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"Kirchhoff muss erst Erfahrung sammeln"

Haruka GruberSPOX
23. Mai 201314:16
Holger Badstuber (l.) im Duell mit seinem künftigen Bayern-Kollegen Jan Kirchhoffgetty
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Welche Folgen hat der Götze-Ausfall für das Dortmunder Spiel? Und wie reagieren die Bayern auf Badstubers neuerliche Verletzung? Kommt der nächste Millionen-Star? Hitzfeld und Matthäus sind davon überzeugt. Außerdem sprachen die Experten bei einem Pressegespräch auf Einladung von "Sky" mit ausgewählten Journalisten über die Schwächen des BVB und eine mögliche Zukunft von Jupp Heynckes als spanischer Nationalcoach.

Frage: Herr Hitzfeld, Sie tippen für das Champions-League-Finale auf einen Sieg der Bayern. Warum?

Ottmar Hitzfeld: Der FC Bayern hat Vorteile, 25 Punkte Vorsprung in der Bundesliga sprechen eine eindeutige Sprache und für die Dominanz gegenüber Dortmund. Dazu die Art und Weise, wie sie zustande gekommen sind. Nur 18 Gegentore, die drei zuletzt in Mönchengladbach kann man gar nicht richtig dazu zählen: Das ist eine fantastische Quote und zeigt, dass das Spiel gegen den Ball viel besser und intensiver geworden ist. Und es zeigt, dass der Team-Spirit auf dem Platz für die Bayern spricht. In den letzten Jahren war das nicht immer der Fall. In der Offensive können viele Spieler den entscheidenden Pass spielen oder das entscheidende Tor schießen. Die Bayern sind unberechenbar, unglaublich flexibel. Erst diese Variabilität führte zu den Rekorden.

Lothar Matthäus (l.) und Ottmar Hitzfeld beim Pressegespräch von spox

Frage: Und Dortmund?

Hitzfeld: Dortmund baute in den letzten Spielen etwas ab. Man merkt, dass der erhöhte Druck zu Verletzungen führen kann und dass die Spieler deswegen sensibilisiert und anfälliger geworden sind. Der nun sichere Götze-Ausfall ist fatal für die Borussia. Die Chancen, mithalten zu können, sind sehr gering für Dortmund. Das Spiel gegen den Ball ist nicht so intensiv, es passieren viele Fehler. Da ist Dortmund nicht so stabil. Das ist eine Schwäche der Dortmunder, auch wenn sie eine fantastische Champions-League-Saison gespielt haben.

Frage: Was meinen Sie, Herr Matthäus?

Lothar Matthäus: Es ist alles richtig, was Ottmar sagt. Die Fakten sprechen für die Bayern: Die Stabilität und vor allem die Qualität. Besonders im Gesamtkader: Ich kann mich noch erinnern, wer im letztjährigen Endspiel auf der Bank gesessen hatte. Da waren Spieler dabei, bei denen man als Trainer gar nicht so überzeugt sein konnte. Jetzt besitzen die Bayern von der Bank für jede erdenkliche Situation eine Trumpfkarte. Und was spricht im Gegenzug für Dortmund? Sie reisen als Außenseiter nach London und können nur gewinnen. Vielleicht profitieren sie von den letzten beiden Final-Niederlagen der Bayern gegen Chelsea und Inter Mailand. Da sind sie ja auch als Favoriten in die Partie gegangen.

Frage: Jupp Heynckes sagt, dass Bastian Schweinsteiger der beste Mittelfeld-Spieler der Welt sei. Wie sehr halfen ihm die Negativerlebnisse?

Matthäus: Negativerlebnisse helfen, besser zu werden. Besonders geholfen hat Schweinsteiger aber der Trainer. Die Chemie zwischen Bastian Schweinsteiger und Jupp Heynckes passt. Heynckes betonnt immer wieder, dass er ihn als Leader sieht. Das gibt Schweinsteiger das Gefühl der Sicherheit, dass ein so erfolgreicher Trainer zu ihm steht und dies nach außen demonstriert. Heynckes hat seinen Teil dazu beigetragen, dass Schweinsteiger aus den beiden Final-Niederlagen stärker herausgekommen ist.

Frage: Heynckes hält sich über seine Zukunft bedeckt. Herr Hitzfeld, raten Sie ihm, einen ähnlichen Weg zu verfolgen und eine Nationalmannschaft zu übernehmen?

Hitzfeld: Ich bin selbst gespannt, was Jupp Heynckes machen wird. Ob er sich dem Stress noch mal aussetzen will und einen Verein übernimmt - oder doch eine Nationalmannschaft. Wenn ich ihm einen Rat geben kann, dann zur Nationalmannschaft, weil dort der Stress nicht so hoch ist mit zehn bis zwölf Spielen im Jahr. Die Belastung ist überschaubar. Das könnte für ihn ein Anreiz sein, etwas Großartiges zu leisten.

Frage: Was bisher kaum thematisiert wurde: Neben der deutschen könnte auch die spanische Nationalmannschaft ein Thema sein. Vincente Del Bosque hört definitiv 2014 auf.

Hitzfeld: Es wäre natürlich eine Option für ihn, weil er perfekt spanisch spricht und die spanische Mentalität, Kultur und den Fußball kennt.

Frage: Welche Bedeutung hat Matthias Sammer neben Heynckes für die erfolgreiche Saison der Bayern?

Hitzfeld: Matthias hat den Sieger-Gen in sich, er will immer das Maximum rausholen. Er legt den Finger in die Wunde, selbst bei einem Sieg, weil nicht hoch genug gewonnen wurde oder ein unnötiges Gegentor passiert ist. Da kann er sehr akribisch analysieren. Er hat einen großen Anteil daran, dass der FC Bayern die hohe Konzentrationsfähigkeit über die gesamte Saison zeigt. Das ist nicht selbstverständlich.

Seite 2: "Badstuber sollte lieber an die WM 2018 denken"

Frage: Mit dem deutsch-deutschen Duell in Wembley stellt sich die Frage: Könnte nach langer Zeit wieder ein Fußballer aus der Bundesliga zum Weltfußballer des Jahres gewählt werden?

Hitzfeld: Das wird nur das Finale beantworten können. Robert Lewandowski hat mit seinen vier Toren gegen Madrid bereits Geschichte geschrieben. Wenn er im Finale weitere zwei, drei Tore schießen würde, hätte er auch sehr gute Chancen. Franck Ribery hat ebenfalls eine unglaubliche Saison gespielt - aber dann muss er auch im Finale der herausragende Spieler sein. Trotzdem: Die Wahl geht nur über Lionel Messi und Cristiano Ronaldo, alleine schon wegen der Anzahl der Tore.

Matthäus: In der Regel gewinnt ein Spieler den Titel, der mit seiner Mannschaft Erfolg hat. Die Bayern haben die Chance auf drei Titel, mit dem Weltpokal sogar vier Titel. Aber wir wissen ja, dass die Wahl global stattfindet und die Trainer und Kapitäne aller FIFA-Länder entscheiden. In Afrika schauen sich die Leute zwar das Champions-League-Finale an, aber über das gesamte Jahr ist ein Messi zu sehen mit seinen 46 Toren. Allerdings: Wenn Lewandowski noch mal so zuschlägt, wird man das auch im tiefsten Afrika oder hintersten Südamerika mitbekommen.

Frage: Bei aller Final-Vorfreude: Wie tragisch ist Holger Badstubers Schicksal, der nach dem zweiten Kreuzbandriss in Folge voraussichtlich die gesamte nächste Saison ausfällt?

Matthäus: Ich hatte mit ihm bei der Meisterschaftsfeier vor zwei Wochen gesprochen und ich sagte ihm, dass er bloß nichts überstürzen soll. Und dann passierte das. Ich selbst hatte 1995 einen ähnlichen Fall, auch von der Schwere her: Erst einen Achillessehnenriss, dann nach vier Wochen Training mit der Mannschaft riss die Achillessehne erneut. Holger ist jetzt in den besten Händen, die man sich vorstellen kann. Er hat die Unterstützung des Vereins. Wichtig ist jetzt, dass er trotz des erneuten Rückschlags weiter arbeitet und das Vertrauen in sich und der medizinischen Abteilung behält. Wenn er aus der Geschichte gut rauskommt, geht er gestärkt heraus. Er ist noch jung und mit den medizinischen Möglichkeiten bin ich überzeugt, dass er zurückkommt.

Frage: Müssen sich die Bayern auf dem Transfermarkt umschauen?

Hitzfeld: Ich kann mir gut vorstellen, dass der FC Bayern einen Innenverteidiger verpflichten will. Der Verein hat mit Badstuber geplant und wenn er nächste Saison nicht spielt, gehe ich davon aus, dass die Bayern nachrüsten.

Frage: Mainz-Zugang Jan Kirchhoff kann die Lücke nicht füllen?

Hitzfeld: Da muss er erst Erfahrung sammeln. Es ist ein großer Unterschied, ob er in Mainz spielt oder zum FC Bayern kommt, wo er eine ganz andere Verantwortung als Abwehrspieler übernehmen muss.

Matthäus: Die Bayern haben viereinhalb Innenverteidiger: Neben Dante, Jerome Boateng und Daniel van Buyten, sollte er verlängern, auch noch Kirchhoff. Wobei Ottmar richtig sagt, dass die Bayern etwas Besonderes sind und ein, zwei Klassen über Mainz liegen. Dazu eben Javi Martinez, der laut Heynckes hinten drin spielen kann. Aber ihn dahintersetzen macht keinen Sinn, weil er in der jetzigen Mittelfeld-Position in Kombination mit Schweinsteiger gar nicht wegzudenken ist.

Frage: Es muss ein Top-Spieler her?

Matthäus: Wenn man die Transferpolitik der letzten zwölf Monaten beobachtet, dann weiß man, dass die Bayern bereit sind, viel Geld für das eine oder andere Prozent Qualität mehr auszugeben. Daher werden die Bayern nicht das Risiko eingehen und alles auf einen Spieler zu setzen, den keiner im Klub kennt. Stattdessen werden die Bayern gezielt zuschlagen.

Frage: Wie sehen Sie Badstubers Chancen auf die Teilnahme an der WM 2014?

Matthäus: Für solche Gedanken dürfen in seinem Kopf gar kein Platz sein. Jetzt sollte er sich darauf konzentrieren, fit zurückzukommen. Das hat Priorität. Er ist so jung, er sollte lieber an die WM 2018 denken.

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