Früher war Geld da, um Stars wie Pepe oder Ricardo Quaresma zu holen und zu halten. Die prekäre Wirtschaftslage hat sich mittlerweile auch auf den Fußball ausgewirkt.

Was kann Deutschland von der Türkei lernen und umgekehrt?

Arslan: Die Türken können sich definitiv etwas von der deutschen Disziplin, Struktur und Talentförderung abschauen. Die Deutschen schreiben viel mehr schwarze Zahlen. In der Türkei gibt es wenige Spieler, die gewinnbringend verkauft werden. Auf der anderen Seite können sich die Deutschen eine Scheibe von der türkischen Atmosphäre abschneiden. Ich habe in Deutschland viele Stadien erlebt, auch Dortmund zum Beispiel, wo ich früher Balljunge war. Das kann man allerdings nicht mit der Stimmung in der Türkei vergleichen. Die Türken leben den Fußball. Selbst die Oma im Kiosk sitzt am Spieltag im Trikot in ihrem Laden.

Ihre fußballerischen Anfänge lagen in Deutschland, genauer gesagt bei Borussia Dortmund.

Arslan: Ja, dort habe ich in der Jugend gespielt, aber nie bei den Profis. 2008 wurde ich von Jürgen Klopp aus der A-Jugend zur Wintervorbereitung hochgezogen. Ich wurde mit Dortmund 2009 A-Jugendmeister und mit 30 Toren Torschützenkönig, dementsprechend hatte ich auch viele Anfragen anderer Klubs. Im Sommer 2009 bin ich dann zum HSV gewechselt.

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Arslan über Klopp: "Er war wie im Fernsehen"

Wie haben Sie Klopp in Erinnerung?

Arslan: Klopp zieht die Menschen in seinen Bann, sobald er den Raum betritt. Das haben nur Wenige. Er war wie im Fernsehen. Bei meinem ersten Training hat er mich behandelt, als wäre ich schon ewig dabei. Dadurch habe ich mich nicht fremd gefühlt. Er hat mir stets Mut zugesprochen. Das hat mir auch die anfängliche Angst als Jugendspieler genommen. Klopp war ein überragender Trainer, aber viel wichtiger noch eine großartige Persönlichkeit. Generell herrschte innerhalb der Mannschaft immer eine positive Stimmung, auch mit den älteren Spielern. Das unterscheidet den BVB von anderen Vereinen.

Zu wem haben Sie früher aufgeschaut?

Arslan: Mein größtes Idol war Zinedine Zidane. In der Türkei habe ich Emre Belözoglu verehrt. Er ist in meinen Augen der beste türkische Spieler, den es je gab. Beim BVB habe ich zu Nuri Sahin aufgeschaut. Er ist zwar nur zwei Jahre älter als ich, aber ich habe immer versucht, so viel wie möglich von ihm zu lernen. Menschlich ist er ebenfalls top. Ich habe großen Respekt vor dem, was er geleistet hat. Es gibt kaum einen Menschen, der etwas Schlechtes über Nuri sagen würde.

War Sahin der beste Mitspieler, den Sie je hatten?

Arslan: Da würde ich Rodrigo De Paul nennen, mit dem ich bei Udinese zusammengespielt habe und der mittlerweile bei Atletico Madrid ist. Der talentierteste war Quaresma, aber De Paul hat sowohl die offensiven als auch defensiven Wege gemacht und die Mannschaft richtig mitgerissen.

Weshalb hat es beim BVB nicht zum Profi gereicht?

Arslan: Der Verein wollte eigentlich, dass ich bleibe und hat mir einen Profivertrag vorgelegt. Ich wollte allerdings eine Klausel haben, die mir zusichert, immer bei den Profis zu sein. Beim HSV habe ich diese Klausel bekommen. Beim BVB wurde sie weder akzeptiert noch abgelehnt. Hamburg war einfach schneller. Außerdem habe ich in Dortmund keine Perspektive für mich gesehen. Auf meiner Position spielte beispielsweise Mario Götze. Ich wusste, dass es schwierig wird.