Christian Guinin

Wenn es bei Max Verstappen sportlich einmal nicht läuft, dann bekommt das die Öffentlichkeit in der Regel recht unverhohlen mitgeteilt. Als der Niederländer im Vorlauf des Großen Preises von Österreich in der obligatorischen Medienrunde von einem Journalisten gefragt wurde, ob er sich beim Heimrennen seines Rennstalls Red Bull denn Siegchancen ausrechne, antwortete er nur mit einem kurz angebundenen, trockenen: "Sicherlich nicht", nur um hinterherzuschieben: "Wenn man sich den WM-Stand anschaut, ist das momentan nicht wirklich realistisch. Ich bin da ehrlich."<script type="application/json" data-placement="fcplayer-semantic">{"type":"fcplayer-semantic","data":{"embedCode":"//cdn.fcp.codes/embed-code-template/embed-code-template.js#SEMANTIC_6b4625c8-6923-44f4-b005-b304878a3898"}}</script>

Mercedes steckt im Poker um Max Verstappen im Dilemma: Haben die Silberpfeile überhaupt Platz für den amtierenden Weltmeister der Formel 1?

Es sind Aussagen, wie wir sie in den letzten Wochen und Monaten immer häufiger vom amtierenden Weltmeister zu hören bekommen. Bei Red Bull läuft es sportlich derzeit überhaupt nicht, was sich zunehmend negativ auf die Laune Verstappens auszuwirken scheint. Gerade einmal zwei der bisher elf gefahrenen Rennen konnte der RB-Pilot für sich entscheiden, in der WM-Wertung liegt er knapp vor Saison-Halbzeit mit einem Rückstand von 61 Punkten auf Spitzenreiter Oscar Piastri (McLaren) auf dem dritten Rang.Den Tiefpunkt markierte dann das <a href="https://www.spox.com/formel-1/listen/die-wm-in-der-formel-1-bleibt-spannend-lando-norris-schlaegt-beim-gp-von-oesterreich-gegen-oscar-piastri-zurueck-max-verstappen-erlebt-debakel/bltc298e9ef3d7d833e" target="_blank">vergangene Wochenende in Spielberg</a>, als <a href="https://www.spox.com/formel-1/listen/herber-rueckschlag-in-der-wm-debakel-fuer-max-verstappen-beim-grossen-preis-von-oesterreich/blt67e615e1ee8cd643" target="_blank">Verstappen bereits in der ersten Runden von Mercedes-Pilot Kimi Antonelli abgeschossen wurde</a> und zum ersten Mal seit Australien 2024 die Zielflagge nicht sah.Das mag für den ein oder anderen nun noch nicht nach einem Weltuntergang klingen, schließlich ist der Titelkampf trotz der verhältnismäßig großen Lücke zu den beiden McLaren noch lange nicht entschieden. Die Papaya-Truppe um Piastri und dessen Teamkollege Lando Norris wird in der zweiten Jahreshälfte noch ein ums andere Mal Punkte liegen lassen, vor allem weil beide Piloten am Ende die Nase vorne haben wollen und sich hier und da die Punkte gegenseitig wegnehmen werden.Für Verstappen kommt die aktuelle Situation dennoch einer Vollkatastrophe gleich. Wie kaum ein anderer ist der Niederländer getrieben von Ehrgeiz und Erfolg. Grundsätzlich ist das in einem Sport wie der Formel 1 eine förderliche Charaktereigenschaft, läuft es allerdings dann mal nicht nach Verstappens Vorstellungen, schlägt sich das im Umkehrschluss massiv auf die eigene Stimmung nieder. Das geht dann gerne mal so weit, dass Gedanken an einen vollkommenen Rückzug aus der Königsklasse in aller Öffentlichkeit geäußert werden. Macht es dem 27-Jährigen keinen Spaß mehr, geht schnell die Motivation verloren. Und Spaß hat er zumeist nur, wenn er ganz oben auf dem Podest steht.

Da das bei Red Bull in der jüngeren Vergangenheit immer weniger oft der Fall ist, stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Zukunft Verstappens bei den Österreichern. Wie sehr traut Verstappen der Truppe, die ihn vom heißblütigen Kart-Jungspund bis hin zu einem der besten Formel-1-Fahrer der Geschichte begleitete, noch zu, ihm ein Auto zur Verfügung zu stellen, welches um Poles, Siege und Weltmeisterschaften mitfahren kann? Zumindest erste Tendenzen sind diesbezüglich abzulesen.Wenn die Königsklasse ab dem kommenden Jahr mit einem neuen Motorenreglement an den Start geht, könnte das gesamte Feld durcheinandergewürfelt werden. Klar ist aber schon jetzt: Wer einen leistungsfähigen Antrieb im Heck seines Boliden hat, wird zumindest die erste Zeit lang das dominante Paket haben. Hier sind nicht nur die Werksteams a la Mercedes oder Ferrari per se im Vorteil, was man aus dem Fahrerlager und von Experten hört, könnte Red Bull mit der Partnerschaft mit Ford auch aufs falsche Pferd gesetzt haben. Ohnehin war der Motor bei den Österreichern noch nie das große Aushängeschild.Darüber hinaus offenbaren sich seit dem Abgang von Star-Designer Adrian Newey auch aerodynamische Defizite. Viele Top-Ingenieure sind dem Engländer entweder zu seinem neuen Rennstall Aston Martin gefolgt oder heuerten bei der direkten Konkurrenz um Mercedes, McLaren oder Ferrari an. Verstappens diesjähriger Bolide ist das Ergebnis des Ausblutens der technischen Abteilung – selten schimpfte der Niederländer so über die Unfahrbarkeit seines Autos. Die massiven Probleme mit dem Untersteuern sind seit Jahresbeginn nicht gelöst, auch beim Thema Flügel haben die Rivalen innovativere Konzepte am Start.

Ist Red Bull 2026 im Vergleich zu anderen Topteams im Hintertreffen?

In diesem Chaos scheint es daher gerade Recht zu kommen, <a href="https://www.spox.com/formel-1/listen/natuerlich-muessen-wir-ueberlegen-was-passiert-spekulationen-um-verstappen-hammer-in-der-formel-1-werden-befeuert/blt0515e4ca2aadc6f8" target="_blank">dass Mercedes und Teamchef Toto Wolff so offensiv wie selten ihr Interesse am Niederländer kommentieren</a>. "Natürlich müssen wir überlegen, was passiert", meinte Wolff in Spielberg, angesprochen auf ein mögliches Verstappen-Engagement im Silberpfeil ab 2026. Einen "Flirt" mit Verstappen würde es in diesem Sinne nicht geben, allerdings könne man "Gespräche führen".Unmittelbar zuvor hatte auch Mercedes-Pilot George Russell sich zu Causa Verstappen geäußert und durchblicken lassen, dass sein Arbeitgeber sich auf jeden Fall mit dem amtierenden Weltmeister beschäftige: "Mercedes will wieder an die Spitze zurückkehren, und wenn man wieder an die Spitze zurückkehren will, muss man sicherstellen, dass man die besten Fahrer, die besten Ingenieure und die beste Boxencrew hat. Es ist also nur normal, dass Gespräche mit Leuten wie Verstappen laufen."Zumindest was die potenziellen Chancen auf Siege und Titel angeht, scheint Mercedes die vielversprechendste Option für Verstappen außerhalb eines Red Bulls zu sein. Bei den anderen aktuellen Spitzenteams wie Ferrari und McLaren ist die Tür aufgrund der dortigen, noch längerfristig unter Vertrag stehenden Fahrerpaarungen eher zu. Die zweite heiße Spur führt zu Aston Martin, wo der Niederländer zwar wieder mit seinem engen Vertrauten Newey vereint wäre, ob die Truppe in British Racing Green aber ein Weltmeister-Auto auf die Beine stellen kann, ist mehr als fraglich.Ist Mercedes für Verstappen also nun das perfekte Match? Ganz so einfach ist die Situation nicht. Schließlich stehen die Silberpfeile, wollen sie tatsächlich den amtierenden Weltmeister ab 2026 in den eigenen Reihen begrüßen, selbst noch vor einer kniffligen Aufgabe. Wer soll denn eigentlich Platz machen für den Niederländer?

Wolff und Mercedes "führen Gespräche" mit Verstappen

Auf der einen Seite wäre da Antonelli. Der Italiener wurde erst vor der laufenden Saison für den abgewanderten Lewis Hamilton zum Stammfahrer befördert, wobei nicht wenige Experten Zweifel hatten, ob er mit seinen gerade einmal 18 Jahren bereits das Zeug habe, um in einem der stärksten Teams der Formel 1 Woche für Woche Top-Leistungen abzuliefern. Nach elf Umläufen lassen sich diese Zweifel aber getrost beiseite schaffen. Antonelli performt trotz seines jungen Alters außergewöhnlich gut, präsentiert sich schon jetzt cool und abgezockt. Mit ihm hat Mercedes ohne Frage eines der größten Talente der nächsten Jahre in den eigenen Reihen. Ihn für den rund zehn Jahre älteren Verstappen abzusägen, wäre deshalb vor allem auf langfristige Sicht kein sonderlich cleverer Schachzug.Somit bliebe nur noch Russell übrig. Der Engländer ist mit seinen 27 Jahren ähnlich alt wie Verstappen, jedoch selbstredend noch lange nicht an seinem Zenit angekommen. Seit Hamiltons Abgang hat er die klare Führungsrolle innerhalb des Teams eingenommen und scheint sich mit dieser Verantwortung durchaus wohlzufühlen. Zumindest in Sachen Leistung ist ihm in diesem Jahr nichts vorzuwerfen, als WM-Vierter kitzelt er jedes Wochenende das Maximum aus seinem Silberpfeil heraus. Neben Verstappen und den beiden McLaren ist er zudem der einzige Pilot, der in der laufenden Saison schon einmal ganz oben auf dem Podest stand.

Russell oder Antonelli: Wer müsste für Verstappen gehen?

Ein Dilemma, dessen sich auch Wolff bewusst ist. Kickt er Antonelli und setzt mit Verstappen und Russell auf ein erfahrenes, aber unheimlich schnelles Duo, droht ihm nicht nur Feuer in der eigenen Hütte – der Niederländer und der Engländer waren sich in der jüngeren Vergangenheit nicht immer grün – er riskiert auch einen der talentiertesten Youngster an die direkten Konkurrenz zu verlieren.Setzt er auf der anderen Seite Russell vor die Tür, steht ihm postwendend eine Leistungsdebatte ins Haus. Einen verdienen Fahrer wie den Engländer ohne triftigen Grund aus dem Team zu werfen, wirkt extrem undankbar und könnte bei Fans, anderen Piloten und im Fahrerlager im Allgemeinen extreme Sympathiepunkte kosten.In Spielberg versuchte der Mercedes-Teamchef die Problematik daher zu umschiffen und wurde nicht müde zu betonen, dass seine beiden Piloten ausgezeichnete Arbeit leisteten. Russell habe bislang "immer performt" und könne nicht mehr tun, um sich eine Vertragsverlängerung zu verdienen. Und auch mit Antonelli sei er hochzufrieden. Der Italiener könne "eines Tages Weltmeister sein", so Wolff.Die kommenden Wochen werden zeigen, wie weit Mercedes und Wolff tatsächlich gehen wollen, um Verstappen ein Cockpit schmackhaft zu machen. Zumindest sieht nach einer interessanten Sommerpause aus.

Mercedes und Wolff stecken im Dilemma

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Unmittelbar vor der Sommerpause kochen die Gerüchte um einen Wechsel von Max Verstappen zu Mercedes erneut hoch. Doch haben die Silberpfeile überhaupt Platz für den amtierenden Weltmeister der Formel 1?