BVB - Erkenntnisse zum 4:2-Sieg beim SC Freiburg: Mats Hummels sollte die EM 2024 noch nicht abschreiben

Von Stefan Petri
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Der BVB hat durch den 4:2-Auswärtssieg beim SC Freiburg das Krisengerede vorerst beendet. Größter Gewinner der Partie ist Innenverteidiger Mats Hummels, der auch eine Option für den zukünftigen Bundestrainer darstellen könnte. Im Mittelfeld krankt die Borussia aber weiterhin - und auch in der Offensive könnte es Umstellungen geben. Drei Erkenntnisse zum Spiel.

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SC Freiburg vs. Borussia Dortmund - 2:4

Tore

0:1 Hummels (11.), 1:1 Höler (30.), 2:1 Höfler (45.+7.), 2:2 Malen (60.), 2:3 Hummels (88.), 2:4 Reus (90.+3.)

Aufstellung SC Freiburg

Atubolu - Ginter, Lienhart, Gulde - Kübler (85. Leka-Schmidt), M. Eggestein, Höfler, Sallai, Doan (85. Röhl), Höler - Gregoritsch (28. Grifo)

Aufstellung BVB

Kobel - Ryerson, Schlotterbeck, Hummels, Bensebaini - Can (84. Moukoko), Sabitzer, Brandt (71. Reus), Malen, Adeyemi (59. Nmecha) - Haller (59. Füllkrug)

Gelbe Karten

Bensebaini (45.+4.), Wolf (68.)

hummels
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BVB-Erkenntnisse: Mats Hummels sollte die EM 2024 noch nicht abschreiben

"Er geht voran. Das ist für die jungen Spieler, die noch sehr viel lernen müssen, sehr wichtig. Der alte Knochen zeigt ihnen, wie es geht." So lobte Sky-Experte Dietmar Hamann die Leistung von Mats Hummels beim Sieg über Freiburg. Der 34-Jährige (SPOX-Note 1,5) erzielte nicht nur zwei Tore, sondern lieferte eine auch darüber hinaus eine starke Leistung ab.

Die meisten Ballaktionen (96), eine Passquote von fast 90 Prozent, obwohl er die meisten Pässe ins Angriffsdrittel spielte (10), 63 Prozent gewonnene Zweikämpfe, die meisten klärenden Aktionen (6), überschaubare acht Ballverluste. Lediglich ein paar verlorene Kopfballduelle sind ihm anzukreiden, wobei gerade der 1:1-Ausgleich durch Lucas Höler mit dem Hinterkopf extrem schwer zu verteidigen war.

Es war der dritte Liga-Einsatz von Hummels in dieser Saison - und die dritte überzeugende Leistung (SPOX-Note 2 gegen Köln, SPOX-Note 2,5 gegen Bochum). In dieser Form ist der Veteran nicht nur in Dortmund unverzichtbar - sondern auch wieder ein Thema für die Nationalmannschaft.

Über zwei Jahre ist Hummels' 76. und vermeintlich letztes Länderspiel schon her, beim 0:2 im EM-Achtelfinale gegen England im Juni 2021 spielte er durch. Anschließend wurde er nicht mehr nominiert, die Nichtberücksichtigung bei der Weltmeisterschaft in Katar bezeichnete er als "eine der größeren Enttäuschungen meiner Karriere". Einen Rücktritt hatte es vom Innenverteidiger damals allerdings nicht gegeben. So böte sich die Heim-EM 2024 als Ende einer großen und erfolgreichen DFB-Karriere an. Auch der Vertrag beim BVB läuft im kommenden Sommer aus.

Natürlich müsste Hummels sich das EM-Ticket sportlich verdienen, eine Feel-Good-Story reicht noch lange nicht aus. Die Schnelligkeitsdefizite sind bekannt, im Dezember wird er 35 Jahre alt. Aber Hummels bringt eben auch jede Menge Positives mit, nicht zuletzt seine Gefährlichkeit bei Standards - bei großen Turnieren längst ein absoluter X-Faktor.

Noch ist völlig offen, wer der neue Bundestrainer wird, jeder Spieler muss sich neu beweisen. In der DFB-Innenverteidigung dürfte Antonio Rüdiger gesetzt sein, der Platz neben ihm scheint aktuell aber völlig offen. Zu den Anwärtern gehören auch Hummels' Teamkollegen Niklas Süle und Nico Schlotterbeck, aber hinter diesen muss er sich aktuell sicher nicht verstecken.

Die Frage ist, ob weitere Länderspiele neben dem vollgepackten BVB-Kalender nicht zu viel wären für die immer mal wieder anfälligen Knie des Defensivspielers. Die kräftezehrende USA-Reise der Nationalmannschaft im Oktober etwa wäre wahrscheinlich eine schlechte Idee, selbst wenn der zukünftige Bundestrainer anfragen sollte. Auf Hummels will und kann man in Dortmund derzeit zudem nicht verzichten, schließlich ist der eigene Kader defensiv auf Kante genäht.

Der langjährige Münchner täte dennoch gut daran, das Eröffnungsspiel der EURO 2024 in eben dieser Stadt nicht komplett aus den Augen zu verlieren und im Zweifelsfall Last-Minute-Urlaub zu buchen. Wobei diese Gefahr wohl eher klein ist. Auf die Frage nach dem zukünftigen DFB-Übungsleiter entgegnete er am Samstagabend: "Ich verfolge es auch mit Spannung."

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BVB-Erkenntnisse: Das Mittelfeld genügt höchsten Ansprüchen nicht

Ein 4:2-Auswärtssieg beim Europa-League-Teilnehmer Freiburg, das liest sich sehr ordentlich. Acht Punkte aus vier Ligaspielen sind ebenfalls solide, noch halten die Schwarz-Gelben Kontakt zur Tabellenspitze. Insofern wird das Wort "Krise" im Zusammenhang mit dem BVB erst einmal nicht mehr so inflationär gebraucht werden wie nach den Punktverlusten gegen Bochum und Heidenheim.

Gleichzeitig darf der Sieg nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Dortmunder Spiel immer noch einiges im Argen liegt. Bis zum wunderbar herausgespielten 2:2-Ausgleich durch Donyell Malen bot die Borussia offensiv sehr viel Stückwerk, Freiburg war bis zur Roten Karte insgesamt gesehen die etwas bessere Mannschaft. Das lag auch daran, dass dem BVB im Spielaufbau weiterhin die Mittel fehlen.

"Mit der Einwechslung von Vincenzo Grifo hat Freiburg umgestellt und uns aggressiver angelaufen", analysierte Hummels. Sein Team habe in dieser Phase zu statisch agiert. Hummels weiter: "Gegen einen pressenden Gegner Lösungen zu finden und dann vor allem eine gewisse Klasse und Ruhe am Ball zu haben - das ist ganz klar eine Sache, die bei uns noch besser werden muss, wenn wir ein Top-Team sein wollen."

Es ist einerseits eine Frage der spielerischen Klasse der Akteure auf dem Rasen: Emre Can kommt über den Kampf, Ryerson ist im Spiel nach vorn ebenfalls beschränkt. Ein Marius Wolf auf der anderen Seite hat seine Stärken auch nicht im Kombinationsspiel. Da Neuzugang Marcel Sabitzer den abgewanderten Jude Bellingham noch lange nicht ersetzen kann - gegen Freiburg war er über weite Strecken sehr unauffällig -, fehlt es so an der reibungslosen Überleitung vom eigenen ins neutrale Drittel. Wirklich gefährlich wird der BVB vor allem dann, wenn besagtes Drittel so schnell wie möglich überspielt werden kann.

"Es war ein Arbeitssieg, aber man darf das nicht zu negativ formulieren. Wir haben das Spiel zwar nicht dominiert, hatten aber die Kontrolle", betonte Hummels - eine zumindest über Phasen großzügige Interpretation der Partie. Nichts zu rütteln gibt es allerdings an folgender Forderung: "Wir müssen es einfach schaffen, im Mittelfeld den Gegner zu dominieren und auch mal spielerisch auseinanderzunehmen. Wir als Mannschaft müssen das insgesamt hinbekommen."

Es liegt an Terzic, dafür ein Mittel zu finden. Die Dreierkette, die er ab der 60. Minute spielen ließ, könnte ein Mittel sein, um im Mittelfeld Überzahl zu schaffen. Noch fehlt die zündende Idee, um die Fähigkeiten der beiden Neuzugänge Sabitzer und Felix Nmecha (zusammen immerhin 49 Mio. Euro Ablöse) freizusetzen.

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BVB-Erkenntnisse: Haller und Adeyemi müssen um die Startelf bangen

Die vier Buden gegen am Ende zehn Freiburger dürfen auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Offensivspiel des BVB weiter krankt. Zwei Tore nach Standards, zwei in Überzahl: Lange lief im Spiel nach vorn nicht viel zusammen.

Das lag zum einen am kränkelnden Spielaufbau, zum anderen aber auch daran, dass die Topform, die so viele Angreifer in der vergangenen Rückrunde aufwiesen, mittlerweile etwas rarer gesät ist. Nichts zu rütteln gibt es an Donyell Malen, der weiter regelmäßig trifft. Julian Brandt ist ebenfalls gesetzt, ob nun auf dem Flügel oder etwas zentraler. Dahinter wird es allerdings spannend.

Stoßstürmer Sébastien Haller dürfte das größte Sorgenkind sein. Der 29-Jährige wartet noch auf seinen ersten Ligatreffer, kann aber auch nicht als Ziel- oder Kombinationsspieler überzeugen (dreimal die SPOX-Note 4,5, einmal die Note 5). Viermal spielte Haller von Beginn an, viermal wechselte Terzic ihn aus. Und im Gegensatz zur letzten Saison gibt es jetzt eine waschechte Alternative im Zentrum.

Zwar wurde die Verpflichtung von Niclas Füllkrug durchaus kritisch hinterfragt - gab es nicht größere Baustellen im Kader? -, in seiner guten halben Stunde gegen Freiburg zeigte der Nationalspieler aber auf, dass er dem BVB auch im Kombinationsspiel von Nutzen sein kann und nicht nur als Strafraumstürmer (siehe der Doppelpass mit Malen vor dem 2:2). Noch kommt die Startelf für den zuletzt angeschlagenen "Lücke" zu früh, allzu viele Totalausfälle darf sich Haller aber nicht mehr leisten.

Ähnlich sieht es bei Karim Adeyemi aus. Als Terzic an den ersten beiden Spieltagen Marco Reus und Felix Nmecha auf der Zehn beginnen ließ, kam er zweimal von der Bank. Danach rückte Brandt neben Sabitzer auf die Acht, Adeyemi besetzte den freien Platz auf dem Flügel. Aufdrängen konnte er sich jedoch nicht, im Gegenteil: gegen Heidenheim war der 21-Jährige schwach (SPOX-Note 4,5), gegen Freiburg noch schwächer (Note 5). Die gute Form aus dem Frühjahr hat sich in Luft aufgelöst, auch er wartet noch auf seinen ersten Scorerpunkt.

Allzu viele Alternativen für ihn hat Terzic nicht auf der Bank. Jamie Bynoe-Gittens kommt nach langer Verletzungspause erst wieder in Schwung, ähnlich sieht es bei Giovanni Reyna und beim erst 17 Jahre alten Julien Duranville aus. Der BVB-Coach könnte Brandt allerdings wieder auf den linken Flügel beordern und zentral auf Nmecha oder Reus setzen, der mit seinem Tor zum 4:2 aufhorchen ließ.

Für Adeyemi bliebe dann nur noch die Joker-Rolle. Aber auch die könnte er dank der mit den Hufen scharrenden Rückkehrer schneller verlieren, als ihm lieb ist.

BVB: Die kommenden Gegner von Borussia Dortmund

DatumWettbewerbGegnerHeim/Auswärts
19.9., 21 UhrChampions LeagueParis Saint-GermainA
23.9., 15.30 UhrBundesligaVfL WolfsburgH
29.9., 20.30 UhrBundesligaTSG HoffenheimA
4.10., 21 UhrChampions LeagueAC MailandH
7.10., 15.30 UhrBundesligaUnion BerlinH
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