Weinzierl und Gisdol: Die Zwei von der Bank

Von SPOX
Markus Weinzierl (M.) schaffte mit dem FC Augsburg den direkten Klassenerhalt
© imago

Der FC Augsburg hat sich gerettet, 1899 Hoffenheim immerhin noch die Relegation geschafft. Beide Klubs schienen zeitweise schon verloren. Dank ihrer Trainer Markus Weinzierl und Markus Gisdol hat sich das Blatt in den letzten Spielen aber entscheidend gewendet.

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Oder dass Koen Casteels überhaupt im Tor stand. Der hielt gegen den BVB fast alles, wäre aber wohl gar nicht erst dabei gewesen, hätte sich Heurelho Gomes vor ein paar Wochen nicht verletzt.

Im Signal Iduna Park fand Hoffenheim bis auf eine Szene in der ersten Halbzeit 76 Minuten überhaupt nicht statt. Die Gäste hatten zwar eine klare Idee, brachten diese gegen einen starken BVB aber zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise durch. Gemeinhin trifft dann die Formulierung zu, die Mannschaft habe bis dahin wie ein Absteiger gespielt. Dann änderte sich aber einiges...

Das alte Konzept hervorgekramt

Die Hoffenheimer Verantwortlichen hatte sich Dreiviertel der Saison alle Mühe gegeben, das wirklich Schlechteste aus einem einst hoffnungsvollen Projekt zutage zu fördern. Katastrophale Personalentscheidungen auf allen Positionen und Ebenen verwiesen den Klub vor wenigen Wochen auf die Intensivstation, Rettung nahezu unmöglich.

Dann hatte jemand im Klub die erste vernünftige Idee seit langem. Dann bekam Markus Gisdol das Amt des Cheftrainers der Profimannschaft übertragen. Und seitdem erlebt der ursprüngliche Leitgedanke von einst seine Wiederauferstehung.

Markus Gisdol bereitet das Nachwuchskonzept neu auf. 38 Spieler setzten drei Cheftrainer zuvor in dieser Saison ein. Gisdol ist immer noch dabei, dieses Kuddelmuddel zu entwirren. Erste Schritte hat er längst eingeleitet. Zum Beispiel Spieler aussortiert, die für teuer Geld eingekauft wurden, der Mannschaft aber nie helfen konnten.

Oder der Mannschaft in einer sachlich-nüchternen Art zu verstehen gegeben, welche Ideen und Ziele er mit ihr verfolgt. "Er spricht viel, erklärt uns, was für einen Fußball wir spielen sollen", sagt Mannschaftskapitän Andreas Beck. Das funktioniert nicht immer, wie das Spiel der letzten Woche und das in Dortmund zeigen. Aber Gisdol hat es geschafft, den Spielern und seinem Klub wieder eine lohnenswerte Perspektive aufzuzeigen. Selbst wenn Hoffenheim doch noch absteigen sollte. Es fühlt sich einfach richtig an, was da in letzter Zeit passiert.

Hoffenheim: Zu spät reagiert

Nimmt man nur seinen Vorgänger Markus Kurz und dessen Kompagnon Andreas Müller zum Vergleich, könnte die Diskrepanz zwischen Schein und Sein kaum größer sein. "Es geht nicht ums Überleben, sondern nur um den sportlichen Erfolg - das muss man immer relativieren. Und diese Ruhe muss man auch ausstrahlen." Das sagte Gisdol Minuten nach dem nervenaufreibenden Finale von Dortmund.

Wer sich an die Pathos getränkten Reden von Müller oder Kurz zurückerinnert und wie diese dann in den 90 Minuten in sich zusammenfielen, fragt sich unweigerlich, warum nicht schon viel früher reagiert wurde.

"Es gibt gar nichts zu feiern"

In den Hoffenheimer Gesichtern war am Samstag immer auch ungläubiges Staunen zu erkennen. Aus dem Nichts ist ihnen der mögliche Klassenerhalt wieder vor die Füße gefallen. Es scheint fast so, als war die Chance der Relegation gar nicht mehr ernsthaft eingeplant gewesen. Zu sehr richtete sich der Fokus inhaltlich und personaltechnisch schon auf die kommende (Zweitliga-)Saison.

Jetzt aber ist die Gelegenheit da. Am kommenden Donnerstag geht es gegen den "Nachbarn" 1. FC Kaiserslautern, der sich wohl grämen wird, dass er es mit einem aufstrebenden Hoffenheim zu tun bekommen wird - und doch nicht mit der Fortuna aus Düsseldorf, die seit zehn Spielen nicht mehr gewonnen hat.

Markus Gisdol wollte sich in Dortmund gar nicht mehr groß mit dem Erlebten aufhalten. Sein Blick richtete sich sofort nach vorne, auf die erste Partie gegen den FCK, in angenehm puristischer Form. "Es gibt gar nichts zu feiern. Jetzt gilt es für uns, die Mannschaft ganz sachlich vorzubereiten. Wir müssen in der Gestaltung der nächsten Tage klug sein, besonders im Sinne einer ausgewogenen Regeneration."

Volles Vertrauen in Weinzierl

Die benötigt der FC Augsburg nicht mehr. Eine Woche lang wolle er durchtrinken, wenn der FCA den Klassenerhalt schafft. Das hatte Sascha Mölders vor ein paar Wochen angekündigt. Vor ein paar Monaten hatte sich der Abstieg der Fuggerstädter angekündigt.

Das war in der Winterpause, als die Mannschaft mit neun Punkten und nur einem Sieg aus 17 Spielen Vorletzter war. Klub-Präsident Walther Seinsch neigt ab und an zu emotionalen Übersprunghandlungen. In einer Sache war er sich aber vom ersten Spieltag an absolut sicher: Markus Weinzierl ist ein großartiger Trainer. Auch für die Bundesliga.

Seinsch wurde auch belächelt, als er Weinzierl noch vor dem ersten Spieltag eine Garantie auf seinen Job aussprach, selbst für den Fall des Abstiegs in die 2. Liga. Der Trainer kam aus der 3. Liga und hatte Anpassungsprobleme im Oberhaus. Das ist kaum zu leugnen.

Aus dem Vorhandenen das Beste gemacht

Also reagierte der Klub - und entfernte den unerfahrenen und wenig kompatiblen Manager Jürgen Rollmann und stellte Weinzierl dafür in Stefan Reuter einen besonnenen Mann an die Seite, der ab sofort für die Entscheidungen des Trainers die nötige Rückendeckung lieferte.

Augsburg hatte abgesehen von den neun Zählern auch kaum spielerische Anhaltspunkte geboten, die auf einen möglichen Klassenerhalt hätten hindeuten können. Die Mannschaft spielte in der Defensive anfällig und im Spiel nach vorne ohne jegliche Durchschlagskraft.