Ex-BVB-Keeper Mitch Langerak im Interview: "Ich habe nie mit Thomas Tuchel gesprochen"

Von Stanislav Schupp
Mit dem VfB Stuttgart stieg Mitch Langerak 2017 in die Bundesliga auf.
© imago images / Sportfoto Rudel
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In der Folge übernahm Thomas Tuchel - und Dortmund verpflichtete mit Roman Bürki einen neuen Torhüter. Wie hat das Ihre Perspektive verändert?

Langerak: Ich bin nicht dumm, ich wusste, dass es mit einem neuen Trainer und einem neuen Torwart sehr schwierig für mich werden würde. Also sagte ich zu meinem Berater, dass wir nach anderen Optionen suchen müssen. Buchstäblich am selben Tag kontaktierte mich der VfB Stuttgart.

Wo Sie schließlich unterschrieben - nachdem Sie in einem Interview gesagt hatten, dass Sie in Dortmund den Kampf um die Nummer eins annehmen wollen.

Langerak: Natürlich sage ich das. Ich war im Urlaub, als alles passierte, was hätte ich sonst sagen sollen? (lacht)

Hat Ihnen der BVB nicht schon früher von seinen Plänen mit Bürki erzählt?

Langerak: Mir wurde das etwa eine Woche vor Verkündung des Transfers mitgeteilt, aber es war in Ordnung. Ich wollte eigentlich um den Platz zwischen den Pfosten kämpfen, aber dann ergab sich die Gelegenheit, nach Stuttgart zu gehen. Diese Herausforderung wollte ich unbedingt annehmen.

Langerak über Tuchel, Klopps Rat und ein Versprechen

Fühlten Sie sich nach vielen erfolgreichen Jahren in Dortmund nicht in der Lage, das Rennen zu gewinnen?

Langerak: Wenn ich geblieben wäre, hätte ich es schaffen können. Wenn ein neuer Trainer einen neuen Spieler für deine Position verpflichtet, muss man die Situation richtig einordnen. Es spielt keine Rolle, wie man sich selbst einschätzt und für wie gut man sich hält. Wenn ein guter Torhüter auf dem Markt ist, liegt es in der Verantwortung des Vereins, sich um ihn zu bemühen.

Wie reagierte Tuchel, nachdem Sie Ihre Entscheidung getroffen hatten?

Langerak: Ich habe ihn nie getroffen oder mit ihm gesprochen. Ich habe auch nie mit Bürki trainiert. Es spielte sich alles in der Sommerpause ab. Ich habe mit Michael Zorc gesprochen und ihm alles erklärt. Er war traurig, aber zeigte Verständnis.

Fühlten Sie sich vom Klub hintergangen?

Langerak: Absolut nicht. Ich hege keinen Groll gegen Dortmund. Ich war froh, dass ich bei meinem Abschied alle umarmen und mich bedanken konnte.

Sie verbrachten fünf Jahre hinter Weidenfeller. Haben Sie zuvor bereits das Bedürfnis verspürt, eine neue Herausforderung anzugehen?

Langerak: In meinem vorletzten Jahr hatte ich ein Gespräch mit Klopp. Ich fragte ihn, was ich seiner Meinung nach tun sollte, um voranzukommen. Soll ich mich ausleihen lassen, um woanders Spielpraxis zu sammeln? Er sagte, dass er mir Einsätze geben würde und es das Beste sei, zu bleiben und weiter zu arbeiten. Er versprach mir aber auch, dass er mich in einem Jahr auf Leihbasis gehen lassen würde, wenn ich wollte. Aber in diesem Moment wollte er, dass ich bleibe.

Langerak: VfB Stuttgart? "Ein anderer Blick auf das Geschäft"

In Stuttgart konkurrierten Sie mit Przemyslaw Tyton um den Platz zwischen den Pfosten - dann zogen Sie sich kurz vor Saisonbeginn eine schwere Knieverletzung zu. Wie haben Sie diesen Rückschlag psychisch verarbeitet?

Langerak: Ich unterschrieb als Nummer eins, war dann aber sechs Monate außer Gefecht. Zum Zeitpunkt meiner Rückkehr steckte Stuttgart bereits mitten im Abstiegskampf und ich konnte nicht helfen. Es war hart, aber gleichzeitig interessant, einen anderen Verein zu erleben.

Was war, im Vergleich zu Dortmund, die größte Herausforderung beim VfB?

Langerak: Es war gut, einen anderen Blick auf das Geschäft zu erhalten. Beim BVB haben wir immer um Titel mitgespielt, in Stuttgart ging es direkt in den Abstiegskampf. Der VfB ist ein großartiger Verein, aber es herrscht nicht die gleiche Stabilität wie in Dortmund. Dort hatte ich fünf Jahre lang den gleichen Trainer und das gleiche Umfeld. In Stuttgart wurden hingegen die Trainer und Sportdirektoren häufig gewechselt. Es kann aber nicht alles ausschließlich positiv sein, so läuft es in einer Karriere nicht.

Am Ende der Spielzeit 2015/16 stieg der VfB ab - erstmals seit 1975. Wie waren die Stimmung und die Situation im Umfeld des Klubs?

Langerak: Es war eine absolute Katastrophe. Wir haben uns jedoch schnell wieder auf die nächste Saison konzentriert. Ich hatte einige Angebote und hätte gehen können, aber ich habe alles abgelehnt. Es war das Beste für mich, in der zweiten Liga jedes Spiel zu bestreiten. Deshalb habe ich gleich gesagt, dass ich bleiben werde.

Sie haben dann als einziger Profi jede Minute gespielt, wurden Zweitligameister und schafften den Wiederaufstieg. Im Anschluss kamen Sie früher aus dem Urlaub zurück, um sich auf die anstehende Bundesligasaison vorzubereiten. Dann wurde Ihnen wie schon in Dortmund erneut ein neuer Keeper vor die Nase gesetzt wurde - Ron-Robert Zieler. Wie haben Sie sich gefühlt?

Langerak: Es war natürlich enttäuschend, weil ich wahrscheinlich einer unserer besten Spieler in diesem Jahr war. Es war aber eine interessante Situation.

Mit dem VfB Stuttgart stieg Mitch Langerak 2017 in die Bundesliga auf.
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Mit dem VfB Stuttgart stieg Mitch Langerak 2017 in die Bundesliga auf.

Langerak über Zieler-Transfer: "Ich hielt mich bedeckt"

Inwiefern?

Langerak: Im März, als wir noch einige Spiele vor uns hatten, sagte ein guter Freund, der als Berater tätig ist: 'Mitch, da du mein Freund bist, möchte ich, dass du weißt, dass Stuttgart nächste Saison einen neuen Torhüter verpflichten wird.' Ich war verärgert, aber ich wollte professionell bleiben und noch härter am gemeinsamen Ziel Aufstieg arbeiten. Als wir Meister wurden und auf dem Feld feierten, wusste ich, dass dies mein letztes Spiel im Stuttgarter Trikot war.

Haben Sie mit dem Klub darüber gesprochen oder sind die Verantwortlichen auf Sie zugekommen?

Langerak: Es gab keinerlei Informationen seitens des Klubs, aber wir wussten natürlich Bescheid. Ich hielt mich ebenfalls bedeckt und habe mit niemandem gesprochen.

Ihre nächste Station war 2017 UD Levante in Spanien. Wie kam der Wechsel zustande?

Langerak: Ich wollte die Gelegenheit nutzen und einen Neuanfang starten. Ich war bereit, überall hinzuwechseln, wenn auch nur die geringste Chance auf Einsätze bestand. Ich ging zu Levante, obwohl ich wusste, dass ich nicht direkt spielen würde. Sie aber hofften, dass ich mich nach spätestens sechs Monaten durchsetzen würde. Das war alles, was ich wissen wollte: dass ich die Möglichkeit habe, zu spielen.

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