Erkenntnisse zur BVB-Niederlage bei Union Berlin: Edin Terzics Dreierkette wird zum Rohrkrepierer

Von Stefan Petri
adeyemi
© imago images
Cookie-Einstellungen

BVB: Karim Adeyemi als Sinnbild der Krise

Allerdings wird er in selbiger weiter graben müssen. Denn spätestens nach der klaren Niederlage am Sonntag muss man beim BVB in der Liga von einer ausgewachsenen Krise sprechen: Vier Punkte holten die Schwarz-Gelben in den letzten fünf Spielen - und den gegen die Bayern ergatterte man erst in der 95. Minute. Ansonsten bleibt nur das knappe 1:0 gegen Abstiegskandidat Schalke 04.

Zwar sind bis auf Union immer noch alle vorderen Teams in Reichweite, selbst die Bayern sind nur drei Punkte weg. 16 Punkte nach zehn Spielen und eine negative Tordifferenz von 13:14 sollten aber zu denken geben. Das sind so viele Saisontore wie beim VfB Stuttgart, genau eines mehr als Hertha BSC und eines weniger als Bayer Leverkusen - also den Tabellenplätzen 14 bis 16. Es hakt im Dortmunder Offensivspiel an allen Ecken und Enden.

Verkörpert wird dieser Fakt nicht von einem einzelnen Spieler - siehe: Malen, Donyell. An diesem Abend war es vor allem Adeyemi, der das Dilemma im Sturm verdeutlichte. Dass man in Dortmund immer noch nach einer optimalen Rolle für den pfeilschnellen 20-Jährigen sucht, ist kein Geheimnis. Am besten aufgehoben wäre er womöglich als flexibler zweiter Stürmer neben einem klassischen Neuner wie Sébastien Haller, im 4-2-3-1 dagegen wird es für ihn schwer.

Gegen den FCU bot ihn Terzic erstmals als zentralen Stürmer neben Youssoufa Moukoko auf. Es blieb aber bei wenigen Kombinationen zwischen den beiden Jungstars, und angesichts der stotternden Offensive driftete Adeyemi auf der Suche nach dem Ball immer wieder auf den linken Flügel. Dort leistete er sich dann den fatalen Fehlpass, der zum 0:2 führte, war danach sichtlich verunsichert und blieb zur Pause in der Kabine.

Besonders bitter für Adeyemi: Per Hacke hatte er das Gegentor eingeleitet - nur wenige Tage, nachdem Mats Hummels den "sexy" Fußball seiner Teamkollegen öffentlich abgewatscht hatte. Vergleichsweise kurzangebunden reagierte er nach der Partie auf die obligatorische Nachfrage zur "Hacke-Spitze-Thematik": Nachvollziehen könne er die Kritik nicht - und schob den Schwarzen Peter weiter: "Wir haben eine andere Formation gespielt. Vielleicht lag es daran."

Als aufstrebender Nationalspieler hatte sich Adeyemi im Sommer für den BVB entschieden, dafür angeblich Hochkarätern wie dem FC Bayern und PSG abgesagt. Dass seine ersten Monate in Dortmund noch keine Erfolgsgeschichte darstellen, ist angesichts der nahenden WM gleich doppelt bitter: Im Juni und September hatte Hansi Flick auf ihn verzichtet. Sonderlich gut dürften seine Chancen auf eine WM-Teilnahme nicht mehr stehen.

Union Berlin: Auf dem Weg zum deutschen Leicester City?

So gedrückt die Stimmung beim BVB nach Spielende war, so euphorisch ging es bei Union Berlin zu. Siebter Sieg im zehnten Saisonspiel, mit nur sechs Gegentoren die beste Abwehr der Liga. Vier Punkte Vorsprung auf Platz zwei, sechs auf die Europa-League-Plätze. "Wahnsinn. Wahnsinn. Was soll ich sonst sagen", jubelte Trainer Urs Fischer. Die Fans feierten schon, da war noch gar nicht abgepfiffen: "Deutscher Meister wird nur der FCU", schallte es in der 87. Minute über die Tribünen.

Locken lassen wollten sich die Protagonisten von derartigen "Träumereien" (Zitat Haberer) selbstverständlich nicht. Aber beim Anhang muss Träumen natürlich erlaubt sein: Wenn nicht jetzt, wann dann? Könnte Union Berlin tatsächlich zum "deutschen Leicester City" werden und wie die Foxes 2016 in England sensationell den Titel holen?

Angesichts dessen, was die Bayern in Normalform auf den Rasen bringen können, erscheint das natürlich utopisch. Aber in der aktuellen Form sollten die Eisernen bis zur vorgezogenen Winterpause mit dem Rekordmeister tabellarisch mit-, ja, ihn vielleicht sogar auf Distanz halten können. Selbst wenn das Restprogramm mit acht Spielen in vier Wochen knüppelhart daherkommt.

Aber danach ...? Wo andere Teams fast ihren kompletten Kader in die Wüste schicken, wird der FCU nur eine Handvoll Nationalspieler abstellen müssen. Auf die anderen warten über zwei Monate Pause - ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil.

Das allein macht Union natürlich nicht zum Meister, und selbst die Champions League wäre eine echte Sensation. Nur: Wenn man das Szenario für einen Sensationsmeister entwerfen müsste, dann würde es wohl so ähnlich aussehen. Die Bayern schauen nach zehn Titeln in Serie auf die Königsklasse, die restlichen Topklubs schwächeln. Und dann kommt auch noch eine WM mitten in der Saison daher und wirbelt alles durcheinander ...

Union Berlin: Das Restprogramm bis zur Winterpause

DatumGegnerWettbewerb
19. Oktober1. FC Heidenheim (H)DFB-Pokal
23. OktoberVfL Bochum (A)Bundesliga
27. OktoberSporting Braga (H)Europa League
30. OktoberBor. Mönchengladbach (H)Bundesliga
3. NovemberUnion Saint-Gilloise (A)Europa League
6. NovemberBayer Leverkusen (A)Bundesliga
9. NovemberFC Augsburg (H)Bundesliga
13. NovemberSC Freiburg (A)Bundesliga
Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema