Bloß kein Hütchenaufsteller

Von Thomas Gaber
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© Imago

München - Wenn große Unternehmen mit geballter Kraft vor die Presse treten, um elementare Dinge zu verkünden, gebührt dem Boss in aller Regel das erste Wort. Das war bei Jürgen Klinsmanns Vorstellung als neuem Bayern-Trainer am Freitag nicht anders.

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So durfte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge als erster ran, Klinsmann, Uli Hoeneß und gar der Kaiser himself waren zunächst nur schmückendes Beiwerk im Blitzlicht-Hagel.

Rummenigge kam schnell auf den Punkt. Bereits am 17. Dezember 2007 habe ihn Ottmar Hitzfeld informiert, dass er seinen am Saisonende auslaufenden Vertrag nicht verlängern möchte.

"Wir haben fortan ein Anspruchsprofil erarbeitet, uns über die in Frage kommenden Kandidaten informiert, intern diskutiert und uns dann einstimmig für Klinsmann entschieden", verkündete Rummenigge.

Klinsmann sucht seinen Hiwi 

Gleiches wird der Auserwählte bis zu seinem Amtsantritt am 1. Juli auch tun, wenn er es nicht ohnehin schon erledigt hat: ein Anforderungsprofil erstellen. Für seinen wichtigsten Hiwi. Seinen Co-Trainer.

"Ich habe bereits einige Namen im Kopf", sagte Klinsmann am Freitag.

Doch wie sieht dieses Anforderungsprofil aus und welche Kandidaten kommen in Frage? SPOX.com begibt sich auf Spurensuche.

Als Klinsmann Ende Juli 2004 Joachim Löw als Co-Trainer der DFB-Elf präsentierte, verwendete er die üblichen Floskeln. Löw sei sein "kompetenter Wunschkandidat, der alle meine Anforderungen erfüllt."

Löw habe "eine positive Ausstrahlung und ein optimistisches Auftreten" und sei für ihn "alles andere als ein Hütchenaufsteller". "Ich werde ihm viel Verantwortung geben und bin mir absolut sicher, dass sie bei ihm in richtigen Händen ist", so Klinsmann damals.

Uneingeschränkte Loyalität als Voraussetzung 

Löw hat sich der Verantwortung nie entzogen und der DFB-Elf seine Vorstellungen vom Fußball näher gebracht - immer in Absprache mit Klinsmann. Doch Löw war der heimliche Chef. Klinsmann war von seinen fachmännischen Kenntnissen absolut überzeugt.

Klinsmann fordert uneingeschränkte Loyalität, der Teamgedanke steht bei ihm an oberster Stelle. Unruhestifter wie der ehemalige Torwarttrainer Sepp Maier werden einen Kopf kürzer gemacht.

Querdenker haben bei ihm indes gute Karten, denn "Reibungspunkte erzeugen neue Energiefelder" (Klinsmann). Bayerns neuer Co-Trainer muss aber devot sein, das eigene Ego hinten anstellen und Klinsmann viel von der täglichen Arbeit auf dem Platz abnehmen. Die Psychologie übernimmt Klinsmann.

Gute Bekannte bevorzugt

Klinsmann bevorzugt Partner, die seinen Weg schon einmal gekreuzt haben und ihm dabei positiv in Erinnerung geblieben sind. Nur so kann er das zwingend erwünschte blinde Vertrauensverhältnis aufbauen.

Neben Löw holte Klinsmann mit Andreas Köpke als Torwarttrainer den zweiten Mann ins DFB-Boot, der ihn 2000 bei seinem DFB-Trainerlehrgang begleitete. Dieter Eilts, den Klinsmann als U-21-Nationalcoach inthronisierte, war damals ebenfalls dabei. Womit ein erster Kandidat feststeht.

Dieter Eilts (43 Jahre/U-21-Nationaltrainer)
Eilts stand mit Klinsmann 1996 im erfolgreichen deutschen EM-Team. Den ehemaligen Bremer vom DFB loszueisen dürfte Klinsmann als geringstes Problem ansehen. Schließlich hat der dem mächtigen Dachverband die WM 2006 gerettet und daher noch einen gut, Rücktritt nach dem Spektakel hin oder her.

Eilts gilt als loyal und ist ein anerkannter Fachmann. Klinsmann liebt seine akribische Arbeit.

Guido Buchwald (46/ohne Verein)
"Wenn ich nachts auf der Autobahn eine Panne hätte, würde ich den Guido anrufen. Er käme sofort", sagte Klinsmann einst über "Diego" Buchwald.

Der gebürtige Schwabe feierte wie Löw Erfolge als Vereinstrainer. In Japan gewann Buchwald mit den Urawa Red Diamonds 2006 das Double. Auch Buchwald nahm 2000 am DFB-Lehrgang teil. Seit den gemeinsamen Tagen beim VfB Stuttgart verbindet beide ein freundschaftliches Verhältnis. 1990 wurden Klinsmann und Buchwald Weltmeister.

Und Buchwald ist durchaus interessiert. "Ich bin mit Jürgen in Kontakt. Wir haben telefoniert, aber nur rein freundschaftlich wie immer. Er hat mich nicht gefragt, ob ich Co-Trainer bei den Bayern werden will. Grundsätzlich wäre diese Aufgabe aber interessant für mich", sagte er am Samstag.

Bei Alemannia Aachen scheiterte Buchwald allerdings kläglich.

Jürgen Klopp (40/FSV Mainz 05)
Im Gästebuch seiner Homepage wird Klopp seit Freitag von verzweifelten Mainzer Fans angefleht, doch bitte nicht nach München zu wechseln. Andere wünschen ihm schon mal alles Gute an der Säbener Straße.

Seine messerscharfen Analysen als Fernseh-Bundestrainer begeistern die Massen und überzeugen die Experten. Auch Klinsmann fand während der WM nur lobende Worte für Klopp.

Der gemeinsame Stallgeruch fehlt, doch Klopps Philosophie, seine positiv verrückte Art, der gewiefte Umgang mit den Medien und sein auslaufender Vertrag in Mainz machen ihn zu einem aussichtsreichen Kandidaten.

Robin Dutt (42/SC Freiburg)
Als erfolgreicher Trainer der Stuttgarter Kickers machte sich der Schwabe einen Namen. Dutt wird enormer Sachverstand nachgesagt. Wie Klinsmann steht er für offensiven Fußball und verabscheut Niederlagen.

Der Perfektionist überlässt nichts dem Zufall. Nach 4:2-Siegen beklagt Dutt schwaches Defensivverhalten statt die Offensive zu loben. Wer keine Teamfähigkeit besitzt, hat bei ihm keine Chance.

Stefan Kuntz (45/Sportdirektor VfL Bochum)
Kuntz kennt Klinsmann aus gemeinsamen Nationalmannschaftszeiten und war ebenfalls 2000 beim Trainerlehrgang dabei. Ausbilder Gero Bisanz bezeichente die Gruppe um Klinsmann als "verschworene Gemeinschaft".

Seine Trainerlaufbahn erklärte er nach eher weniger erfolgreichen Engagements in Neunkirchen, Karlsruhe, Mannheim und Ahlen für beendet.

Doch Kuntz gilt als integer, sehr ambitioniert und arbeitet seit 2006 sehr erfolgreich als Sportdirektor beim VfL Bochum. Sein positives öffentliches Auftreten wird geschätzt. 

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